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Freihand Fotografieren - Makrofotografie

Verfasst: 11. Jul 2010, 13:16
von nurWolfgang
Hallo,


da ich ein eingefleischter Freihand- Fotograf bin und angeregt
durch den Beitrag von Goldauge im Thema Neueinsteiger,
dachte ich mir, ich berichte mal über meine Erfahrungen.
Schön wäre es, wenn andere Freihänder mitmachen würden,
auf diese Weise können wir dann unsere Fähigkeiten verbessern.
Dies sind meine Erfahrungen kein Problem wenn irgendjemand das anders sieht
Ich bitte darum dies nicht zu einem Glaubenskriegs Thema verkommen zu lassen

Mit Stativ oder Freihand vieles ist gleich aber vieles ist anders.
Man braucht z.B in der Regel mehr Licht,
weil man nicht ewig lang belichten kann ohne zu verwackeln.


0 Verwacklungsschutz:
Egal ob am Sensor oder im Objektiv bringt nur was bei längeren Brennweiten
und eher wenn man nicht auf den vollen Abbildungsmaßstab geht,
ansonsten meine Empfehlung eher meiden.
Nachtrag 1017
Die neueren Kameras wie meine ASony A7 M2 machen eine sehr gute Stabilisierung die richtig was bringt ich verwende sie fast immer ohne Stativ

1 Belichtungszeit
a. Die Belichtungszeit sollte 1/Brennweite*Crop betragen, dann ist man auf der sicheren Seite.
b. bei kurzen Brennweiten min 1/60

2 ISO
a Ich habe eine Sony Alpha 550, da kann man ohne Weiteres bis ISO 800 ohne zu viel rauschen,
standardmäßig steht die Kamera eher auf ISO 400, das gibt Spiel bei der Belichtungszeit oder Blende.
b https://www.dxomark.com
bei dieser Seite solltet Ihr eure Kamera finden,
Model eingeben und unter Sports steht eine Zahl, das ist ungefähr die ISO,
die man bei der Kamera ohne große Verluste verwenden kann.

3 Blende oder Zeit Automatik
meist arbeite ich mit Blenden Priorität um die TS zu bestimmen
bei wenig Licht gehe ich auf Zeitautomatik um verwackeln zu vermeiden,
was nützt die beste TS, wenn es doch nicht scharf ist.
Bei Wind stelle ich nur noch auf S und gebe 1/300 oder kürzer vor.


4 Körperhaltung: Der Körper ist nie ganz ruhig, daher versuche ich die Kamera,
den Arm, das Knie wie auch immer abzustützen. z.B
a Hinlegen und Ellenbogen aufstützen
b Knien und den Ellenbogen auf das Knie
c Stehen, ein Bein ein wenig vor den Arm der das Objektiv abstützt an den Körper

5 Trick
Ist das Motiv zahm, heißt, dass es nicht gleich abhaut,
kann man das Objektiv auf den Arm oder die Hand auflegen und gleichzeitig den Ast auf dem das Objekt sitzt,
festhalten, wenn dann etwas wackelt, passiert das Synchron und die Entfernung bleibt gleich.

6 Objektiv
a für größere Objekte, so ab ca. 20-30 mm, nehme ich gern eine lange Brennweite z.B. 100-300 mm,
Auch bei größerem Abstand zum Objekt habe ich dann noch eine recht ansehnliche TS
die Blende wähle ich so ab 5 aufwärts. Der HG ist dann meistens sehr homogen.

b je kleiner die Dinge, desto kleiner wähle ich die Brennweite,
damit der TS größer erscheint weil die Schärfe nicht so schnell abnimmt wie bei einer großen Brennweite
Ich habe ein 30 mm Makro, damit muss ich an die Objekte sehr nahe heran für einen großen Abbildungsmaßstab.
Dadurch wird auch trotz der geringen Brennweite der HG gut ausgelöst. Hier funktioniert Punkt 6 sehr gut.


7 Serienbilder
a ich verwende oft den Serien Modus mit Zeitpriorität, das heißt,
die Kamera macht ohne vor jedem Foto neu scharf zu stellen mehrere Bilder.
Meine Kamera schafft 7 Bilder pro Sekunde,
selbst wenn ich ein wenig vor und zurück schwanke, liegt meist ein Bild in der Schärfenebene.
kommt auch gut für Flugaufnahmen anvisieren und durchdrücken
Mittlerweile verwende ich die Sony A 55 die macht auch 7 Bilder mit AF


8 Motiv Pirsch
a wenn es lebt eher langsam Bewegen
b auf den eigenen Schatten achten, viele Tiere flüchten auch vor Schatten
c Libellen und Schmetterlinge kehren oft zum selben Ansitz zurück, also hilft dann und wann abwarten.
d oft sitzen Insekten bodennah, langsam hin knien auch wenn es schwer fällt
e Hund mitnehmen Insekten aufscheuchen lassen und schauen wo sie sich hinsetzen


9 Licht
a sehr gut ist Hochnebel oder leichte Bewölkung, das wirkt wie ein natürlicher Diffuser
Wie auch sonst, das schönste Licht hat man am Morgen oder Abend.
Kurz vor Sonnenuntergang werden viele Insekten ruhiger, weil sie schon nach einem Schlafplatz suchen.

b Normalerweise- nicht bei Gegenlicht -habe ich die Kamera bei -0,7ev eingestellt.
Die meisten Kamerahersteller neigen eher zur Überbelichtung.
Mit EBV kann man auch besser dunkle Stellen anheben als überstrahlte abdunkeln.
Man kann so auch die Blende weiter schließen gibt mehr TS
c bei viel Sonne verwende ich Polfilter
d ich habe auch noch einen weißen Regenschirm als Diffuser , gegen Sonnenstich und gegen Regen
e wenn möglich versuche ich das der HG heller ist als das Motiv
f Sonne im Rücken ist besser als von vor, von der Seite geht auch



10 Fokus
a Wenn man manuell einstellt, muss man dann und wann prüfen,
ob die Einstellung für die Dioptrien stimmt-(das kleine Rädchen am Sucher).
Der einfache Weg dazu ist, das Objekt abnehmen und solange an dem Rädchen drehen,
bis die Mattscheibe oder Markierungen darauf scharf sind. Sicherstellen,
dass man immer entweder mit oder ohne Brille arbeitet und das gleiche Auge verwendet.

b Ich stelle oft eine Entfernung ein und bewege die Kamera vorsichtig vorwärts und rückwärts
zum Schafstellen das geht besonders gut bei Liveview und Lupenfunktion
und oft auch schneller als herkömmlich scharf stellen.

c gerade stehen, mit Autofokus bei großem Abbildungsmaßstab,
das ist ein Glücksspiel, weil durch die geringen Körperschwankungen permanent nachgestellt wird,
und man schwankt meist schneller als der AF nachführen kann

d im AF Modus habe ich bei meiner Kamera festgestellt, dass der zentrale AF genauer und schneller -besser ist,
als die anderen und auch schneller einstellt.
Daher bei schnellen Tieren mittig drauf halten und besser hinterher mit EBV zurecht schneiden.
Ich empfehle selber mal zu testen welches der schnellste AF Punkt der Kammera ist, bei meiner
A55 ist der AF Punkt in der Mitte immer noch der schnellste, aber die beiden anderen Kreuzsensoren sind auch nicht
schlecht.

e Kurze Brennweiten und AF sind in Kombination schneller als lange Brennweiten.
Befindet man sich nahe am Objekt, ist MF oft besser.
Viele Tiere scheuen die vor und zurückweichenden Linsen wenn der AF den Fokus sucht

f bei starkem Wind nehme ich nur den AF in Verbindung mit der Serienfunktion.
Hier bestimmt dann oft der Zufall einen Teil vom Bild, aber es macht Spass sich Zuhause die
Ergebnisse anzusehen.


11 Ausrüstung
das ist Geschmacksache, ich würde empfehlen:
a Kameras mit Klappmonitor, das gibt viel Spielraum bei der Gestaltung z.B
einige Olympus Modelle E620 E30...
einige Panasonic wie die G1 -G1H -G2..
Nikon d 5000, 7000
Panasonic Lumix DMC-FZ50
Sony A 55, A65, A77...

b die Kameras sollten Liveview haben und nach Möglichkeit eine Lupenfunktion
c schnelle Bildfolgen sind von Vorteil aber nicht zwingend
c ich würde drei Objektive wählen, eins mit möglichst kurzer Brennweite 30-50mm,
eins mit mittlerer (100 mm) Festbrennweite, wie das Sigma 105 /2,8 Macro oder das Tamron 90 mm 2,8 Macro
und dann noch ein Zoom im Bereich von 70-300 mm. Das Tamron 70-300mm ..USD ist brauchbar, auch das Sigma 70-300 Makro
kostet nicht die Welt und kommt auf 1:2 Abbildungsmaßstab.

d ein paar Nahlinsen sind auch zu empfehlen, ich habe Raynox DCR 150 und 250 und verwende die vorrangig an meinem 30 mm Makro.
e Polfilter
e ich habe einen Lowpro 100 Rucksack den kann ich empfehlen, schneller eingriff geht auch auf dem Rad

12 Sonstiges
Ausrichten mache ich wie folgt:
Bodennah da nehme ich den Liveview,
orientiere mich am Objektiv und der Kamera,
meist richte ich mich nach der Kante des aufgeklappten Bildschirms.
Wenn das passt das Auge mit dem AF anpeilen,
dann mache ich mit der Serienfunktion mehrere Bilder.
Bei langsamen Objekten wie Schnecken lege ich auch schon mal
die Kamera auf den Boden auf und fokussiere manuell
am besten über die Lupen Funktion.

Sitzt das Objekt etwas höher verwende ich den Sucher
und fokussiere manuell wenn es nicht zu windig ist, aber auch da
richte ich vorher grob aus bevor ich die Kamera ans Auge halte,
längsseite des Motivs parallel zur Kante des Bildschirms.
am besten gleich den ganzen Körper ausrichten
den Rest mache ich im Sucher und Serienfunktion wie gehabt.

Ist es windig nehme ich nur den AF
weil man manuell nicht schnell genug scharf stellen kann
bei dem sich schnell bewegenden Motiv.
Natürlich mache ich die Aufnahmen wieder mit der Serienfunktion,
das funktioniert aber eher bei frontalen Aufnahme,
bei Seitenansichten langer Tiere wie Heuschrecken
oder Libellen ist die Ausbeute eher schlecht.
Dann gibt es noch Fälle bei denen man nur eine Hand frei hat
weil an sich mit der anderen abstützt oder festhält,
bzw. das Motiv so hoch sitzt z.B Baum sitzt das man nur
mit ausgestrecktem Arm nahe genug ran kommt,
auch da peile ich grob über den Liveview an und
mit AF und Serienfunktion versuche ich es.
Je öfter man das macht und je besser man
die Kamera kennt je öfter wird es was.



Gruß

Wolfgang

Verfasst: 11. Jul 2010, 13:46
von SunTravel
Danke für die Mühe Wolfgang!

Vielleicht pinnt ein Mod den Beitrag oben an damit er nicht verschwindet...


Gruß

Uwe

Verfasst: 11. Jul 2010, 14:21
von Goldauge
Prima :!: und Danke :)
Werde dann nächstens auch mal kramen.....(heute ist eigentlich Foto-Ruhetag :lol: )

aber wie schon im anderen Thread gesagt: ich fände das Thema wirklich wichtig genug, um es an exponierterer Stelle zu platzieren... sehmerma... :lol:
übrigens zeigen Deine Beispiele schon: an viel Erfahrung und Übung kommt man da erst recht nicht vorbei...... schöne Beispiele!!

Verfasst: 11. Jul 2010, 14:54
von nurWolfgang
Hallo

ja ich vergaß ohne Kung Fu = "Etwas durch harte/geduldige Arbeit Erreichtes" geht es nicht ich habe auch schon die Übersetzung "Immer Üben" gefunden :D

ich hänge noch ein Bild zum Punkt 5 an die Kamera liegt auf meinem Arm auf
und mit der Hand des selben halte ich den Grashüpfer so bleibt der Abstand Objektiv, Objekt gleich und Wind ist kein Problem mehr
Man sollte natürlich versuchen die Hand nicht mit auf das Bild zu bekommen.
So nun gehe ich wieder in den Garten.

Gruß

Wolfgang

Verfasst: 11. Jul 2010, 14:59
von joerg,w
Hi Wolfgang
Das ist ein super Beitrag den ich als Freihäder unterschreiben kann. Viel ist aber aber auch persöhnliche Übung und spezielle Atemtechnik. Nach längeren Serien bin ich durch das Luftanhalten ganz schön platt.
Danke für den Beitrag.
Gruß Jörg

Verfasst: 11. Jul 2010, 16:05
von Goldauge
nurWolfgang hat geschrieben:Hallo

ja ich vergaß ohne Kung Fu = "Etwas durch harte/geduldige Arbeit Erreichtes" geht es nicht ich habe auch schon die Übersetzung "Immer Üben" gefunden :D


So nun gehe ich wieder in den Garten.

Gruß

Wolfgang


:lol:

ich gehe auch wieder in den Garten...... wollte nur noch rasch sagen, daß es mich freut, daß der Thread nun angepinnt ist.... :)

Verfasst: 18. Jul 2010, 20:45
von Zombie
Hallo Wolfgang,

ein klasse Artikel!!
Vielen Dank für Deine Mühen, es steht wirklich alles drin :P.

Verfasst: 18. Jul 2010, 22:11
von Helmchen
EIn interessantes Thema, meine Anregung wäre vielleicht das man hier klassische Makroaufnahmen einstellt /
anhängt. Quasi Bilder mit hohem Abbildungsmaßstab wo man die Schärfe gut erkennt und mit den vielen
Stativaufnahmen vergleichen kann.

Verfasst: 19. Jul 2010, 20:17
von campingbaer66
O.K. ,

dann greif ich mal Thomas Vorschlag auf und stell mal ein vollkommen unbearbeitetes Freihandfoto einer Kleinlibelle ein.
Erstes Foto wie es aus der Kamera kam , zweites Bild auf 100% Ansicht.


Gruß ,

Peter

Verfasst: 19. Jul 2010, 22:06
von Helmchen
Das doch schon mal ein Argument das es auch Freihand geht :-)