Warum ? ... Daaarum !

Die Faszination der Natur in der Makrofotografie präsentieren, kommentieren und gemeinsam erleben. Der Zugang in die Makro-Galerie erfolgt durch Freischaltung.
ji-em
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Warum ? ... Daaarum !

Beitragvon ji-em » 4. Jul 2017, 20:47

Hallo zusammen,

Seit einige Wochen, besuche ich fast jeden Tag die gleiche Stelle am Fluss.
Gehe jeweils sehr früh am Morgen, wenn alle noch schlafen ...
nur die Tierwelt nicht. Das hat mir viele sehr schöne Begegnungen
erbracht ...

Oft frage ich mich: Warum gehe ich noch immer am gleichen Ort ?
Hab doch schon soo vieles dort erlebt ... Gibt es dort noch etwas
das ich nicht erlebt hätte ?

Die Antwort habe ich heute Morgen erhalten ...
Anfänglich war nicht viel los. Habe nach neue Exuvien gesucht
und ca. 9 Stück gefunden. Noch einige Bilder davon gemacht ...
das Licht war schön heute Morgen !

Danach kam ein leeres Loch ... Ich ging hin und her in der Hoffnung
eine Larve zu sehen bevor sie aus dem Wasser steigt ... Nix.

Plötzlich sah ich an eine der vertikale Wände einen dunkler Fleck !
Ja ... dort ... eine nasse Larve die gerade aus dem Wasser ausgestiegen ist.
Sie war schon ca. 30 über das Niveau vom Wasser ... Jetzt bitte schnell machen,
Monsieur Jean !

Eins zwei drei war ich am Ort mit der Kamera und dem Stativ ... Das Licht war
sehr schwach ... also erst einige kurze Videoszene aufgenommen ... wobei ich
erhlich sagen muss, dass ich mich mit der Videofunktion von neuen Oly noch
nicht vertraut gemacht habe ... erst recht nicht auf ein Motiv, das sich bewegt
und mich entgegen kommt ... :roll:

Die Larve stieg recht schnell hinauf. In ca. 2 minuten hatte sie der ca. ein Meter
hohe Wand erklommen ! Jetzt kam sie an die Kante, dort wo viele Larven anhalten
und sich dann verwandeln. Ideal ! ... dachte ich. :D

Denkst du ! ... Sie hielt nicht an und fing recht schnell über die horizontale Fläche
zu marschieren. Dort konnte ich sie wieder filmen ... Ich war seh neugierig
wie schnell und wie weit sie gehen wurde.

Sie hat an die 4 Meter horizontal bewandert, am Schluss drehte sie ein bisschen
im Kreis herum ... bis sie sich an einen ganz dünnen Grashalm festhielt und
einigermassen ruhig stehen blieb.

Ruhig ist viel gesagt ... Sie war von heftige Zuckungen durchschüttelt ... es liess
mich an Wehen denken ... Nach einige Zeit war sie dann doch ruhiger und
ich fokussierte meine Aufmerksamkeit auf diese kleinen Fleck im Rücken ...
der irgendwann aufreisst und die fertige Libelle den Weg in die Luft-Welt
eröffnet.

Meine Speicherkarten liefen heiss ... Ich war hingerissen vom Spektakel, keine
20 cm unter das Objektiv. War voll konzentriert, die Kamera richtig zu bedienen,
ab zu wechseln zwischen Stacks und Einzelaufnahmen ... So'n Gelegenheit
bietet sich wahrhaft nicht jeden Tag ! Also, voll dran !

Nachdem ich der Anfang vom Schlupf von Oben fotografiert hatte, habe ich die
Kamera direkt am Boden gelegt um das weitere Vorgehen aus diesen Blickwinkel
zu fotografieren. Einfach umwerfend ... wie aus dies wüste Larve, ein so feingliedriges
und hübsche Libelle entsteht !

Aber eben ... es ist nicht immer alles so leicht ... und irgendwann musste ich
doch einsehen, dass der Schlupf nicht perfekt verlief. Eine Flügel hatte sich
nicht "normal" entfaltet ... und die Libelle hatte am Schlus nur drei fertige Flügel.
Es sah so aus, als ob sie es bemerkte ... Sie schüttelte sich, versuchte diesen
fehlerhafte Flügel doch in die richtige Position zu bringen ... nichts half, leider.

Und ich stand da ... ohnmächtig ... konnte und wollte nicht intervenieren ...
Es tut schon weh.

Am Schluss, als sie die drei Flügel schon eine Weile lang geöffnet hatte und
damit anfing zu zittern, habe ich sie sehr vorsichtig auf einen Finger aufgenommen und
auf einen Ast versetzt, wo ich schon früher, fertige Libellen angetroffen hatte.
Diese erhöhte Position schien ihr zu gefallen ...

Dort habe ich mich von sie verabschiedet ... im Bewusstsein, dass vermutlich
das Rotkehlchen nicht lange suchen wird ... So ist das in die Natur ...
Entweder man schafft es ... oder man hilft andere, es zu schaffen ...
Hart ... knallhart ...

Anbei ein Bild dass ich während diesen Schlupf am Boden machen konnte.
Das scheint öfters zu geschehen bei dieser Libellenart ...
HIer ist sie nicht mal vollständig aus die Exuvie herausgeschlupft.
Auf dem rechten Auge klebt ein kleines Stück verdorrtes Blatt ...

Hoffe, Ihr seit noch nicht alle in B ... Danke im Voraus für Eure Kommentare.
Wünsche alle eine gute Anreise ... und ein fröhliches Fest.

Gruss,
Jean
Dateianhänge
Kamera: E-M1MarkII
Objektiv: 60mm
Belichtungszeit: 1/30s, 1.0 LW, Einzelbild
Blende: f/4
ISO: 200
Beleuchtung:
Aufnahmedateiformat (RAW/JPG): RAW
Beschnittsbetrag in % (Breite u. Hoehe): 0 %
Stativ: Am Boden aufgelegt
---------
Aufnahmedatum: 04.07.2017: 10.01 Uhr
Region/Ort: Region Bern
vorgefundener Lebensraum: Am Fluss
Artenname: Flusslibelle
NB !
sonstiges: Leider musste ich später feststellen, dass es zu einen Fehlschlupf kam ...
20170704-100124-2738-corr-compr-1200-900-MFDE-JM.jpg (466.91 KiB) 773 mal betrachtet
20170704-100124-2738-corr-compr-1200-900-MFDE-JM.jpg
Zuletzt geändert von ji-em am 4. Jul 2017, 20:49, insgesamt 2-mal geändert.
Vergleichen macht vieles klar ... ! :-)
Mein Kommentar wiederspiegelt nur meine momentane, bescheidene, persönliche Meinung.
Bitte, auf kein Fall, persönlich auffassen auch wenn ich mich irreführend mitgeteilt habe.
Ich lese lieber 2-3 aufrichtige, negative Kommentare ... als gar keine ! :-)
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VP
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Warum ? ... Daaarum !

Beitragvon VP » 4. Jul 2017, 21:18

Hallo Monsieur Jean,

Deine Schilderungen sind immer lebhaft, gefühlvoll, spannend, aufregend,
interessant und mitfühlend. Wenn man so etwas beobachtet, mag einem
die Natur gnadenlos erscheinen, aber sie ist so viel weiser und gerechter
als der Mensch...

Die Libelle könnte es dennoch geschafft haben, zumindest habe ich schon
so manche gesehen, die trotz eines verformten Flügels unterwegs war.

Du machst es auf jeden Fall richtig, viel Zeit an einem Ort zu verbringen.
Früher bin ich auf meinen Reisen zu oft von Ort zu Ort gehetzt (bloß nichts
verpassen...), mittlerweile liebe ich es, an einem Ort zu verweilen und die
Szenerie kennenzulernen. Da ich zuhause nicht die Zeit dazu habe, nutze
ich den Urlaub oder manchen beruflichen Stop dafür. Ein Terrain zu entdecken
ist was Tolles.

Das Bild ist klasse und hat für mich was sehr intimes.

Danke für Deine BS-Wünsche, wäre schön, wenn Du das nächste Jahr kommen
könntest. Alles Gute für Deine körperlichen Motoren :) !

Lieben Gruß,

Pete
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Beitragvon schaubinio » 4. Jul 2017, 21:21

Hallo Jean, auch in Betzenstein kann man schreiben....

das tue ich gerade, und staune, leide und bedaure den wahrscheinlichen Ausgang dieses Dramas.

Diese Geschichte, ich habe sie komplett gelesen, berührt
mich.

So ist Natur, so ist das Leben.

Vielleicht soll man sich aber auch ein bisschen mit
dem Vögelein freuen, das zu dieser Zeit bestimmt einige
hungrige Schnäbel zu stopfen hat. :wink:

Auch das ist Natur :wink:
L.g Stefan, der mit dem -f-

Lebe deinen Traum und träume nicht dein Leben...



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Beitragvon TU » 5. Jul 2017, 06:39

Hallo Monsieur Jean,
also ich bin beeindruckt, nicht nur von deinem Bild,
welches tadellos ist, sondern von deiner lebhaften Schilderung dieser Situation.
Du bist heute schon der Zweite, dem ich anraten möchte,
es doch auch mal mit Schreiben zu versuchen.
Ich denke, dass deine Geschichten kurzweilig, interessant und spannend zu lesen sein würden.
Gerne mehr von deinen Geschichten und Bildern hier!
Schade, dass du heuer nicht ins Frankenland kommst.
LG Torsten.
Ich seh´ die Welt, wie ich sie seh´!
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Beitragvon AngelaSG » 5. Jul 2017, 08:06

Hallo Uli

Eine beinduckende Geschichte der Natur
Die sich wohl tagtäglich unbemerkt um uns herum abspielt.
Leider hat die Geschichte kein Happy End aber das ist nun mal Natur.
Trotzdem finde ich deinen Erfahrungsbericht sehr toll und spannend zugleich.
Auch das Bild finde ich sehr gelungen und sehenswert.
Es passt sehr gut zu deinen Worten.
:ok:

Viele Liebe Grüße
Angela
--------
Du musst die Dinge mit dem Auge in deinem Herzen ansehen,
nicht mit den Augen in deinem Kopf.
Indianer-Weisheit
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Beitragvon Nikonudo » 5. Jul 2017, 09:21

Hallo Jean,


eine feine, tolle Geschichte ( fast ja schon ein Kurzroman ) und eine Super Aufnahme.
Auf so was warte ich schon seit über 50 Jahren. Noch nie gesehen. Um so mehr freut es mich,
das du das Glück hattest.


LG Udo
Meine Fotos werden nie perfekt sein. Aber wenn ich ein Foto zeige, dann gefällt es MIR.
Internet: https://www.mikrofoto.org
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Beitragvon gelikrause » 5. Jul 2017, 10:26

Hall Jean, auch ich bin schon bei Betzenstein und natürlich trotzdem im Forum :)
Dein Einleitungstext ist wieder so gut geschrieben, das ich mich gleich in's Geschehen reinversetzen konnte, Du kannst immer so gut beschreiben, was Du erlebst und tust.
Deine Aufnahme ist toll, Schärfe und BG passen gut, und vor dem grauen Umfeld kommen die Farben der Libellen gut raus.
LG Angelika

LOKAH SAMASTAH SUKHINO BHAVANTU
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Beitragvon Werner Buschmann » 5. Jul 2017, 11:02

Hallo Jean,

Danke, dass Du uns auf Deine Fotoexkursion mitgenommen hast.

Da kommt man schon ins Nachdenken.

Die Aufnahme selbst finde ich phantastisch.
Die düstere Szene entspricht dem misslungenem Schlupf.

Transformationen wo und wie auch immer sind eine
eine große Herausforderung.
Wir Menschen glauben, wir können sie weitgehend vermeiden.

:roll:

Danke für die guten Wünsche.
Vielleicht klappt es im nächsten Jahr,
obwohl, die Strecke ist schon sehr lang für Dich.
________________
Liebe Grüße, passt auf Euch auf und vergesst das Lächeln nicht!
Werner
5 :Stern: ist mein Maximum bei einer Rückmeldung.
Meine Sternebewertung beziehen meine Bewertung immer auf die Gesamtheit der
im Forum gezeigten Bilder.
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Beitragvon Kleinseebacher » 5. Jul 2017, 12:24

Hallo Jean,
tolle Schilderung des gesamten Vorgangs - echt packend, auch wenn es in einem gewissen Sinne nicht geklappt hat. Deine Darstellung gefällt mir um so mehr, wie das Grün aus der Dunkelheit empor wächst - einfach fantastisch !
Schade, dass Du in BS nicht dabei sein kannst, aber man kann eben nicht alles haben !

Viele Grüße !
Jörn
Unser Wissen ist ein Tropfen. Was wir nicht wissen, ist ein Ozean. (Isaac Newton)
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Beitragvon jo_ru » 5. Jul 2017, 19:51

Hallo Jean,

eine spannende Geschichte erzählst Du.

Das Bild ist klasse, Kamera auf den Boden war genau richtig.
Die Lichtstimmung gefällt mir auch, hast Du einen Reflektor benutzt?

Der Schlupf ist ein komplexer Vorgang, und so ist es ganz normal, dass es nicht immer ganz klappt.
Gruß Joachim

Alle meine Bilder stehen grundsätzlich für das Artenportal zur Verfügung - ein kurzer Hinweis genügt.

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