Böse Nupsis

Interessante Beobachtungen aus dem Leben unserer Makromotive oder unserer Naturmotive mit dokumentarischem Charakter
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plantsman
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Böse Nupsis

Beitragvon plantsman » 13. Dez 2016, 19:04

Moin,

für alle, die ab Weserbergland südlich wohnen, sind Misteln in den Bäumen keine Seltenheit. Vor allem jetzt, in der laublosen Zeit, sieht man überall die gelblichgrünen Kugelbüsche von Viscum album, der Laubholz-Mistel. Noch weiter im Süden kommen noch zwei Arten dazu die nur auf Nadelbäumen zu finden sind: Viscum abietis, die Tannen-Mistel und Viscum laxum, die Kiefern-Mistel (kommt auch an wenigen Stellen in Nord-Deutschland vor).
Begibt man sich jedoch nach Südafrika und latscht dort durch die Karoo könnte man eventuell auf sukkulente Wolfsmilch-Arten treffen, auf deren Stamm rote Beeren wachsen. Diese gehören zum kleinsten Parasiten im Pflanzenreich, der Zwerg-Mistel. Die aus dem Wirt herausragenden Triebe sind winzig, höchstens 5 mm lang. Trotzdem ist es kein Vollparasit, denn diese Triebe sind grün und können assimilieren. Aber sie muss ja nicht schnell wachsen oder groß sein. In den Halbwüsten Südafrikas wächst kaum etwas wirklich schnell.

Wir im botanischen Garten Magdeburg haben vom Botanischen Garten Leipzig eine Wolfsmilch bekommen, die mit dieser Mini-Mistel befallen ist. Geblüht hat sie bei uns noch nicht, aber die grünen Triebe kann ich euch zeigen. Beide gehören zu einer Pflanze, deren Hauptachse im Rindengewebe des Wirtes wächst. Ob sie bei uns auch mal blüht oder wir sogar Früchte bekommen wird sich zeigen, denn es gibt männliche und weibliche Pflanzen und ob wir beide auf der einen Wolfsmilch haben....... keine Ahnung. Die Blüten sind dann natürlich noch kleiner.
Dateianhänge
Kamera: Canon EOS 750D
Objektiv: 50mm
Belichtungszeit: 1/2s
Blende: f/5.6
ISO: 200
Beleuchtung: Leuchtstoffröhre
Aufnahmedateiformat (RAW/JPG): JPG
Beschnittsbetrag in % (Breite u. Hoehe): 0
Stativ: Manfrotto Dreifuss
---------
Aufnahmedatum: 20.11.2016
Region/Ort: Gruson-Gewächshäuser Magdeburg
vorgefundener Lebensraum: kultivierte Pflanze
Artenname: Viscum minimum
kNB
sonstiges: Traumflieger-Umkehrring, Stack aus 56 Aufnahmen, gesteuert mit DSLR-Controller, Sony Xperia 4, zusammengesetzt mit Helicon-Focus, Methode C
Viscum minimum 5950-1; Viscaceae (1).jpg (431.82 KiB) 631 mal betrachtet
Viscum minimum 5950-1; Viscaceae (1).jpg
Zuletzt geändert von plantsman am 13. Dez 2016, 19:06, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon fossilhunter » 14. Dez 2016, 16:55

Hi Stefan,

danke für das Vorstellen dieses interessanten Vertreters der Misteln. Von einer Zwergmistel hab ich wirklich noch nix gehört. Und 5 mm ist ja nun wirklich nicht groß! Stacken mit dem DSLR - Controller kenn ich leider nicht. Kann da nicht allzu viel dazu sagen.

Und wieder was gelernt !

Man dankt und lg

Karl
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Beitragvon Sven A. » 15. Dez 2016, 22:53

Moin Stefan,
wieder eine interessante Doku :-)
Misteln gibt es bei uns häufig, hauptsächlich an den Bäumen der Streuobstwiesen,
welche hier typischerweise noch als Hochstamm wachsen, also wie früher.
Alte Bäume werden auch schon mal von ihnen in die Knie gezwungen.
Auf Weiden sieht man sie auch häufig.

Diese Zwergmistel kannte ich nicht, sie ist wirklich winzig.
Die frischen grünen Nupsis hast du jedenfalls bestens abgelichtet.
Was es alles gibt :shock:

Danke und viele Grüße
Sven
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Beitragvon Gabi Buschmann » 16. Dez 2016, 18:23

Hallo, Stefan,

das ist ja eine interessante Doku. Ich wusste bisher auch nichts von der
Zwergmistel, nur die andere Mistel kommt bei uns häufig vor.
Vielen Dank für die Infos und das sehenswerte Bild dazu.
Liebe Grüße Gabi
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Beitragvon plantsman » 16. Dez 2016, 22:57

Moin,

Sven A. hat geschrieben:Quelltext des Beitrags Alte Bäume werden auch schon mal von ihnen in die Knie gezwungen.


Das kann aber nur an ihrem Gewicht gelegen haben. Man hat bei Versuchen festgestellt, dass die Laubholz-Mistel ihren Wirt durch gewisse Stoffe sogar extra am Leben erhält. Ein Bekannter von mir, ein Sammler alter und seltener Apfelsorten, hat diese Eigenschaft genutzt und die letzten beiden Bäume einer sehr seltenen Apfel-Lokalsorte aus Schleswig-Hostein wiederbelebt. Diese waren schon sehr mitgenommen. So hat er sie mit Misteln infiziert. Diese haben drei Jahre nach der Keimung "Angst" bekommen und ihren Hormon-Cocktail eingesetzt, weil ihr Wirt ja am Absterben war...... reiner Selbstzweck. Nach knapp 7 Jahren konnte er dann Vermehrungsmaterial des Apfels gewinnen und diese Sorte retten.
Zuletzt geändert von plantsman am 16. Dez 2016, 22:59, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Harmonie » 17. Dez 2016, 08:52

Hallo Stefan,

danke frü diese interessante INFO und das Bild dazu.
Durch dich werden wir wohl noch sehr viel von/über Pflanzen lernen dürfen.
Danke!

LG
Christine
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------
An dieser Stelle einen ganz herzlichen Dank an all die User, die meinen Bildern
Beachtung, Aufmerksamkeit und Kommentare schenken.
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--- Alle hier von mir gezeigten Bilder dürfen ungefragt für die Artengalerie verwendet werden. ---
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Beitragvon Werner Buschmann » 21. Dez 2016, 18:02

Hallo Stefan,

Du kannst Informationen sehr kurzweilig rüberbringen.
Vielen Dank und auch Danke für das dazugehörige Bild.
________________
Liebe Grüße, passt auf Euch auf und vergesst das Lächeln nicht!
Werner
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Meine Sternebewertung beziehen meine Bewertung immer auf die Gesamtheit der
im Forum gezeigten Bilder.
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Beitragvon plantsman » 21. Dez 2016, 19:01

Moin Werner,

Werner Buschmann hat geschrieben:Quelltext des Beitrags Du kannst Informationen sehr kurzweilig rüberbringen.

:admin:
Das sind wohl meine mehr als 25 Jahre Erfahrung darin, pflanzlich-gärtnerisch unbeleckten Personen Pflanzen zu verkaufen. Das geht nur mit Leidenschaft für die Sache und Humor.

Freut mich, dass ich euch so meine Lieblinge näher bringen kann.
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Beitragvon Ajott » 13. Jan 2017, 18:05

Hallo Stefan,

du hast wirklich ein großes Talent dafür, auch den botanisch nicht tiefer interessierten Laien mit Schwung und Leidenschaft an diese Lebewesen heranzuführen. Bei der Beurteilung dieser speziellen Fähigkeit nehme ich ganz mich selbst als Messlatte. Ich habe jetzt keine spezielle Abneigung gegen Grünzeugs, aber meist interessiert es mich auch nicht viel weiter als bis dahin, wo Tiere dieses als Futter oder Rückzug nutzen. Einige klassische Ausnahmen gibt es, die mich in den Bann ziehen. Parasiten gehören sicherlich eher dazu.
Deine tolle Doku schafft es aber ohne Umschweife mich für diese Winzlinge zu faszinieren und in derem Zuge auch für ihre großen Vertreter hierzulande. Spannend, aber durchaus nachvollziehbar, dass Misteln möglichkeiten haben ihren Wirt zu unterstützen wenns eng wird. Interessant, wie winzig dieser exotische Vertreter ist. Ich hätte das wohl schicht für eine Ausknospung gehalten.
Vielen Dank für deine Ausführungen!

liebe Grüße
Aj
Wer an allem zweifelt sollte darauf achten, dass gesunde Skepsis nicht bald zur blinden Paranoia wird.
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Beitragvon piper » 15. Jan 2017, 16:50

Hallo Stefan,

auf eine Mistel wäre ich nicht gekommen.
Ich bin übrigens ein recht häufiger gast im Leipziger botanischen Garten.
Besonders im Frühjahr ein schönes Fotorevier.
Vielen Dank für die interessanten Informationen!
Liebe Grüße Ute

Die Freude am Kleinen ist die schwierigste Freude, denn es gehört ein großes Herz dazu.
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