Bärenfallen für Insekten

Interessante Beobachtungen aus dem Leben unserer Makromotive oder unserer Naturmotive mit dokumentarischem Charakter
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plantsman
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Bärenfallen für Insekten

Beitragvon plantsman » 10. Jan 2017, 18:47

Moin,

in der letzten Zeit wurden wir ja von Bildern der Hundsgiftgewächse (Apocynaceae, Unterfamilie Asclepiadoideae) gut versorgt. Mehrere Porzellanblumen und meine Fliegenblume sind Beispiele für diese Pflanzenfamilie.

Weil ihre Staubblätter und der Griffel zu einem Bestäubungsapparat, der Korona, verwachsen sind, werden sie auch als "Orchideen der Zweikeimblättrigen" bezeichnet. Bei diesen sind diese beiden Organe zur sogenannten Säule vereint.
Orchideen bekleben ihre Bestäuber jedoch nur mehr oder weniger. Bei den, von Sammlern, liebevoll "Ascleps" genannten Pflanzen wird es schon eher kriminell. Die Korona ist so aufgebaut, dass das Insekt beim Nektarnaschen mit den Füßen zwischen zwei Schienen gerät und dabei die Antheren herauszieht. Wie ich beobachten konnte, ist das teilweise mit ordentlich Kraftanstrengung verbunden. Die Sechsbeiner haben also reichlich Schwierigkeiten, sich wieder zu befreien. Ein Vertreter dieser Familie hat auch den Beinamen "Folterpflanze" bekommen. So hat man tatsächlich schon verendete Insekten in den Blüten dieser und einiger anderer Arten gefunden. Wer zu klein ist, ist dem Tode geweiht. Wie war das in der Werbung: "die Natur ist so rein und frisch"........ Pustekuchen :whistle: . Da wird oft ziemlich brutal miteinander umgegangen.

Unten hab ich mal die Koronen zweier Arten fotografiert. Die Blüten sind ja teilweise schon toll, dieser Aufbau bringt aber nochmal einen gewissen Pfiff in die Blüte. Er ist oft kompliziert aufgebaut und diente deshalb den früheren Botanikern als Grundlage für ihre Klassifikationen.
Man sieht bei beiden ganz gut die Gleitschienen. Das sind die parallel stehenden, braunen Streifen zwischen den Koronal-Lappen.
Dateianhänge
Kamera: Canon EOS 750D
Objektiv: 25mm
Belichtungszeit: 1/1s
Blende: f/5.6
ISO: 200
Beleuchtung: Leuchtstoffröhre
Aufnahmedateiformat (RAW/JPG): JPG
Beschnittsbetrag in % (Breite u. Hoehe): 0
Stativ: Manfrotto Dreifuss
---------
Aufnahmedatum: 17.12.2016
Region/Ort: Gruson-Gewächshäuser Magdeburg
vorgefundener Lebensraum: kultivierte Pflanze
Artenname: Duvalia caespitosa
kNB
sonstiges: Novoflex-Umkehrring von Traumflieger, Kabelauslöser
Duvalia caespitosa 0702-1; Apocynaceae (2).JPG (456.49 KiB) 474 mal betrachtet
Duvalia caespitosa 0702-1; Apocynaceae (2).JPG
Kamera: Canon EOS 750D
Objektiv: 51mm
Belichtungszeit: 1/4s
Blende: f/5.6
ISO: 200
Beleuchtung: wie oben
Aufnahmedateiformat (RAW/JPG): w.o.
Beschnittsbetrag in % (Breite u. Hoehe): 0
Stativ: w.o.
---------
Aufnahmedatum: 17.12.2016
Region/Ort: w.o.
vorgefundener Lebensraum: w.o.
Artenname: Orbea variegata
kNB
sonstiges: Stack aus 52 Aufnahmen, Sony Xperia 4 als Steuerungseinheit, Kabelverbindung, Helicon Focus 6, Methode B
Orbea variegata 2094-1; Apocynaceae (2).JPG (475.02 KiB) 474 mal betrachtet
Orbea variegata 2094-1; Apocynaceae (2).JPG
Meine Bewertungen/Kommentare sind immer rein subjektiv! Aber ich versuche stets, mir vorzustellen, was die Intentionen des Bild-Einstellers sind.

Tschüssing
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Bärenfallen für Insekten

Beitragvon gelikrause » 10. Jan 2017, 19:03

Hallo Stefan, grade die 1. Aufnahme ist klasse. Licht und Farben sind gut, schön weich und pastellig. Der Fokus ist gut gewählt, muß bei dieser Aufnahme auch nicht in der Mitte liegen.
LG Angelika

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Beitragvon Gabi Buschmann » 13. Jan 2017, 17:41

Hallo, Stefan,

das ist ja interessant, was du da schreibst. Da ich in botanischen Fragen
ziemlich unwissend bin: dient das Herausziehen der Antheren der Bestäubung?
Und was sind die Antheren?
Vielen Dank für diese interessante Doku in Text und Bild.
Liebe Grüße Gabi
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Beitragvon plantsman » 13. Jan 2017, 18:45

Gabi Buschmann hat geschrieben:Quelltext des Beitrags Hallo, Stefan,

das ist ja interessant, was du da schreibst. Da ich in botanischen Fragen
ziemlich unwissend bin: dient das Herausziehen der Antheren der Bestäubung?
Und was sind die Antheren?
Vielen Dank für diese interessante Doku in Text und Bild.

Ah, OK,

da hab ich ein wenig zu viel Wissen vorausgesetzt :blush2: .

Die Antheren sind die gelben Dinger, die am Ende des Staubblattes sitzen. Im deutschen sagt man auch Staubbeutel dazu.

Bei den Seidenpflanzengewächsen sind die Staubfäden zu der massiven Säule verwachsen und nur die Antheren/Staubbeutel können daraus entfernt werden. Das dient dann der Bestäubung, weil die Antheren mit ihren Klemmkörpern an den Insektenbeinen bzw. -rüsseln hängenbleiben und bei der nächsten Blüte abgestreift werden.
Zuletzt geändert von Gabi Buschmann am 13. Jan 2017, 21:09, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Gabi Buschmann » 13. Jan 2017, 19:06

Danke, Stefan, für die Erklärung.
Dann ist es ja eher kontraproduktiv, wenn die Insekten
in den Schienen hängenbleiben und verenden. Aber
wahrscheinlich sind es unter dem Strich nur wenige und
es überleben genügend, um die Bestäubung zu garantieren.
Liebe Grüße Gabi
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Bärenfallen für Insekten

Beitragvon Werner Buschmann » 13. Jan 2017, 23:24

Hallo Stefan,

Deine Erklärungen fand ich jetzt sehr interessant.
Deine Bilder haben das Prinzip gut verdeutlicht.
________________
Liebe Grüße, passt auf Euch auf und vergesst das Lächeln nicht!
Werner
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Meine Sternebewertung beziehen meine Bewertung immer auf die Gesamtheit der
im Forum gezeigten Bilder.
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Bärenfallen für Insekten

Beitragvon piper » 15. Jan 2017, 16:55

Hallo Stefan,

ist ja fast gruselig, aber die Natur ist schon mal grausam.
Auf jeden fall habe ich durch Deinen Beitrag wieder was gelernt.
Dazu ist er sehr gut bebildert!
Danke Dir!
Liebe Grüße Ute

Die Freude am Kleinen ist die schwierigste Freude, denn es gehört ein großes Herz dazu.
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Bärenfallen für Insekten

Beitragvon Ajott » 17. Jan 2017, 12:01

Hi Stefan,

ja, die Natur ist nicht zimplerich, da wird viel getrickst und gemogelt. Dein interessanter Bericht untermalt mit den auch ästhetisch sehr ansprechenden Bildern veranschaulicht das im Detail. Ich liebe dein kleines Botanikklassenzimmer hier, gerne mehr davon! So wird sogar das "Grünzeug" spannend! :DD

liebe Grüße
Aj
Wer an allem zweifelt sollte darauf achten, dass gesunde Skepsis nicht bald zur blinden Paranoia wird.

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