1 LW unter 64 (Lo 1) = ETTR

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1 LW unter 64 (Lo 1) = ETTR

Beitragvon Guppy » 15. Mai 2017, 13:01

Hallo
Will man in den Genuss von etwas weniger Rauschen kommen und steht genügend Licht zur Verfügung, kann man eine ISO Empfindlichkeit wählen,
die unter der Grundempfindlichkeit der Kamera liegt, Nikon nennt diese Stufen, Lo 0.3, Lo 0.7 und Lo 1.

Wie ich fest stellen konnte interessieren sich nur wenige Fotografen für diese Einstellungen.
Nikon bietet diese Empfindlichkeitseinstellung bei den neueren digitalen Kameras (DSLR) in drei Schritten bei der ISO-Empfindlichkeit an.
Bei der D810 als, "0.3 LW unter 64" (Lo 0.3), "0.7 LW unter 64" (Lo 0.7) und "1 LW unter 64" (Lo 1).
Diese Einstellungen entsprechen einem echten ETTR.
Da ETTR oft nicht korrekt angewendet wird, ist kein Erfolg sichtbar. Will man ETTR erfolgreich einsetzten, dann funktioniert es nur bei Einstellung der Grundempfindlichkeit,
bei der Nikon D810 beträgt sie 64 ISO.
Allgemein sind Fotografen eher an einer höheren Lichtempfindlichkeit (höhere ISO) interessiert und nicht an einer tieferen.
ETTR (Expose To The Right), das Belichten nach Rechts reduziert das Rauschen im Bild und erhöht die Anzahl der Tonwerte, Tonwertabrisse treten weniger schnell auf, dies ist auch bei Focus Stacking vorteilhaft.

Eine Kamera besitzt eine Grundempfindlichkeit, bei der Nikon D810 beträgt sie ISO 64.
Wird nun eine höhere Empfindlichkeit gewählt, weil weniger Licht auf den Sensor trifft, dann wird das Signal des Sensors entsprechend verstärkt.
Das Rauschen steigt, weil beim Sensor der Rauschabstand zwischen der Stärke des Rausch- und Nutzsignal kleiner ist und diese analogen Signale Verstärkt werden müssen.
Jede analoge Verstärkung fügt zusätzlich Rauschen hinzu. Anschliessend wird dieses Signal digitalisiert und die Werte in der Bilddatei abgespeichert.

Zurück zum Beispiel, wenn die Einstellung "1 LW unter 64" (Lo 1) an der Nikon D810 gewählt wird.
Bei gleichem Licht, zeigt die Belichtungsmessung einen um eine Blende tieferen Wert an und das aufgezeichnete Bild wird um einen Blendenwert dunkler angezeigt.
Zur richtigen Belichtung erhöht man deshalb die Lichtmenge um eine Blende, indem doppelt so helles Licht gesetzt wird, doppelt so lang belichtet wird, oder die Blende wird um einen Blendenwert geöffnet.
Bei genauer Betrachtung des Bildes mit "1 LW unter 64" (Lo 1) fällt auf, dass das Rauschen sichtbar geringer ist, wie bei der Einstellung ISO 64.
Dies ist sowohl beim Speichern im JPG, wie auch beim RAW Format der Fall.

Was macht die Kamera nun genau wenn beim RAW Format die Einstellung "1 LW unter 64" (Lo 1) gewählt wird.
Die Kamera hat nicht die Möglichkeit vor dem Sensor, das um eine Blende helle Licht zu dämpfen.
Deshalb gelangt das hellere Licht ungehindert auf den Sensor und es werden entsprechend höhere Spannungen abgegeben.
Die analoge Spannung wird genau gleich wie bei der Einstellung mit ISO 64, weder verstärkt noch gedämpft digitalisiert, also 1:1 in der RAW (NEF) Datei als entsprechend höhere Zahlenwerte abgespeichert.
Das RAW (NEF) Dateiformat besitzt im Bereich seiner möglichen Zahlenwerte nach oben genügend Platz, um sogar Zahlenwerte die bis zu 2.5 Blenden heller sind wie bei ISO 64 abzuspeichern.
Wird diese RAW (NEF) Datei, die in ihrem Header die Information besitzt, dass sie mit der Einstellung "1 LW unter 64" (Lo 1) aufgenommen wurde, angezeigt oder in eine TIF oder JPG Datei entwickelt,
dann werden dabei ihre um eine Blende höheren Zahlenwerte automatisch mit dem halben Zahlenwert angezeigt oder Entwickelt, also eine Blende dunkler.
Die um eine Blende höheren Zahlenwerte werden halbiert, somit wird die Helligkeit um eine Blende reduziert und so ebenfalls das Rauschen um eine Blende geringer.
Der Blendenabstand zwischen dem hellsten Wert im Bild und dem Wert des Rauschens, wird somit um eine Blende grösser.


Nur spezielle RAW Programme wie z.B. RawDigger zeigen die genauen Zahlenwerte und das RAW Histogramm an.
Selbst PhotoShop zeigt nur die automatisch umgewandelten JPG Werte und das JPG-Histogramm an, was in diesem Falle nicht dienlich ist.
Erstellt wird eine Belichtungsreihe, bei welcher bei gleichem Licht nur die ISO Einstellung verändert wird, z.B. ISO 250, ISO 125, ISO 64 und "1 LW unter 64" (Lo 1).
Die Helligkeit des Lichtes wählt man so, dass es bei Einstellung ISO 250, eine gute Belichtung ergibt.
Bei der Betrachtung der Bilderreihe erkennt man, auch bei der Betrachtung der RAW (NEF) Bilder, dass von Bild zu Bild ein Helligkeitsunterschied von einer Blende besteht.
Bei der Betrachtung der Bilder und des echten RAW Histogrammes mit RawDigger zeigt sich, dass auch hier zwischen dem Bild mit ISO 250, ISO 125, ISO 64 dieser Unterschied von einer Blende besteht,
doch die Bilder mit ISO 64 und "1 LW unter 64" (Lo 1) zeigen keinen Unterschied, lediglich wird beim "1 LW unter 64" (Lo 1) ein ISO Wert von 31 angezeigt.
Dies zeigt, dass beim Fotografieren mit "1 LW unter 64" (Lo 1) und entsprechender Erhöhung der Beleuchtungsstärke, die Kameras automatisch nach ETTR,
der Sensor um eine Blende heller belichtet und entsprechend aufgezeichnet wird und bei der Entwicklung automatisch das Bild um eine Blende zurück genommen wird und so Bilder entstehen die betreffend Rauschen, einem Bild mit ISO 32 (31) entsprechen.
Oft wird bemängelt, dass die Belichtung nach ETTR einen höheren Kontrast ergibt, so steht es z:B. auch im Handbuch der Nikon D810 auf Seite 110 bei "Lo 0.3 bis Lo 1":
Der Kontrast ist etwas höher als normal.
Kommt die Kamera im Bereich ihrer unterschiedlichen Empfindlichkeitswerten (ISO Stufen) zum Einsatz, entspricht der gespeicherte Zahlenwert linear der Helligkeit des Lichtes, das auf den Sensor auftrifft.
Doppelte Lichtmenge ergibt doppelten Zahlenwert. Dieses lineare Verhalten besteht bei ISO Einstellungen unter der Grundempfindlichkeit nicht mehr exakt,
der Sensor kommt in den Bereich seiner Sättigung und bei einer Lichtsteigerung um eine Blende wird nicht mehr die doppelte Spannung abgegeben und mit einem doppelt so hohen Zahlenwert abgespeichert.
Die Spannungserhöhung und der abgespeicherte Wert entspricht weniger, wie eine Blende.
Die gespeicherten Lichtwerte sind somit komprimiert und es besteht kein linearer Zusammenhang zwischen der Helligkeit und dem Speicherwert.
Um in der Audio Technik eine Übersteuerung zu vermeiden, geht man ähnlich vor, die lautesten Töne werden mit einem Kompressor in ihrer Signalstärke etwas abgeschwächt.
Wird dies fachgerecht angewendet, ist diese Komprimierung nicht hörbar. Jede professionelle Sprach und Musikaufnahme wird in dieser Art komprimiert, dies auch um das Rauschen zu mindern!
In der fotografischen Technik betrifft es die hellsten Bereiche, wie z.B. die Spitzlichter.
Dass die Tonwertabstufungen in diesem, hellsten Bereich nicht mehr originalgetreu sind, fällt selten bis gar nicht auf, jedoch ist die Abnahme des Rauschen, gut erkennbar.

Betrachtet man den Bereich der dunkleren Tonwerte, dann werden all diese um eine Blende heller vom Sensorchip aufgenommen
und entsprechend wird der Umfang einer Blende mit der doppelten Anzahl von Zahlenwerten abgespeichert, somit besitzt das ganze Bild doppelt so viele Tonwerte, wie wenn mit einer Blende dunkler aufgezeichnet wird.
Dies ist vor allem vorteilhaft, wenn die Bilddatei stark bearbeitet wird, wie dies bei Focus Stacking oft der Fall ist.

Ein Fotograf kommt mit der Situation zurecht, dass bei höherer ISO Zahl wie bei der Grundempfindlichkeit, sich die Bildeigenschaften etwas ändern,
er wird somit auch mit der Situation zurecht kommen, wenn sich das Bild bei "1 LW unter 64" (Lo 1) etwas von einem Bild mit ISO 64 unterscheidet.

Vor allem, wenn eine bestimmte Blende betreffend Schärfentiefe oder Auflösung gefordert ist und genügend Licht zur Verfügung steht, z.B. im Studio mit Kunstlicht (Blitz),
ist die Belichtung mit der Einstellung "1 LW unter 64" (Lo 1) vorteilhaft und praktisch.


Eine weitere Steigerung der Belichtung nach ETTR um 2 Blenden heller, die aber nicht mehr automatisch in der Kamera erfolgt, ist minim aufwendiger, reduziert das Rauschen noch einmal.
Es kann allerdings je nach Objekt problematisch werden, eine kritische Beurteilung des Bildes ist dringend nötig.
Auch hier erhöhen sich noch einmal unterhalb der hellsten Blenden die Tonwertabstufungen.
Wird ein 14Bit RAW Bild in das 16Bit TIF Format umgewandelt, dann besitzt das 16Bit TIF Format mehr Platz für Tonwertstufen wie es vom 14Bit RAW Format benötigt wird.

Zu beachten ist, dass bei der Entwicklung vom RAW Format in das TIF Format, der Bereich der hellsten Blenden (ca. 2.5) des RAW Formates,
der ganze Bereich als maximaler Wert in der TIF Datei abgespeichert wird, somit ausgefressen und überbelichtet.
Es ist deshalb nötig, dass bei der Entwicklung die Belichtung entsprechend der "Überbelichtung" zurück genommen wird.
Da der Rauschabstand gleich gross bleibt, wird auch das Rauschsignal noch einmal kleiner.


Essenziell ist die Feststellung, dass mit den meisten DSLR eine automatische Belichtung nach ETTR mit bis zu einer Blende möglich ist,
dies mit den Einstellungen von 1/3 bis 1 LW unter Grundempfindlichkeit (Lo 0.3 bis 1).

Zur Sicherheit:
Das hier beschriebene hat nichts mit der Möglichkeit der Belichtungskorrektur in der Kamera zu tun, denn diese bezieht sich nur auf die Belichtungsmessung!

Meine Messungen und Bildvergleiche fertigte ich mit den Kameras von Nikon an, die D500, D600 und D810 besitzen die Möglichkeit von Lo 0.3 bis 1.
Die Nikon D7100 besitzt keine Möglichkeit der Einstellung von Lo 0.3 bis 1.
Es ist mir von anderen Herstellern wie Nikon nicht bekannt, ob die Kameras die selbe Möglichkeit bieten.
Eigene Messungen und Vergleichsaufnahmen sind deshalb nötig.
Fragen sind willkommen.

Kurt
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Beitragvon ULiULi » 16. Mai 2017, 09:22

Hallo Kurt,

ausführlicher geht's nicht mehr :)
Aus meiner Sicht eher theoretischer Natur, da das Rauschen bei den
niedrigen ISO-Werten nur äußerst geringe Unterschiede hat, die m.E.
außerhalb der, bzw. meiner Wahrnehmungsschwelle liegen. Dennoch nutze
ich auch gerne L1.0 (ISO 50) bei meiner D600. Ob ich ein mit ISO 50 auf-
genommenes Bild bei 1:1 Ansicht auf dem Monitor allerdings von einem mit
ISO 200 aufgenommenen unterscheiden könnte? Meine Versuche liegen
länger zurück. Ich erinnere mich aber daran, dass ich keine augenfälligen
Unterschiede sehen konnte. Erst oberhalb von ISO 200 wurden Unterschiede
vom DX-Sensor "spürbar". Mit FX habe ich es noch nicht probiert, würde
aber eher noch geringere Unterschiede erwarten.
RAW-ETTR wirkt sich sichbarer aus. In RAW-Therapee kann man übrigens
zwischen "normalem" und RAW-Histogramm umschalten :DH:

Eine Frage hätte ich doch noch. Wie erfährst Du die "Grundempfindlichkeit"
einer Kamera? In den Spezifikationen auf der Nikon-HP finde ich sowas nicht.
Oder nimmst Du einfach an, dass das der niedrigste in Zahlen ausgewiesene
ISO-Wert ist, bei der D810 z.B. die 64, bei der D600 wäre es dann die 100?

Wundert mich, dass die D7100 keine Low-ISO-Einstellungen hat, hatte die
D90 nämlich schon, wobei L 0.3, 0.7 u. 1.0 ISO 160, 125 u. 100 entsprach.

LG / ULi
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Beitragvon Guppy » 16. Mai 2017, 12:25

Hallo ULI

Vielen Dank für deine dienliche Antwort.
Zwischendurch tut es gut, etwas auf den Boden zu kommen.
Vor lauter Freude am Erkunden und dem Ergebnis,
also ich sehe, dass es weniger rauscht,
habe ich die Verhältnismässigkeit etwas aus den Augen verloren.
ISO 64 bei der D810 ist ja gut, doch ISO 32 ist besser,
doch man kann es auch übertreiben.
Is ja nett, dass ich herausgefunden habe, dass 1 LW unter 64 (Lo 1) = ETTR ist,
doch was bringt es?
Herzlich wenig, aber .. ... eventuell ...

Dennoch möchte ich erwähnen:
"Im Bereich der Makro- und Mikrofotografie befindet sich der Fotograf
sehr oft mit seinen Forderungen am Limit der machbaren optischen und mechanischen Möglichkeiten.
Es ist deshalb nötig alle Faktoren, die zu einem besseren Bild beitragen können zu berücksichtigen.
Dies ist oft bei den einzeln optimierten Faktoren nicht gut sichtbar,
jedoch ist die Summe aller optimierten Faktoren im Bild klar sichtbar."

Dass RAW-Therapee auch das RAW Histogramm anzeigt, wusste ich nicht,
das ist sehr dienlich und erst noch gratis.

Die Kamerahersteller hüten ja ihre Geheimnisse, es ist oft nur durch das Verhalten (Bilder) einer Kamera,
fest zu stellen was sie eigentlich macht, wobei dies ja auch das ist, was uns grundsätzlich interessiert.
Ich nehme deshalb an, dass die niedrigste Empfindlichkeit, die "Grundempfindlichkeit" ist,
oder bezeichne sie mindestens so.

Die DSLR von Nikon mit den tausender Zahlen (z.B. D7100) sind eine etwas abgespeckte Version der semiprofessionellen (z.B. D500),
vermutlich deshalb besitzt die D7100 diese Empfindlichkeitsoption nicht.

Vermutlich kann man aus Erwähntem schliessen, dass bei Aufnahmen im RAW Format,
die etwas überbelichtet sind, man ohne erkennbaren Verlust bei der Entwicklung,
die Helligkeit zurück nehmen kann.

Kurt
Zuletzt geändert von Guppy am 16. Mai 2017, 12:48, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon ULiULi » 16. Mai 2017, 14:22

Hallo Kurt,

bei den Stacks mit hunderten Einzelbildern wird sich die eine oder
andere suboptimale Einstellung womöglich potenzieren ... zur Zeit
nicht meine Spielwiese. Herausgefunden zu haben, dass Lo auf ein
ETTR hinaus läuft ist schon was und ich will Dir die Freude daran
nicht schmälern. Es reizt mich sogar, mit meiner D600 auch mal auf
"Spurensuche" zu gehen :)

Habe gerade nochmal die Specs bei Nikon.de studiert. Die D7x00-
Modelle haben sämtlich nur eine ISO-Erweiterung nach oben - nur
die ganz neue D7500 hat auch Lo.

"ISO 100 bis 51.200 in Schritten von 1/3 oder 1/2 LW. Einstellung auf ca. 0,3, 0,5, 0,7 oder 1 LW (entspricht ISO 50) unter ISO 100 ..."

Den RAW-ETTR-Thread kennst Du doch, oder nicht? Bei hohen
Empfindlichkeiten kann man mit einem guten Qualitätssprung über-
belichten, wenn man bei der Entwicklung die Belichtung wieder auf
das normale Maß reduziert. So lange keine Lichter im RAW ausge-
fressen sind. Die sind dann - je nach Software mehr oder weniger -
weg. Wenn ich mal viel Zeit habe, will ich das noch konkret aus-
testen. Im Moment habe ich nur aus einem Einzelfall die These,
dass LR im "Retten ausgebrannter Lichter" vergleichsweise wenig
erfolgreich ist.

Ich finde es klasse, dass Du Dich immer mal wieder weit überdurch-
schnittlich tief in die technischen Hintergründe einfuchst und hier
darüber schreibst :DH:
Nicht unbedingt allgemein beliebt, solche Themen 8)

LG / ULi
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Beitragvon Guppy » 16. Mai 2017, 16:57

Hallo ULi

"Bei hohen Empfindlichkeiten..."
Das Rauschen kommt sowohl vom Sensor, wie auch von der Verstärkung bei erhöhter ISO Empfindlichkeit.
Der Rauschabstand beim Sensor ist grösser, wenn mehr Licht auf den Sensor gelangt.
Das Rauschen durch die Verstärkung ist geringer wenn wenig verstärkt wird, also bei niedriger ISO Emmpfindlichkeit.
Dies spricht betreffend Rauschen, beides für viel Licht und möglichst niedrige ISO Zahl.
Wird die ISO Zahl erhöht (rauscht es mehr, da mehr Verstärkung), wird leicht überbelichtet und bei der Entwicklung die Belichtung herunter genommen,
sinkt das Rauschen wieder, das durch die stärkere Verstärkung entstand. Das ist ein Nullsummen-Spiel.
Wirklich erfolgreich ist ETTR nur bei der "Grundempfindlichkeit", denn nur dann kommt mehr Licht auf den Sensor und der Rauschabstand des Sensors wird dadurch grösser
und das analoge Signal vom Sensor, muss vor der Digitalisierung nicht verstärkt werden.
Bei hoher ISO Zahl und richtiger Belichtung ist die Lichtmenge die auf den Sensor trifft gering, bei niedriger ISO Zahl und richtiger Belichtung ist die Lichtmenge auf dem Sensor hoch.
Man kann es drehen, wie man will, weniger Rauschen erhält man nur, wenn mehr Licht auf den Sensor kommt.
Bei hoher ISO Zahl wird der Sensor nicht lichtempfindlicher, sondern sein Signal muss mehr verstärkt werden.

Kurt
Zuletzt geändert von Guppy am 16. Mai 2017, 16:58, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Sven A. » 16. Mai 2017, 18:18

Guppy hat geschrieben:Quelltext des Beitrags Das ist ein Nullsummen-Spiel.


Moin Kurt,
das mit dem "Nullsummenspiel" sehe ich etwas anders. Im Prinzip hast du recht aber...
Ich unterscheide folgende Rauscharten:
-Verstärkungsrauschen (ISO hochdrehen)
-thermisches Rauschen (je wärmer die Kamera/Sensor, desto mehr rauscht es, dass merkt man auch als User)
-Quantisierungsrauschen (Quantisierungsfehler, weil der die Werte nicht korrekt zusammenpassen)

Wie hoch die jeweiligen Anteile der Rauscharten an einem rauschenden Pixel sind, hängt von vielen Faktoren ab:
Höhe der ISO, Temperatur und der Anteil der Tiefen in der Abbildung.

Quantisierungsrauschen kann ich verringern, indem ich das Histogramm nach rechts zwinge.
Am besten mit mehr Licht, das ist klar. Wenn das aber nicht möglich ist und das ist bei mir oft der Fall,
dann notfalls auch über die ISO, nämlich dann wenn im Bild deutliche Tiefen und diese auch großflächiger vorhanden sind.
Ich kann ein Bild mit ISO1600 machen, dass rein visuell und nach Anpassung der Belichtung, ebenso oder gar etwas weniger rauscht als mit ISO400.
War zumindest bei meiner Nikon D5100. Mit der Oly müsste ich das mal austesten.
Das liegt vermutlich an der nichtlinearen Quatisierungskennlinie. In den Tiefen weit weniger Tonwerte als in den Lichtern.
Das Rauschen wird beherrschbarer, weil es feiner wird, mehr Tonwerte zur Verfügung stehen, der Anteil des Quantisierungsrauschens sollte kleiner werden.

Zumindest habe ich mir das so zusammengesponnen :DD

Eigentlich müsste die Quantisierungskennlinie umgekehrt verlaufen, mehr Tonwerte in den Tiefen, dort wo die schwachen Signale sind,
um diese besser unterscheiden zu können aber man lehnt sich hier evtl. an das menschliche Auge an, welches meines Wissens,
Veränderungen in den Lichtern feiner unterscheiden kann als in den Tiefen. Darum ist die Verteilung der Tonwerte so wie sie ist.

Meine Oly hat die Standardverstärkung ISO200 und eine Erweiterung welche sich "ISO Low" nennt.
Mit dem Sigma stelle ich manuell die Blende ein und ich drehe immer so lange am Zeitwahlrad, bis nach ISO200 dann ISOLow im Sucher erscheint.
Ich habe aber bemerkt, dass ich weiter mit der Belichtungszeit runter gehen kann, ohne dass sich was am Bild ändert :shock:
Auch das eingeblendete Histogramm bleibt stur stehen :shock:
Olympus gleitet über ISO160 nach ISO125 bis hin zu ISO100, wenn ich weiter am Zeit-Rädchen drehe wird dann auch das gemachte Bild endlich heller
aber das Bild im Sucher nicht und das eingeblendete Histogramm bleibt weiterhin stur stehen. Ich gehe von einem Bug in der SW aus. :evil:
Wie gut dass ich noch bis zwei zählen kann :DD wenn ISOLow erreicht ist, dann drehe ich noch zwei Stufen weiter.

Wenn ich mit dem FastRawViewer die Exif-Daten auslese, dann lese ich auch für die Verstärkung z.B. "LowGainUp" bei ISO200-ISO125 und bei ISO100 steht dort "None"
Ich ging bisher davon aus, dass ISO100 nie und bei keiner Kamera verstärkt wird.
Wenn also eine Nikon bei ISO100 nicht verstärkt, was ist dann ISO64 oder ISO32?
Saugt die Kamera dann Licht ? ;-)

Viele Grüße
Sven
Zuletzt geändert von Sven A. am 16. Mai 2017, 18:22, insgesamt 3-mal geändert.
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Beitragvon Guppy » 16. Mai 2017, 18:38

Hallo Sven

Das thermische Rauschen habe ich bei Seite gelassen, da sein Ursprung andere Ursachen hat.
Jedoch müsste auch da, dieses thermische Rauschen bei hoher ISO Zahl ansteigen,
denn durch mehr Verstärkung erwärmt sich der Sensor stärker.

"Ich ging bisher davon aus, dass ISO100 nie und bei keiner Kamera verstärkt wird."

Das war vermutlich einst so, doch die Sensoren wurden bei gleicher Pixelfläche lichtempfindlicher
und deshalb können jetzt Werte von 64 ISO ohne Verstärkung erreicht werden.

Die Zelle (Halbleiter) auf dem Fotochip (Sensor)die das Licht empfängt und entsprechend den Stromdurchfluss regelt,
lässt sich in ihrer Empfindlichkeit nicht steuern.
Empfindlichkeitsunterschiede sind lediglich auf die Konstruktion dieser Zellen zurück zu führen (je neuer je lichtempfindlicher).
Einst wurde das Filmmaterial in der Empfindlichkeit entsprechend gewählt, jetzt fotografieren wir mit einer Empfindlichkeit,
die sich NACHTRÄGLICH, entweder nicht, etwas weniger, oder mehr verstärken lässt.


Kurt
Zuletzt geändert von Guppy am 16. Mai 2017, 20:06, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitragvon Sven A. » 16. Mai 2017, 22:30

Guppy hat geschrieben:Quelltext des Beitrags Das war vermutlich einst so, doch die Sensoren wurden bei gleicher Pixelfläche lichtempfindlicher
und deshalb können jetzt Werte von 64 ISO ohne Verstärkung erreicht werden.


Danke Kurt,
das leuchtet sogar mir ein.

Viele Grüße
Sven
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Beitragvon Guppy » 16. Mai 2017, 22:56

Hallo Sven
Hier noch die Aufteilung der Tonwerte innerhalb einer Blende.

Eine Blende dunkler (50%) entspricht der halben Lichtmenge (Lux) und ebenfalls der halben Spannung die vom Pixel kommt,
das geht in Blendenschritten von 100% auf 50%, 25%, 12.5% usw. hat ein Pixel (jetzt nur als Beispiel) bei der Helligkeit eine Auflösung von 1%,
also so dass ein Unterschied in der Helligkeit von 1% differenziert werden kann,
dann werden im Bereich der hellsten Blende 50 unterschiedliche Tonwerte differenziert,
bei der zweithellsten 25 Tonwertunterschiede usw. bei einer Helligkeit, die um 7 Blenden dunkler ist wie das Maximum, werden dann noch 1.5 Tonwerte differenziert.
Die realen Werte liegen natürlich um einen Faktor höher, dies also nur um die Funktion der Halbierung zu erklären, also was im Sensor in etwa abläuft.
Diese Reduktion der Helligkeit (Spannung), entspricht aber nicht unserem Empfinden und wird aber,
bei der Entwicklung von RAW zu JPG (oder TIF), unserem Empfinden der Helligkeit angepasst.
Bei einer JPG Bilddatei (und so auch bei einer TIF Datei, bei dieser aber mit anderen Zahlenwerten, die von der Bittiefe abhängig ist)
die eine Farbtiefe (Helligkeitsunterschiede) von 8 Bit besitzt, also 256 unterschiedliche Helligkeitsstufen,
255 als hellstes und 0 als dunkelster Wert, entspricht die Abdunkelung um eine Blende nicht mehr dem halben Zahlenwert und die Reduktion ist nicht linear.
Dunkelt man um jeweils eine Blende ab, dann zeigen sich die Zahlenwerte in etwa nach der folgender Reihenfolge.
255 = hellstes Weiss
223 = um eine Blende dunkler
179 = 2 Blenden dunkler
122 = 3 Blenden
68 = 4 Blenden
34 = 5 Blenden
17 = 6 Blenden
8 = 7 Blende
4 = 8 Blenden
2 = 9 Blenden
1 = 10 Blenden
0 = 11 Blenden
Ein JPG Bilddatei kann somit einen Blendenumfang von 11 Blenden erfassen.
Die hellste Blende nimmt nicht 50% in Anspruch, sondern nur 12.5%. Je dunkler es wird, umso grösser in Prozent wird die Abnahme von Blende zu Blende
und erst ab einer Abdunkelung um 3 Blenden, geht es in 50% Schritten Richtung dunkel.
Aus der Differenz der Zahlenwerte von Blende zu Blende wird ersichtlich wie viel unterschiedliche Tonwerte innerhalb der jeweiligen Blende möglich sind.
Sind es in der hellsten Blende 32 Tonwerte, steigt dieser Wert bis zur dritten Blende auf 57 Tonwerte und sinkt dann stetig ab.
Hier wird ersichtlich dass in der Bilddatei die wir betrachten, nicht so wie in der RAW Datei wo für die hellste Blende am meisten Tonwerte zur Verfügung stehen,
sondern im mittleren Bereich der Helligkeit eines optimal belichteten Bildes, was sehr viel Sinn macht.
Bitte, bitte, die Zahlenwerte nicht als in Stein gemeisselt betrachten, es geht hier um die Zusammenhänge.
In Wirklichkeit unterscheidet sich die Form und Steilheit der Kurven, von der Helligkeit in Realität,
zur Spannung die vom Sensor abgegeben wird,
zu den Zahlenwerten in der RAW Datei und dann noch einmal
zu den Zahlenwerten in der Bilddatei und Schlussendlich
zu dem Helligkeitsverlauf des Monitors.
Machen alle Stufen ihre Arbeit richtig, dann sollte am Monitor der gleiche Bildeindruck wie in der Realität entstehen. :mosking:



Kurt
Zuletzt geändert von Guppy am 16. Mai 2017, 23:14, insgesamt 2-mal geändert.

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