Tiere und Pflanzen des Jahres 2010

Interessante Beobachtungen aus dem Leben unserer Makromotive oder unserer Naturmotive mit dokumentarischem Charakter
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Werner Buschmann
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Tiere und Pflanzen des Jahres 2010

Beitragvon Werner Buschmann » 7. Feb 2010, 21:31

Beitrag von Ute Hahn verfasst!

Hallo liebe User,
gemeinsam mit euch möchten wir eine Doku über den Ameisenlöwen, das Insekt des Jahres 2010 erstellen.
Alle eure Makros, alles Wissenswerte über den Lebenszyklus oder von euch gemachte Beobachtungen dürfen und sollen da rein.
Der Thread wird im Dokumentarischen (…/Startseite/ …..) oben angepinnt, damit ihr ihn jederzeit schnell findet.
Hier soll einfach ein Einblick in die interessante Lebensweise des Ameisenlöwen möglich werden.


Steckbrief - der Ameisenlöwe – Myrmeleon formicarius, Myrmeleontidae

„Wer anderen eine Grube gräbt, hat selber was zu fressen“


Als Ameisenlöwe wird die Larve der Ameisenjungfer bezeichnet. Im Deutschen wird das adulte Insekt als Gewöhnliche oder Gemeine Ameisenjungfer bezeichnet, weil sie am häufigsten vorkommt. Eine zweite häufige Art ist die Geflecktflügelige Ameisenjungfer (Euroleon nostra). Die Ameisenjungfern sind mit mehr als 2.000 Arten die größte Familie der echten Netzflügler. In Europa kommen 41 Arten vor, die meisten davon im Mittelmeerraum. In Mitteleuropa sind 12 Arten beheimatet, von denen nur 4 Arten Trichter bauen. Alle Arten sind in ihrem Bestand gefährdet und nach der Bundesartenschutzverordnung in Deutschland geschützt

Der Ameisenlöwe ist bräunlich gefärbt und bis zu 17mm groß. Der Körper ist am Kopf- und Hinterleibsende schmal, mit einer breiten Mitte. Die Vorderbrust deutlich abgesetzt und schmäler als die folgenden Segmente. An der Brust entspringen drei Beinpaare, am Kopf sitzen säbelförmige Greifzangen, welche innen mit Zähnen besetzt sind und auch zum Aussaugen der Beute dienen. Alle Körperteile tragen Haare und starke, nach vorne gerichtete Borsten, die den Ameisenlöwen fest im Boden verankern wenn sich seine Beute heftig wehrt.

Er bevorzugt warme, trockene Gebiete, und lebt in Sandboden. Dort kann er sich innerhalb von Sekunden rückwärts eingraben. Für seinen Trichter gräbt er erst einen runden Graben, den er weiter nach innen vertieft, indem er mit seinen Zangen den Sand bis zu 30cm weit wirft. Das dauert nicht länger als eine halbe Stunde. Der fertige Trichter ist so steil, das sich der Sand sofort in Bewegung setzt, wenn ein Insekt hineinläuft. Je nach Material sind die Trichter 2 bis 3 cm tief und bis zu 8 cm weit. Verborgen eingegraben, so das nur seine Zangen herausschauen, lauert er am Grunde des Trichters auf seine Beute. Rutscht ein Insekt oder eine Spinne an den Trichterwänden nach unten, hilft er nach, indem er die Beute mit Sand bewirft und die locker rollenden Sandkörnchen verhindern das Entkommen. Hat er die Beute mit seinen Zangen gepackt, injiziert er damit Gift und ein Verdauungsenzym, das das Opfer von innen auflöst. Anschließend wird die verdaute Nahrung durch Röhren in den Zangen aufgesogen. Der leere Chitinpanzer wird aus der Grube geschleudert. Interessant ist, das der Löwe einen Darm ohne Ausgang hat. Da er nur verdaute Nahrung aufnimmt, gibt er während des ganzen Larvenstadiums keinen Kot ab. So bleibt die Fanggrube immer sauber. Und er kann bis zu 200 Tage ohne Nahrung auskommen. Im Herbst zieht er sich bei kalter Witterung tiefer in den Boden zurück und überwintert in einer Ruhepause.

Zweimal häutet sich der Löwe, bis er sich im Sand in einen nach außen festen Seidenkokon einspinnt und verpuppt. Nach circa drei Wochen Puppenruhe schlüpft im Sommer das erwachsene Tier. Bis es soweit ist, sind zwei, manchmal auch drei Jahre vergangen. Die Ameisenjungfer ähnelt einer Kleinlibelle, aber unterscheidet sich durch die gut sichtbaren kurzen, am Ende keulenartigen erweiterten Fühler. Die Flügelspannweite beträgt circa 60mm. Die Ameisenjungfer legt in Ruhestellung ihre vier durchsichtigen Flügel dachartig über den Hinterleib zusammen. Da sie vor allem nachts fliegt, wird sie im Volksmund auch Nachtlibelle genannt. Tagsüber ruht sie unbeweglich im niederen Gebüsch in Trockenrasenlandschaften. Dort heftet sie ihre Eier an Blättern an. Flugzeit der Ameisenjungfern ist von Juni bis September.

Edit.

Das Bild ist von Jürgen!
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Die Werkzeuge eines Fangspezialisten:

Säbelförmige, lange und mit Fangdornen besetzte Klauen zum Fang der Beute.

Ein breiter, flächiger Kopf zum "Sandschleudern".
ameisenloewe_561.jpg (310.52 KiB) 10414 mal betrachtet
ameisenloewe_561.jpg
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Liebe Grüße, passt auf Euch auf und vergesst das Lächeln nicht!
Werner
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Beitragvon holgi » 28. Mai 2010, 15:41

vielen lieben dank für den tollen wissenswerten bericht über das so seltene tierchen, ich selber habe noch nie einen echten gesehen... gruß holgi
Canon eos 5d MK II Sigma 180mm 3,5, sigma 180mm 2,8, 70-200mm f2,8L is, 50mm 1,2, ringleuchte, balgengerät mit 135mm 1,8, 2x canonblitz 430 exII
ich fotografiere sehr gerne im makrobereich gruß an alle
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Beitragvon Held » 3. Jun 2010, 21:39

Hallo,

da ich in Erinnerung habe, dass dieser Thread eigentlich so gedacht ist, dass er durch uns, die User des Forums, mit der Zeit durch eigene Bilder ergänzt wird, möchte ich hier mit drei Bildern einen kleinen Anstoß geben.

Interessant finde ich, dass es in Deutschland drei verschiedene Arten von Amneisenjungfern gibt und das Insekt des Jahres einfach "der Ameisenlöwe" ist. Bei den gezeigten Tieren handelt es sich wohl um die Larven der Dünenameisenjungfer (Myrmeleon bore). Im Gegensatz zu den beiden anderen heimischen Arten legt sie die Trichter auch vor Wetter ungeschützt auf Freiflächen an. Die anderen Arten bevorzugen den Bau der Trichter z.B. unter Felsvorsprüngen.
Dateianhänge
Trichter eines Ameisenlöwen (vermutlich Myrmeleon bore)
aloewe01web.jpg (401.6 KiB) 9113 mal betrachtet
aloewe01web.jpg
antlion01.jpg (376.02 KiB) 9112 mal betrachtet
antlion01.jpg
antlion03.jpg (352.21 KiB) 9113 mal betrachtet
antlion03.jpg
Zuletzt geändert von Held am 4. Jun 2010, 08:32, insgesamt 1-mal geändert.
Grüße, Marcus


Wenn ihr mehr über eure Motive wissen wollt, dann schaut doch mal in die Artengalerie!
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Beitragvon Benny » 3. Jun 2010, 21:44

hallo markus,

hammer doku !
Grüße, Benjamin

http://www.facebook.com/naturfotofuchs
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Ameisenjungfer

Beitragvon Andreas Th. Hein » 21. Jun 2010, 12:05

Hallo an alle Interessierten,


zur Ergänzung mal ein frisch geschlüpftes Imago , die Ameisenjungfer, genauer gesagt die Gewöhnliche Ameisenjungfer - Myrmeleon formicarius.

LG Andreas
Dateianhänge
Aufnahmedatum: 20. Juni 2010
Region/Ort:Brandenburg / Wendisch Rietz
Lebensraum:Trockenrasenhang /Waldlichtung
Artenname: Gewöhnliche / Gemeine Ameisenjungfer - Myrmeleon formicarius.
NB
sonstiges:
IMG_6572-Doku.jpg (282.87 KiB) 8949 mal betrachtet
IMG_6572-Doku.jpg
Viele Grüße Andreas
http://www.libellenwissen.de
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Ameisenjungfern - Ergänzung

Beitragvon Thorsten » 14. Jul 2010, 17:24

Moin,

in weiten Teilen Mitteleuropas, so auch hier bei mir in Norddeutschland, "trifft" man nur zwei Arten der Ameisenjungfern:
Myrmeleon bore und Myrmeleon formicarius.

'Trifft' in 'Tüddelchen' geschrieben, denn den nachtaktiven Imagines begegnet man selten. Sieht man mal eines, so ist die Unterscheidung schwierig und auch auf Fotos nicht immer eindeutig.

Wem man aber relativ oft 'begegnet' sind die Bauwerke der Larven, der Ameisenlöwen. Die Larven sind verborgen am Fuße der berühmten Fangtrichter und nur letztere fallen auf.

Hier wird es dann auf einmal sehr einfach M. bore von M. formicarius zu unterscheiden.

Zwei Bilder:
1.) Einzelner Fangtrichter von Myrmeleon bore (das Bild ist bereits in der AG, ich hab die Farben hier aber mal ein wenig auf "natürlich" getrimmt ;-)) - Diese Art legt die Fangtrichter auf offenen, ungeschützten Sand an, z.B. auf Binnendünen.

2.) Mehrere Fangtrichter von Myrmeleon formicarius - Diese Art legt ihre Fangtrichter unter dem (Regen-)Schutz überhängender Abbrüche, an Mauerfüßen, in Unterständen und vergleichbar geschützten Orten an. Hier an einem angefangenen Kaninchen-/Fuchs- oder 'sonstwas'-Bau am Wegesrand.

Grüße, Thorsten
Dateianhänge
Aufnahmedatum: 19. Juni 2005
Region/Ort: Prignitz - Brandenburg
Lebensraum: Binnendüne
Artenname: Myrmeleon bore
NB
sonstiges: Ungeschützter Fangtrichter auf offener Sandfläche
Fangtrichter_bore.jpg (397.86 KiB) 8701 mal betrachtet
Fangtrichter_bore.jpg
Aufnahmedatum: 04. Juli 2010
Region/Ort: Wendland - Niedersachsen
Lebensraum: Wegrand
Artenname: Myrmeleon formicarius
NB
sonstiges: Durch Überhang geschützte Fangtrichter am Rande eines Sandweges
Fangtrichter_formicarius.jpg (359.93 KiB) 8708 mal betrachtet
Fangtrichter_formicarius.jpg
Hotte
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Beiträge: 3949
Registriert: 19. Sep 2006, 01:24
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Vorname: Horst

Beitragvon Hotte » 29. Jul 2010, 15:05

Klasse Doku, Klasse Bilder !

:sm2: :sm2: :sm2:

Gruß Horst
Eos 7D, Sigma 150/2.8, Canon 300/4 L IS USM, Berlebach 1042/P, Cullmann Magnesit 35, Novoflex Castel L, Raynox 5320, Kabelauslöser
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Lykos
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Beiträge: 147
Registriert: 22. Mär 2009, 20:53
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Vorname: Wolfgang

Palpares libelluloides

Beitragvon Lykos » 3. Aug 2010, 20:54

Ich habe zu dem Beitrag mit dem Ameisenlöwen noch ein paar Fotos der Riesenhafte oder Ameisenjungfer "Palpares libelluloides".
Die Fotos sind in den Cevennen im Sommer 2010 entstanden. Ich kannte zuvor nur den Gemeinen Ameisenlöwen und die Schmetterlingshafte.
Mit ihrem breiten, dunkelbraunen Flecken auf den Flügeln ist sie unverwechselbar.
Die Flügelspannweite kann bis zu 120 mm erreichen und gehört damit zu den großen ihrer Art. Der Flug ist sehr unbeholfen. Ich habe die Erfahrung machen müssen, dass sie sehr gut sehen kann. Oft ist das Insekt schon bei einem Abstand von 3 bis 4 m aufgeflogen. Da der Flug immer nur kurz war und das fliegende Insekt sehr auffällig ist war es kein Problem das neue Versteck zu finden. Da wo mir das Insekt begegnete überwiegte niedriger, dichter Bewuchs, sodass es nicht leicht war das Motiv frei zu stellen.
Im Internet erfuhr ich, dass ihre Heimat Südeuropa ist, wo sie auf brachliegenden Wiesen, licht verbuschten Flächen und an felsigen Hängen leben soll. Über das Vorstadium habe ich gelesen, dass die Larve nicht wie der Armeisenlöwe Insekten jagt. Sie soll in der Regel tagsüber fliegen, was ich bestätigen kann. In der Dämmerung legt sie nur kurze Strecken dicht über dem Boden zurück. Zwischen Mai und September sollen die fliegenden Insekten auftreten.
Diese Art ist im gesamten Mittelmeerraum verbreitet, ihr Verbreitungsschwerpunkt liegt in den afrikanischen und
vorderasiatischen Steppen.
Dateianhänge
Kamera: EOS500D
Objektiv: EFS 55-250mm
Belichtungszeit: 1/640
Blende: 9,0
ISO: 800
Beleuchtung:
Bildausschnitt ca.: 100%
Stativ:nein
---------
Aufnahmedatum: 10.07.2010
Region/Ort: Cevennen
Lebensraum: Steppen
Artenname:Palpares libelluloides
NB
sonstiges: s. Text oben
IMG_1044_1 Riesenhafte - Palpares libelluloides.jpg (487.62 KiB) 8487 mal betrachtet
IMG_1044_1 Riesenhafte - Palpares libelluloides.jpg
Kamera: EOS500D
Objektiv: EFS 55-250mm
Belichtungszeit: 1/250
Blende: 5,6
ISO: 200
Beleuchtung:
Bildausschnitt ca.: 100%
Stativ:nein
---------
Aufnahmedatum: 11.07.2010
Region/Ort: Cevennen
Lebensraum: Steppen
Artenname:Palpares libelluloides
NB
sonstiges: s. Text oben
IMG_1208.jpg (493.8 KiB) 8487 mal betrachtet
IMG_1208.jpg
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Thomas Hinsche
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Beiträge: 197
Registriert: 31. Jul 2010, 16:21
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Vorname: Thomas

Beitragvon Thomas Hinsche » 11. Aug 2010, 20:40

Beeindruckend- ich habe viel über dieses Insekt dazu gelernt!
Gruß Thomas
http://www.naturfotografie-hinsche.de

Natur zwischen Mulde und Elbe!
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Alan
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Beiträge: 5164
Registriert: 19. Jul 2009, 22:21
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Vorname: Alan

Beitragvon Alan » 6. Sep 2010, 19:50

Hallo,

diese Doku ist der Hammer. Die Informationen sind sehr interessant
und die gezeigten Fotos hauen mich um.

Hier mein Beitrag. Unzählige Trichter konnte ich finden. Werde meine
Augen nach den Jungfern offenhalten...
Dateianhänge
Aufnahmedatum: 05.09.2010
Region/Ort: BB
Lebensraum: Heidelandschaft
IMG_1378_ameisenloewe.jpg (492.24 KiB) 8148 mal betrachtet
IMG_1378_ameisenloewe.jpg
Gruß
Alan

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