Die Wildbiene des Jahres 2013: Die Zweifarbige Schneckenhaus

Interessante Beobachtungen aus dem Leben unserer Makromotive oder unserer Naturmotive mit dokumentarischem Charakter
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wolfdegen
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Die Wildbiene des Jahres 2013: Die Zweifarbige Schneckenhaus

Beitragvon wolfdegen » 28. Jan 2013, 22:50

Hallo, liebes Forum,
hier meine Textbearbeitung zur Wildbiene des Jahres, zur Zeit noch ohne Bilder....
Vielleicht hat sie schon jemand auf der FP, wenn nicht, so lasst uns ab März suchen.
Sie ist eine sehr interessante Solitärbiene, schon allein wegen ihrer Lebensweise und sicher
ein schönes Makromotiv.


Die Wildbiene des Jahres: Zweifarbige Schneckenhausbiene – Osmia bicolor

Das Kuratorium „Wildbiene des Jahres“ hat die Zweifarbige Schneckenhaus- Mauerbiene
zur Wildbiene des Jahres 2013 erklärt.

In Deutschland leben über 500 Wildbienenarten.
Wegen Einengung der Lebensräume sind viele Wildbienenarten
heute bedroht (Monokulturen, Einsatz von Pestiziden).
Osmia bicolor kommt noch in vielen Teilen Deutschlands vor,
und gilt gegenwärtig noch nicht als gefährdet.
Auch sie leidet unter fortschreitender Verarmung unserer Umwelt.

Artenbeschreibung:

Merkmale:
Ca 8-10 mm große Solitärbiene mit schwarzem Kopf und Thorax,
hummelartiger rötlicher Pelz auf dem gesamten Abdomen, Körperform schlank.

mögliche Verwechselung:
1. mit der Gehörnten Mauerbiene Osmia cornuta (Farben etwa gleich,
aber im Gegensatz zu Osmia bicolor 12-16 mm groß und Weibchen
haben am Kopf zwei hervorstehende Hörner)
2. mit der Steinhummel Bombus lapidarius: ebenfalls schwarzrote Färbung,
lebt in Völkern (gehäuftes Auftreten) und ist ca. 2 cm groß, Körperform oval.

Verbreitung:
nördliches Südeuropa - südliches Nordeuropa
(In Deutschland Vorkommen überall möglich)

Lebensraum:
Hecken, Brachen, Böschungen, Parks, Waldränder

Lebensweise:
Wie ihr Name schon sagt, nistet die Zweifarbige Schneckenhaus-Mauerbiene
in mittelgroßen leeren Schneckengehäusen der Hainbänderschnecke,
der Samartenhainschnecke und der gefleckten Schnirkelschnecke
– selten auch der Weinbergschnecke.
Im Frühjahr (ab Anfang März) schlüpfen zuerst die Drohnen,
einige Zeit (ca. 14 Tage) später die Weibchen.
Die Weibchen suchen sich geeignete Schneckenhäuser, untersuchen diese,
drehen es schräg mit der Mündung nach unten und
bekleben es von außen fleckenweise mit grünem Pflanzenmörtel.
Danach sammelt die Biene Pollen und Nektar von unterschiedlichen Pflanzen
und trägt diesen Futterbrei ins Schneckenhaus.
Ist genug gesammelt, legt sie darauf ein Ei und baut in den Gang
davor eine Querwand aus Pflanzenmörtel.
In der Regel befindet sich ein einem Schneckenhaus nur eine Brutzelle,
gelegentlich werden auch 2 bis max. 4 Brutzellen beobachtet.

Jetzt trägt sie Steinchen, Holzstückchen und Erdbröckchen ein
und verschließt endgültig das Schneckenhaus mit einem 1-2 cm dicken Pfropfen.

Nun erfolgt für die kleine Biene ein wahrer Kraftakt: Sie dreht das Schneckenhaus so,
dass die Öffnung flach auf dem Boden liegt. Danach tarnt sie das Schneckenhaus
mit viel Material (Grashalme, Kiefernnadeln, kleine Holzstücke),
welches sie stundenlang heranträgt und schräg an das Haus anlehnt.
Das getarnte Haus hat etwa Faustgröße. Der Bau eines Hauses dauert mindestens 5 Tage.

Die Raupe entwickelt sich im Schneckenhaus und überwintert als Kokon,
bevor im Frühjahr des Folgejahres ein neuer Lebenszyklus beginnt.
Wie so oft im Insektenleben lernen die Eltern ihren Nachwuchs nie kennen.
Nach der Versorgung von maximal 7 Nestern stirbt das Weibchen. Den Nestbau
kann man etwa bis Ende Juni beobachten.

Nahrung:
Pollen und Nektar aus 13 Pflanzenfamilien (u.a. Löwenzahn, Hufeisenklee, kriechender Günsel)

Wenn man leere Schneckenhäuser findet,
kann man dieses „Wohnangebot“ an einer geschützten Stelle im Garten auslegen.
Das wird sehr gern angenommen.

Bei Funden von Osmia biocolor sollte eine Meldung an www.wildbiene-kataster.de
erfolgen.

Quellen und Literaturverweise:
www. Wildbienen-Kataster.de (Flayer dwonloadbar)
www. Naturspaziergang.de /Nebenseiten/wildbiene_2013.htm
www.lpv-altötting.de/[I]
Dateianhänge
NdJ-osmia.jpg (44.73 KiB) 4220 mal betrachtet
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Zuletzt geändert von wolfdegen am 29. Jan 2013, 06:46, insgesamt 3-mal geändert.
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Beitragvon Gabriele » 29. Jan 2013, 05:00

Hallo Wolfgang,

das ist ein ganz toller Artikel. Habe wieder was
dazu gelernt und werde ab jetzt viel bewusster
auf die Schneckenhäuser achten. "Deine" Biene
hat eine wirklich interessante Lebensweise. Auch
dein Tip mit dem "Wohnungsangebot" gefällt mir.

Vielen Dank :)

LG Gabriele
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Beitragvon böbbelö » 29. Jan 2013, 08:24

Hallo Wolfgang,

sehr schön geworden, dein Text, ist sehr informativ. Gedanklich wandere ich schon dauernd durch meinen
Garten und suche nach geeigneten Stellen, an denen man vielleicht ein paar Schneckenhäuser drapieren
könnte... :D
Viele Grüße

Gudrun
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Beitragvon hsbonn » 29. Jan 2013, 12:44

Hallo Wolfgang,
das sind sehr interessante Infos zu diesem schönen Tierchen.
Ich habe hier noch einen Link zu einem Flyer mit Bildern http://www.wildbienen-kataster.de/login ... wb2013.pdf


vG
Detlef
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Es ist zwar schon alles mal fotografiert worden, aber längst noch nicht von jedem.
Frei nach Karl Valentin.
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Beitragvon Werner Buschmann » 29. Jan 2013, 13:37

Hallo Wolfgang,

reife Leistung.

Deinen Beitrag habe ich mit Interesse
gelesen.

Werner
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Werner
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Beitragvon dlapinsky » 29. Jan 2013, 15:05

Servus Wolfgang,
ein toller informativer Beitrag!
Hut ab!
Liebe Grüße
Reinhard

Die Menschen stolpern nicht über Berge, sondern über Maulwurfshügel. - Konfuzius
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Beitragvon rincewind » 29. Jan 2013, 16:52

Hallo Wolfgang,

das muß ich meinen Jungs zu lesen geben, ich wette die suchen
dann noch mehr nach leeren Schneclenhäusern um sie entsprechend im Garten
zu drapieren.
Danke für die tolle Arbeit.


LG Silvio
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Beitragvon wolfdegen » 2. Feb 2013, 12:22

Hallo
danke für Eure anerkennenden Worte. Die Beschäftigung mit den Wildbienen hat mir Spaß gemacht. Nun hoffe ich, dass mir im Frühjahr auch ein paar ordentliche Bildchen davon gelingen.

Bei Youtube kann man auch ein paar kleine Filmchen über die Zweifarbige Schneckenhaus-Mauerbiene finden.

Freundliche Grüße
Wolfgang
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Beitragvon Corela » 3. Feb 2013, 09:19

Hallo Wolfgang,

das ist ein sehr interessanter und informativer Beitrag.
Nun frage ich mich, wo bekomme ich leere passende Schneckenhäuser her.
In meiner Kräuterecke wäre noch so manches Plätzchen frei.
lG
Conny


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Beitragvon Ajott » 16. Feb 2013, 16:01

Hi Wolfgang,

das ist wirklich ein Super Textbeitrag geworden!
Ich bin ein großer Fan von Wildbienen, auch wenn ich nur einige von ihnen zuverlässig erkenne bisher. Aber viele zeigen so spannende Verhaltensweisen.. da ist die von dir vorgestellte Art keine Ausnahme.
Ich hatte mal auf der Festplatte geschaut, weil ich mich erinnerte, noch ein paar Osmia-Bilder zu haben.. sind allerdings alles Osmia bicornis. Und so freue ich mich darauf, dieses Frühjahr mal besonders gezielt hinzuschauen.

liebe Grüße
Aj
Wer an allem zweifelt sollte darauf achten, dass gesunde Skepsis nicht bald zur blinden Paranoia wird.

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