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Brackwassergarnelen - Palaemonetes varians

Verfasst: 15. Dez 2011, 09:55
von StefH
Hallo zusammen,
diese flinken Gesellen leben seit gut 2 Wochen bei mir im Aquarium. Eigentlich ebenfalls als Lebendfutter für den Triops. Aber er mochte sie nicht.
Aber ich schmolz dahin. Diese kleinen lebhaften Garnelchen sind sowas von schön zu beoachten, sie sind überhaupt nicht scheu, wenn man ins Aquarium greift, hängen sie gleich an der Hand und kniebeln daran herum.
Geliefert wurden sie in 2 mal 90ml Brackwasser, jeweils 10 Stück in einem verschweißten Beutel, das war mehr als Sardinendose :?

Brackwassergarnelen gibt's in Ostsee, Nordsee, Atlantik und Mittelmeer, hauptsächlich im Mündungsbereich von Flüssen, aber auch öfter in Hafenbecken. Sie sind sehr robust, vertragen Temperaturen von 5-25°, fast beliebige Salzkonzentrationen, selbst im Süßwasser überleben sie mehrere Monate. Sie verfügen über ein ausgeklügeltes System, sich an die schwankenden Salzkonzentrationen anzupassen. Sie werden max. 5-6 cm groß (hier schwanken die Angaben). Bestimmt werden sie am Rostrum (eine dornenbewehrte Platte zwischen den Augen), anhand der Form und der Anzahl der Dornen.
Die Brackwassergarnelen zählen zum Primitivtyp, d.h. ihre Larven brauchen für die Entwicklung Meerwasser (ähnlich wie die Amanogarnelen), in freier Wildbahn werden sie durch die Strömung dorthin gespült. Dort ernähren sie sich hauptsächlich von winzigen Rädertierchen (Zooplankton).
Die kleinen Brackwassergarnelen sind fast farblos, tragen aber ein feines Punktemuster. Sie sind sehr gesellig und friedlich. Sie verstecken sich nicht wie andere Garnelen, sondern leben frei auf Steinen, Kies und Algen.

Zum Körperbau:
Garnelen haben einen 2-teiligen Körperbau, vorne der Cephalothorax (abgedeckt vom steifen Carapax (Rückenschild) und hinten das Abdomen, das bewegliche Segmente hat.
Sie haben 2 Arten von Beinen, vorne 10 Schreitbeine (Peraeopoden), davon haben die vorderen 2 Paare kleine Scheren, hinten nhaben die Garnelen 5 Schwimmbeinpaare (Pleopoden). Am Körperende sitzen noch die fächerartigen Uropoden (Schwanzfächer).

Garnelen können sehr gut sehen und nehmen auch geringste Bewegungen wahr. Anders als bei Insekten sind ihre Facetten quadratisch und nicht wabenförmig.
Die 2 kürzeren Antennenpaar dienen dem Geschmacks- und Geruchssinn, die 2 langen Antennen dem Tastsinn.

Ernährung:
Sie fressen alles. Knabbern sehr gerne Algen von Steinen, fressen sehr gerne kleine Artemia (*seufz*), Mückenlarven, Garnelen- und Fischfutter. Stirbt ein Artgenosse, wird auch der verspeist. Allerdings jagen sie sich nicht gegenseitig. Auch als sie zu zehnt im Folienbeutel waren, wurde keiner gefressen.

Wenn jemand an Ost- oder Nordsee wohnt und gaaanz zufällig über Meeressalat, Fadenalgen oder Darmtang stolpert, würden wir uns sehr freuen, denn Frischkost lieben die kleinen (Porto wird selbstverständlich ersetzt :DD ). Derzeit haben sie nur Rotalgen zum knabbern.

Verfasst: 15. Dez 2011, 10:38
von Merlincat
Hi Steffi,

vielen Dank für diese umfangreiche Dokumentation über
die Brackwassergarnelen mit hervorragenden Bildern von
diesen kleinen Tierchen. Besonders das Bild mit den
Schwimmbeinchen zeigt sehr viele Details, die ich so nocht
nicht wahrgenommen hatte.
Danke Dir.

Verfasst: 15. Dez 2011, 10:49
von wolfram schurig
Hi Stefanie!

Immer wieder toll, was du aus deinem Aquarium präsentieren kannst! Sehr schöne und technisch beeindruckende Detail- und Verhaltensaufnahmen und lehrreiche Infos.

Vielleicht könnte man noch ergänzen, dass es neben dem primitiven Fortpflanzungstyp, den Du beschrieben hast auch noch Garnelen mit direkter Entwicklung gibt! Hierbei werden die Eier solange von den Weibchen umhergetragen, bis schließlich die kleinen Granelchen schlüpfen. Diese sind keine Larven, sondern sehen gleich aus wie die "Großen".

LGr

Wolfram

Verfasst: 15. Dez 2011, 10:55
von Corela
Hallo Stefanie,

eine faszinierende Welt, die uns hier mit tollen Bildern und einem interessanten Bericht vorstellst.
Klasse gemacht.

Verfasst: 16. Dez 2011, 08:59
von PenOly
Hi Stefanie,

alles gesagt, kann mich da den Vorkommentaren nur anschließen.
Ganz zauberhafte Bilder!

Verfasst: 30. Jan 2012, 10:14
von StefH
Mal wieder ein kleines Update, diesmal mit ein paar Detailaufnahmen.

Garnelen haben als Hilfe für den Gleichgewichtssinn zwei kleine Steinchen in zwei innen mit feinen Härchen ausgekleideten Blasen (Statozysten) an den Antennenbasen (ca. zwischen den Augen). Diese Steinchen heißen Statolithen.
Durch die Schwerkraft drücken die Steinchen (oft Sandkörnchen) je nach Lage der Garnele auf unterschiedliche Härchen in der Statozyste. So kann die Garnele jederzeit ihre Lage bestimmen und korrigieren.
Bei der Häutung gehen diese Steinchen verloren und müssen ersetzt werden.

Die großen am Rand mit feinen Härchen besetzten "Paddel" sind die Scaphoceriten, sie leiten den Atemwasserstrom von den Sensoren der Antennen weg.

Verfasst: 30. Jan 2012, 20:38
von wolfram schurig
Hi Stefanie!

Vielen Dank für die lehrreichen Ergänzungen! Ich hatte vom Tuten und Blasen wiedermal keine Ahnung....

LGr

Wolfram

Verfasst: 30. Jan 2012, 21:15
von Guppy
Hallo Stefanie
Wunderschön hast du das Futter abgelichtet.
Die Schwimmbeine auf dem zweiten Bild finde ich
speziell schön.
Vielen Dank für die vielen Informationen,
sehr interessant.

Gut Licht

Kurt

Verfasst: 30. Jan 2012, 22:35
von Harald Esberger
Hallo Stefanie

sehr interessante Doku.

mit sehr schönen Bildern, besonders das 5te hat

es mir angetan.


LG Harald

Verfasst: 31. Jan 2012, 21:01
von Werner Buschmann
Hallo Stefanie,

Danke für die ausführlichen Informationen
und die gelungenen Bilder.
Wirken richtig sympathisch, die Kleinen.

Werner