Der Blattlose Widerbart - ORCHIDEE DES JAHRES 2014
Verfasst: 11. Jan 2014, 01:21
Der Blattlose Widerbart – Epipogium aphyllum
Fotos auf Seite 2
Gattung/Art:
Weltweit sind nur zwei Arten der Gattung Epipogium bekannt, eine, nämlich E. aphyllum, davon
kommt in Europa vor.
Vegetative Merkmale:
5 cm bis selten 30cm, hohe Triebe schieben Ende Juli aus einem korallenartigem Rhizom. Der meist
bräunlich gefärbte Stängel ist unten leicht verdickt aber sehr fragil. Die Pflanze verfügt über keine
Laubblätter und nur wenige Schuppenblätter. Die Tatsache, dass E. aphyllum chlorophyllfrei ist bedingt,
dass sie lebenslang auf eine Pilzsymbiose angewiesen ist. Auch beim Keimen ist E. aphyllum auf die
Infektion mit dem entsprechenden Wurzelpilz angewiesen.
Blüte:
Die Blüten bilden sich schon unterirdisch aus und bilden einen meist kurzen Blütenstand mit 2-3 Blüten.
Oftmals liesst man auch, dass E. aphyllum unterirdisch blühen
würde. Ich kann weder das eine noch das andere beweisen, aber aus dem Bauch heraus würde ich es
einfach mal anzweifeln. Es gibt Beobachtungen von Epipogium, die wenn sie durch einen Stein,
Ast oder dickes Laub daran gehindert werden, auch so unter etwas die Blüte öffnen. Das ist oftmals
mit "unterirdisch blühen" gemeint.
Selten bildet sich ein langer Blütenstand mit bis zu 10 Blüten aus. Die Blüten selber sind recht groß und
bestehen aus gelblichen, sehr ähnlich anmutenden Sepalen und Petalen die bei der nicht resupinierten
Blüte nach unten weisen (Normalerweise sind Orchideenblüten resupiniert, bedeutet sie drehen sich bis
zum Aufblühen um 180 Grad, das Labellum (die Lippe) zeigt dann also nach unten, Sepalen & Petalen
nach oben oder zur Seite) . Das Labellum der Blüte ist dreigeteilt, weiß gefärbt mit mehreren Reihen
roter Papillen. Am Ansatz bildet die Blüte einen bis 10mm langen, sackförmigen und nach oben gebogenen
Sporn aus. Die Brakteen (Stützblätter der Blüten) wirken membranartig und sind etwas länger als der
Fruchtansatz.
Der Geruch der nektarführenden Blüten wird als der von Bananen beschrieben.
Vegetationszyklus:
Mitte Juli treibt die Pflanze überirdisch aus und blüht bis Anfang August (es wird aber auch von ersten
offenen Blüten Ende Juni berichtet.)
Die Blüte ist sehr unstet und setzt oftmals mehrere Jahre aus, was eine Bestandskontrolle erschwert.
Bestäuber:
In der Literatur finden sich kaum Beschreibungen des Bestäubungsvorganges oder möglicher Bestäuber.
Wenn, dann finden sich Berichte über Bombus terrestris (Dunkle Erdhummel) eine häufig vorkommende
und recht große Hummelart. Diese vollführt ein artistisches Manöver und landet kopfüber auf der Blüte.
Um an den Nektar, der sich im nach oben gebogenen Sporn befindet, zu kommen, muss sie nun komplett
in die Blüte kriechen. Die besondere Morphologie der Blüte ermöglicht nur diesen frontalen Zugang zum
Sporn, ein seitliches (und somit den Bestäubungsmechanismus umgehendes) Manöver ist nicht möglich.
Nach der Nektaraufnahme, quasi auf dem Rückweg bekommt die Hummel die Polinarien an den Kopf geklebt
und ermöglicht so die Bestäubung der nächsten Blüte.
Lebensraum und Vorkommen:
Von Europa bis Japan weit verbreitete aber seltene Orchidee.
Auf basenreichem oder leicht sauerem, feuchten, nährstoffreichen, lockerem, moosigen Boden in naturbelassenem
Laub- (meist Buchen) oder Nadelwald (Fichten und Tannen). In Deutschland bis zu einer Höhe von 1500 m,
im Himalaya bis 4000 m.
Schutz und Gefährdung:
Rote Liste Deutschland: 2
Sehr selten. Reagiert empfindlich auf zu viel Licht durch z.B. Holzeinschlag.
Die Rückgänge im Bestand wird aber auch auf klimatische Veränderungen zurückgeführt. Höhere
Temperaturen führen zur Abnahme von Boden- und Luftfeuchte etc…
Auf Grund der symbiotischen oder auch parasitären (ich konnte keinen Hinweis finden was E. aphyllum mit
in die Ehe bringt) Bindung an den Pilz wirkt sich natürlich auch dessen Schädigung auf die Bestände aus.
So führt wohl auch der Stickstoffeintrag über die Luft, der den Pilz schädigt zu rückläufigen Beständen.
Verwechslungsgefahr:
Eine Verwechslungsgefahr besteht bei dieser außergewöhnlichen Orchidee nicht mit anderen Orchideen, sondern
ehr, aus der Enfernung, mit dem Fichten- oder Buchenspargel (Monotropa sp.). Ist man aber in der glücklichen
Lage direkt vor einem blühenden Exemplar zu stehen sind Verwechslungen praktisch ausgeschlossen.
Variationsbreite und Hybridisierung:
Als einzige, in Europa vorkommende, Art der Gattung ist es wenig verwunderlich, dass keine Hybriden
bekannt und auch nicht zu erwarten sind.
Die Variationsbreite ist ehr gering. Es sind weißblühende und/oder weißstängelige Exemplare bekannt,
aber extrem selten.
Literatur Hinweise (und auch Empfehlungen):
Orchideen der Rhön | Marco Klüber
Die Orchideen Deutschlands und angrenzender Länder | Horst Kretzschmar
Orchids of Europe, North Africa and the Middle East | Pierre Delforge
The Flower of the european Orchid – Form and Function | J. Claessens & J. Kleynen
Allgemeiner Hinweis:
Leider habe ich kein Bildmaterial, darum der Aufruf:
Bitte, bitte, wer Bilder dieser Art hat, unterstützt die trockenen Worte von oben, denn ein Bild sagt
mehr als ... naja, Ihr wisst schon!
Möglicherweise entdeckt Ihr inhaltliche Fehler in meinen Ausführungen, zögert bitte nicht und
weisst mich, per PN oder im Thread darauf hin, dass ich korrigierend tätig werden kann.
Vielen Dank an Sebastian Hennigs für zusätzliche Infos und die Bilder
auf Seite zwei
Fotos auf Seite 2
Gattung/Art:
Weltweit sind nur zwei Arten der Gattung Epipogium bekannt, eine, nämlich E. aphyllum, davon
kommt in Europa vor.
Vegetative Merkmale:
5 cm bis selten 30cm, hohe Triebe schieben Ende Juli aus einem korallenartigem Rhizom. Der meist
bräunlich gefärbte Stängel ist unten leicht verdickt aber sehr fragil. Die Pflanze verfügt über keine
Laubblätter und nur wenige Schuppenblätter. Die Tatsache, dass E. aphyllum chlorophyllfrei ist bedingt,
dass sie lebenslang auf eine Pilzsymbiose angewiesen ist. Auch beim Keimen ist E. aphyllum auf die
Infektion mit dem entsprechenden Wurzelpilz angewiesen.
Blüte:
Die Blüten bilden sich schon unterirdisch aus und bilden einen meist kurzen Blütenstand mit 2-3 Blüten.
Oftmals liesst man auch, dass E. aphyllum unterirdisch blühen
würde. Ich kann weder das eine noch das andere beweisen, aber aus dem Bauch heraus würde ich es
einfach mal anzweifeln. Es gibt Beobachtungen von Epipogium, die wenn sie durch einen Stein,
Ast oder dickes Laub daran gehindert werden, auch so unter etwas die Blüte öffnen. Das ist oftmals
mit "unterirdisch blühen" gemeint.
Selten bildet sich ein langer Blütenstand mit bis zu 10 Blüten aus. Die Blüten selber sind recht groß und
bestehen aus gelblichen, sehr ähnlich anmutenden Sepalen und Petalen die bei der nicht resupinierten
Blüte nach unten weisen (Normalerweise sind Orchideenblüten resupiniert, bedeutet sie drehen sich bis
zum Aufblühen um 180 Grad, das Labellum (die Lippe) zeigt dann also nach unten, Sepalen & Petalen
nach oben oder zur Seite) . Das Labellum der Blüte ist dreigeteilt, weiß gefärbt mit mehreren Reihen
roter Papillen. Am Ansatz bildet die Blüte einen bis 10mm langen, sackförmigen und nach oben gebogenen
Sporn aus. Die Brakteen (Stützblätter der Blüten) wirken membranartig und sind etwas länger als der
Fruchtansatz.
Der Geruch der nektarführenden Blüten wird als der von Bananen beschrieben.
Vegetationszyklus:
Mitte Juli treibt die Pflanze überirdisch aus und blüht bis Anfang August (es wird aber auch von ersten
offenen Blüten Ende Juni berichtet.)
Die Blüte ist sehr unstet und setzt oftmals mehrere Jahre aus, was eine Bestandskontrolle erschwert.
Bestäuber:
In der Literatur finden sich kaum Beschreibungen des Bestäubungsvorganges oder möglicher Bestäuber.
Wenn, dann finden sich Berichte über Bombus terrestris (Dunkle Erdhummel) eine häufig vorkommende
und recht große Hummelart. Diese vollführt ein artistisches Manöver und landet kopfüber auf der Blüte.
Um an den Nektar, der sich im nach oben gebogenen Sporn befindet, zu kommen, muss sie nun komplett
in die Blüte kriechen. Die besondere Morphologie der Blüte ermöglicht nur diesen frontalen Zugang zum
Sporn, ein seitliches (und somit den Bestäubungsmechanismus umgehendes) Manöver ist nicht möglich.
Nach der Nektaraufnahme, quasi auf dem Rückweg bekommt die Hummel die Polinarien an den Kopf geklebt
und ermöglicht so die Bestäubung der nächsten Blüte.
Lebensraum und Vorkommen:
Von Europa bis Japan weit verbreitete aber seltene Orchidee.
Auf basenreichem oder leicht sauerem, feuchten, nährstoffreichen, lockerem, moosigen Boden in naturbelassenem
Laub- (meist Buchen) oder Nadelwald (Fichten und Tannen). In Deutschland bis zu einer Höhe von 1500 m,
im Himalaya bis 4000 m.
Schutz und Gefährdung:
Rote Liste Deutschland: 2
Sehr selten. Reagiert empfindlich auf zu viel Licht durch z.B. Holzeinschlag.
Die Rückgänge im Bestand wird aber auch auf klimatische Veränderungen zurückgeführt. Höhere
Temperaturen führen zur Abnahme von Boden- und Luftfeuchte etc…
Auf Grund der symbiotischen oder auch parasitären (ich konnte keinen Hinweis finden was E. aphyllum mit
in die Ehe bringt) Bindung an den Pilz wirkt sich natürlich auch dessen Schädigung auf die Bestände aus.
So führt wohl auch der Stickstoffeintrag über die Luft, der den Pilz schädigt zu rückläufigen Beständen.
Verwechslungsgefahr:
Eine Verwechslungsgefahr besteht bei dieser außergewöhnlichen Orchidee nicht mit anderen Orchideen, sondern
ehr, aus der Enfernung, mit dem Fichten- oder Buchenspargel (Monotropa sp.). Ist man aber in der glücklichen
Lage direkt vor einem blühenden Exemplar zu stehen sind Verwechslungen praktisch ausgeschlossen.
Variationsbreite und Hybridisierung:
Als einzige, in Europa vorkommende, Art der Gattung ist es wenig verwunderlich, dass keine Hybriden
bekannt und auch nicht zu erwarten sind.
Die Variationsbreite ist ehr gering. Es sind weißblühende und/oder weißstängelige Exemplare bekannt,
aber extrem selten.
Literatur Hinweise (und auch Empfehlungen):
Orchideen der Rhön | Marco Klüber
Die Orchideen Deutschlands und angrenzender Länder | Horst Kretzschmar
Orchids of Europe, North Africa and the Middle East | Pierre Delforge
The Flower of the european Orchid – Form and Function | J. Claessens & J. Kleynen
Allgemeiner Hinweis:
Leider habe ich kein Bildmaterial, darum der Aufruf:
Bitte, bitte, wer Bilder dieser Art hat, unterstützt die trockenen Worte von oben, denn ein Bild sagt
mehr als ... naja, Ihr wisst schon!
Möglicherweise entdeckt Ihr inhaltliche Fehler in meinen Ausführungen, zögert bitte nicht und
weisst mich, per PN oder im Thread darauf hin, dass ich korrigierend tätig werden kann.
Vielen Dank an Sebastian Hennigs für zusätzliche Infos und die Bilder
auf Seite zwei