2. Heuschrecken - immer sprungbereit - Einführung in die Welt der Heuschrecken Teil 2

Die Hinterbeine der Heuschrecken sind zu charakteristischen Sprungbeinen ausgebildet, die die Tiergruppe unverwechselbar macht. Es werden Langfühlerschrecken (Ensifera) und Kurzfühlerschrecken (Caelifera) unterschieden, die durch die Länge ihrer Antennen zugeordnet werden können. Viele mitteleuropäische Arten sind zur artspezifischen Lauterzeugung fähig und können daher auch anhand ihres Gesangs unterschieden werden. Neben den typischen Grashüpfern und Heupferden finden sich hier auch die Grillen.
Heuschrecken - alle Arten Deutschlands im Foto

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Jürgen Fischer
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2. Heuschrecken - immer sprungbereit - Einführung in die Welt der Heuschrecken Teil 2

Beitragvon Jürgen Fischer » 9. Apr 2020, 21:58

Dieser Artikel soll in die Thematik Heuschrecken und in die Heuschreckenarten Deutschlands einführen und Lust machen, sich mit unserer Artengalerie Heuschrecken, die Bilder und Artenportraits von allen Heuschrecken Deutschlands enthält, auseinanderzusetzen.

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Welche Heuschrecke ist das?

Direktzugang zu den einzelnen Familien und Heuschreckenarten:
Heuschrecken - Heuschreckenarten - Heuschrecken Artenportraits

Ein empfehlenswertes Bestimmungsbuch für Heuschrecken ist:

Die Heuschrecken Deutschlands und Nordtirols
ISBN 978-3-494-01670-2
Best.-Nr. 494-01670

Der zweite Teil des Artikels "Immer sprungbereit - ............" soll nun einige weitere ausgewählte Bereiche des Lebens unserer Heuschrecken beleuchten:

Paarung bei den Heuschrecken oder
wie feiern Heuschrecken Hochzeit?


Wenn Heuschrecken Hochzeit feiern, sind die Spielregeln weitgehend festgelegt. Durch artspezifische Balzrituale, Gesänge oder andere Lautäußerungen (siehe Bildcollagen 9+10 aus Teil 1), aber auch durch optische Erkennung, wird eine Fehlbegattung in der Regel vermieden. Trotzdem unterscheidet sich die Fortpflanzung der Langfühlerschrecken in einigen Punkten so auffällig von der der Kurzfühlerschrecken, dass eine gesonderte Betrachtung erforderlich ist:

Bildcollage 1: "Langfühlerhochzeit"
Bei dieser Gruppe ergreift das Weibchen meist die Initiative. Angelockt vom Gesang (sofern "gesungen" wird), klettert das Weibchen auf den Rücken des Männchens (Bild A+B). Dieses presst seine Geschlechtsöffnung an die des Weibchens und übergibt eine mehr oder weniger große, gallertartige und Spermien enthaltende Masse, die am Weibchen kleben bleibt (Bild C+D). Nach der Trennung der beiden frisst das Weibchen diese eiweißhaltige Substanz, während gleichzeitig genügend Samenzellen eindringen, um eine Befruchtung sicherzustellen.

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Bildcollage 2: "Kurzfühlerhochzeit"
Hier ist meist das Männchen der aktivere Part (Bild E: Chorthippus mollis). Nach einer Balzphase, meist von einem Werbegesang begleitet, der sich vom Lockgesang unterscheidet, wird das paarungswillige Weibchen bestiegen (Bild F: Podisma pedestris). Beide Geschlechtsteile verhaken sich fest miteinander, sie passen zueinander wie Schlüssel und Schloss (Bild H). Die Verbindung, die je nach Art sehr unterschiedlich lange dauern kann, ist teilweise so fest, dass bei einer eventuellen Flucht des Weibchens das meist kleinere Männchen hilflos nachgeschleift wird (Bild G: Myrmeleotettix maculata).

Eiablage bei den Heuschrecken


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Bildcollage 3: Eiablage bei Ensifera
Weibchen der Ensifera (Langfühlerschrecken) haben bis auf die Maulwurfgrille einen auffälligen Ovipositor (Legeröhre). Da dieser tief in das Ablagesubstrat eingeführt werden muss, ist er meist spitz oder mit sägeartigen Zähnchen besetzt (Bild L: sichelartige Legeröhren bei Sichelschrecken) / (Bild M: säbelartige Legeröhre bei Säbelschrecken). Die Form und Länge der Legeröhre ist auch oft ein sehr gutes und sicheres Bestimmungsmerkmal. Viele Ensifera-Arten legen die Eier im Boden ab (Bild I: Platycleis albopunctata). Baumbewohner wie die Nadelholzsäbelschrecke legen gerne in Rindenspalten ab (Bild J). Roesels Beissschrecke prüft vor der Ablage in Grashalme die Markhaltigkeit der Stängel mit einem Biss, bevor sie dann mit der kurzen Legeröhre die Eier platziert.
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Bildcollage 4: Eiablage bei Caelifera
Da den Kurzfühlerschrecken lange Legeröhren durchgängig fehlen (Bild N zeigt die Legeröhrenklappen einer Goldschrecke), müssen die Weibchen hier allein mit der Länge ihres Hinterleibes die Eier möglichst tief im Boden versenken (Bild P: Calliptamus italicus). Das Abdomen (Hinterleib) ist deshalb während der Schwangerschaft sehr dehnbar und kann eine ungewöhnliche Länge erreichen. Die Legeröhrenklappen sind sehr spreizbar und fungieren bei der Grabarbeit wie kleine Baggerschaufeln (Bild O: Chorthippus albomarginatus). Während die meisten Caelifera im Boden ablegen, bevorzugt die Kleine Goldschrecke eine Ablage ihres Eipaketes in der Vegation. Gerne werden auch Eikokons von Sackspinnen "missbraucht" ( (Bild Q).
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Woher kommen die Heuschrecken?
Heuschrecken schlüpfen als Heuschreckenlarven aus Eiern.


Bildcollage 5: Schlupf und Larve
Während bei den Langfühlerschrecken pro Ablagepaket meist nur wenige Eier abgelegt werden (Bild S zeigt den Schlupf einer Gewächshausschrecke), sind bei den Ablagepaketen der Kurzfühlerschrecken fast immer mehr Eier enthalten. So kann mit viel Glück der "Massenschlupf" kleiner Kurzfühlerschrecken beobachtet werden (Bild R: Oedipoda germanica beim "Schlupfevent"). Schlüpfen mehrere Larven gleichzeitig, kann dies durchaus zu einer etwas höheren Überlebenschance beitragen.
Die Zeit zwischen Ablage und Schlupf ist in der Regel auf ein Halbjahr begrenzt. Widrige Umstände können aber auch durchaus bisweilen zu einer längeren (mehrjährigen) Diapause führen.
Kurz nach dem Schlupf besitzen die Larven weder Geschlechtsorgane noch erkennbare Flügel. Nach kurzer Zeit sind die Flügel als kleine Schüppchen erkennbar (Bild T: Roesels Beissschrecke im 2. Larvenstadium). Vor der Imaginalhäutung sind bei manchen kurzflügeligen Arten die ja ebenfalls kurzflügeligen Larven auf den ersten Blick nicht mehr von den adulten Tieren zu unterscheiden. Ein Blick auf die Flügel hilft hier aber sicher weiter: Larvenflügel sind immer "paralleladrig" (Bild U: Larvenflügel von Sphingonotus caerulans), die Flügel adulter Tiere sind immer "netzadrig".

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Was fressen Heuschrecken?
Nahrungsaufnahme bei Heuschrecken


Bildcollage 6: Nahrungsaufnahme bei Heuschrecken

Heuschrecken sind meist wenig spezialisiert bei der Auswahl ihrer Kost. Überwiegend bevorzugen sie allerdings Vegetarisches. Dabei können sie mit ihren starken Mandibeln (Oberkiefer) sowohl Löcher in Blätter fressen (Bild V: Polysarcus denticauda beim "Lochfraß") oder aber Halme oder Blätter von der Seite anknabbern (Bild W: Arcyptera fusca beim "Randfraß"). Immer wird vor dem Verzehr die potenzielle Nahrung mit Hilfe der Kiefertaster und Lippentaster überprüft. Dornschrecken ernähren sich gerne von Moosen und Flechten (Bild Y). Fast rein carnivor sind die beiden Eichenschreckenarten, die bevorzugt Blattläuse überwältigen. Aber auch bei diesen beiden Arten konnte ich schon den Verzehr von Beeren im Garten beobachten. Die Heupferde gelten als kräftige Räuber, die Insekten und andere Heuschrecken zum Fressen gern haben. Bild X zeigt eine Zwitscherschrecke (Tettigonia cantans) beim Verzehr einer Sumpfschrecke. Eine ausschließlich räuberische Art, die aber in Deutschland nicht vorkommt, ist Saga pedo, die Große Sägeschrecke. Sie ist in der Lage, selbst große Insekten wie die Gottesanbeterin oder den Warzenbeißer zu überwältigen. Wohl hauptsächlich während der Zeit der Eireifung scheinen weibliche Schrecken auch nicht abgeneigt zu sein, Mineralien zu sich zu nehmen (Bild Z: Chorthippus pullus frisst Flusssand).
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Welche Feinde haben Heuschrecken?
Tierische Feinde der Heuschrecken.


Bildcollage 7+8: Feinde der Heuschrecken

Die wenigsten tierischen Heuschreckenfeinde sind ausschließlich auf Heuschrecken spezialisiert. So sind Heuschrecken bei vielen Kleinsäugern, Vögeln, Reptilien und Amphibien eine willkommene Beute und stellen eine Art Nahrungsgrundlage dar.
Innerhalb der Insekten sind unter den Hautflüglern einige Arten der Grabwespen auf Heuschreckenbeute spezialisiert. Neben der großen Heuschreckensandwespe (Sphex funerarius (Link)) ist hier z.B. Tachysphex pompiliformis (Bild B) zu nennen, die ausschließlich junge Larven von Grashüpfern lähmt, in selbstgegrabene Erdhöhlen einträgt und mit eigenen Eiern belegt. Die schlüpfenden Wespenlarven ernähren sich dann bis zur eigenen Verpuppung von dem eingetragenen "Frischfleisch". Der Hunger mancher großer Heuschreckenarten auf andere Heuschrecken wurde ja bereits angesprochen (Bild D: Zwitscherschrecke frisst Sumpfschrecke). Auch Raubfliegen verschmähen Heuschreckenbeute nicht, kleine Grashüpferarten gehören durchaus zu ihrem Nahrungsspektrum (Bild A : Asilidenart lauert einem Kleinen Heidegrashüpfer auf). Nicht immer als Fressfeind, dafür aber extrem lästig erweisen sich auch Ameisen. Das Bild C zeigt die Larve einer Gefleckten Schnarrschrecke, die lange Zeit nicht zur ungestörten Nahrungsaufnahme kommt, weil sie permanent von einer einzelnen, patrouillierenden Ameise gebissen wird. Häufen sich solche Attacken, können kleine Populationen der Schrecken durchaus Schaden nehmen.

Webspinnen haben es in einer Millionen Jahre währenden, genialen Koevolution "geschafft", den Insekten in die Lüfte zu folgen. Fliegen war ihnen selbst zwar nicht möglich, aber das Aufstellen von Netzen in den Flugschneisen der Insekten ist doch ein sehr raffinierter und effektiver Schachzug. Sehr häufig gehen z.B. Grashüpferarten und Ödlandschrecken in die, am Stabiliment" leicht erkennbaren, Netze der Wespenspinne (Bild E: Argiope bruennichi mit eingesponnenem Weißrandigen Grashüpfer). Selbst Jungspinnen der Art erbeuten hauptsächlich Heuschrecken und folgerichtig eben vorwiegend Heuschreckenlarven (Bild G). Argiope legt dabei ihr Netz meist 20-40 cm über dem Boden an, sodass sie damit einen recht eng begrenzten Korridor "bekeschert". So wird auch eine größere Konkurrenz mit Araneus quadratus (Vierpunkt-Radnetzspinne) vermieden, deren Netze in der Regel höher hängen. In Bild H musste eine Große Sumpfschrecke dran glauben. Bei einer großen Populationsdichte von Wespenspinnen und Vierpunkt-Radnetzspinnen kann man sich leicht vorstellen, dass das Leben der Hüpfer häufig buchstäblich nicht nur am, sondern auch im seidenen Faden hängt.
Spinnen, die den abenteuerlichen Weg in die Luft nicht oder nur begrenzt mitgemacht haben, wie die Labyrinthspinne (Agalena labyrinthica), müssen trotzdem nicht auf Heuschreckenbeute verzichten. Schließlich halten sich viele Schreckenarten konsequent am Boden auf, wie z.B. die Dornschrecken oder die buntflügeligen Ödlandschrecken. Bild F zeigt den Röhreneingang der Labyrinthspinne, in den ein Männchen des Heidegrashüpfers (Stenobothrus lineatus) gezogen wird. Weitere Beutereste im Netz zeugen vom Erfolg des achtbeinigen Lauerjägers.
Häufig kann man Schrecken finden, die mit kleinen, roten "Knubbeln" besetzt sind (Bild I: Männchen der Roten Keulenschrecke mit saugenden Milbenlarven). Dabei handelt es sich in der Regel um die Larven räuberischer Laufmilben, wie z.B. der Roten Samtmilbe. Im Larvenstadium saugen diese Spinnentiere gerne an Segmentnähten zwischen Flügelansätzen oder Hinterleibsringen der Heuschrecken. Kommt es dabei nicht zu einem Massenbefall, nimmt die Schrecke dabei erfahrungsgemäß keinen nennenswerten Schaden. Interessanterweise können solche Milben bereits wenige Augenblicke nach einer Metamorphose an den frisch gehäuteten Schrecken gefunden werden (siehe Bildcollage 8 in Teil 1 (Suchbild!)).


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Welche Feinde haben Heuschrecken?
Pilze als Feinde der Heuschrecken.



Bildcollage 9+10: Pilze als Heuschreckenfeinde

Pilze stehen ja etwas ausserhalb der Kategorien "Tiere und Pflanzen" und sind in den meisten Fällen Parasiten, die sich von der Biomasse anderer Lebewesen oder deren Produkten ernähren.
Einen besonders raffinierten und wohl auch etwas "grausigen" Weg, sich an Heuschrecken schadlos zu halten, haben einige Pilze entwickelt. Sie befallen meist in einer Phase warmen und feuchten Wetters Heuschrecken mit Hilfe ihrer Sporen, die dann in das Innere der Opfer eindringen. Dort wächst nun das Pilzmycel heran, bildet eine Vielzahl von Pilzhyphen aus und verstoffwechselt dabei das Heuschreckengewebe von innen her. Der Befall ist erst einmal äußerlich nicht zu erkennen. Ist das Innere der Schrecke jedoch weitgehend aufgebraucht, dann reifen neue Pilzsporen heran, brechen durch den Insektenpanzer nach außen und verlassen den toten Wirt auf dem Luftweg. Erst jetzt sieht man der Heuschrecke an, welches makabre Ende sie nehmen musste, da sie übersät ist von ausgetretenen Pilzsporen. Um einen optimalen Start für die notwendige Neuverbreitung seiner Sporen zu gewährleisten, programmiert der Pilz das "Gehirn" der Heuschrecke so um, dass sie sich nach dem Befall in höhere Vegationsschichten begibt. Dieses erzwungene Klettern nach oben wird als "Wipfeln" bezeichnet. Bei Heuschrecken, die ohnehin oben in der Kraut- oder Grasschicht zu Hause sind, fällt dieses Wipfeln selten sofort auf. Bei Arten aber, die sich sonst fast nur am Boden aufhalten, wie die Dornschrecken oder die Italienische Schönschrecke, ist ein Fund in der oberen Vegetationszone immer "höchst verdächtig".

Bildcollage 8 zeigt das Wipfeln und den Befall bei einigen Caeliferen (Kurzfühlerschrecken). Sie sind am häufigsten betroffen. Ein bekannter Vertreter der Pilze, der dafür verantwortlich zeichnet, ist Entomophaga grylli. Bild K zeigt die Gemeine Dornschrecke (Tetrix undulata), deren normaler Lebensraum der Erdboden ist, wipfelnd an der Spitze eines Halmes. Die Pilzsporen und der Befall sind deutlich zu erkennen. In zwei Meter Höhe auf einem Strauch entstand Bild J. Da ich in dieser Höher nie und nimmer eine Calliptamus italicus (Italienische Schönschrecke) erwartete, schlich ich mich wohl 10 Minuten lang an die Szene an, um ein Foto der ungewöhnlichen Verhaltensweise zu machen, bis ich feststellen musste, dass das Tier bereits durch Pilzbefall gestorben war.
Weitere Kennzeichen eines möglichen Befalls, trotz oft noch intakt erscheinender Außenhülle, sind unnatürlich abstehende Gliedmaßen, die sich stark verkrampft um die Halme klammern, sowie abgebrochene Fühler.
Bildcollage 9 zeigt den seltenen Fall einer befallenen Laubheuschrecke. Mir sind kaum Aufnahmen im Netz oder in der Literatur bekannt, die den Befall von Ensifera dokumentieren. Hier war Isophya krausii betroffen, die Gemeine Plumpschrecke. Der Pilz scheint hier nur aus dem Hinterleib zu quellen, Brust und Kopf blieben verschont. Im frühen Stadium des Befalls erkennt man eine deutliche Verfärbung, beim Ausbruch der Sporen erscheint das Tier dann regelrecht "paniert". Die starke Braunfärbung und Schrumpfung im rechten Bild weist dann schon auf eine innere Verwesung hin.
Die Bilder wurden übrigens in Betzenstein aufgenommen, wo wir (Makrofotografen) 15-20 befallener Exemplare hinter dem Zeltplatz finden konnten (Juli 2013).


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Wie schützen sich Heuschrecken vor Feinden?
Abwehrstrategien bei Heuschrecken


Bildcollage 11: Abwehrstrategien bei Heuschrecken

Gegen so viele Fressfeinde und Widersacher haben die Heuschrecken im Laufe ihrer Entwicklung eine Menge Abwehrmaßnahmen "erfunden". Alle sehr effektiv, aber nie 100%ig, das biologische Gleichgewicht würde sonst leiden!
Eine gute Möglichkeit, nicht gefressen zu werden, liegt darin, erst mal gar nicht gesehen zu werden. Dornschrecken (Bild L: Tetrix subulata) und andere Bodenbewohner wie die Ödlandschrecken sind deshalb durch ihre Camouflage — Färbung und Zeichnung — optimal dem Erdboden angepasst. Grüne Arten halten sich bevorzugt in der Vegetation auf. Genügt das noch nicht, um unsichtbar zu werden, hilft es oft, sich hinter einem Halm "dünne" zu machen, ein Verhalten ("Verbergen" genannt), welches Schwertschrecken (Bild M: Conocephalus dorsalis) perfektioniert haben und das mich beim Fotografieren schon oft an den Rand der Verzweiflung gebracht hat.
Sich größer zu machen, sperrig zu wirken, "unfressbar" zu erscheinen, ist eine weitere Strategie. Bild O zeigt das Weibchen eines Nachtigallgrashüpfers, das die Hinterschenkel nach oben streckt, um diesen Eindruck zu erzeugen. Meines Wissens noch nicht dokumentiert ist das Verhalten der Großen Schiefkopfschrecke (Bild N), die auf dem Blatt einen Kopfstand ausführt und so das lange, stachelig wirkende Hinterteil abweisend nach oben streckt. Ein braunes Abwehrsekret, das Fressfeinden den Appetit verderben soll, wird bei einer Bedrohung häufig aus der Mundöffnung ausgeschieden. Da dieser Flüssigkeit ätzende Eigenschaften nachgesagt werden, wurde unsere größte Beissschrecke, Decticus verrucivorus ( (Bild Q) in früheren Zeiten dazu "missbraucht", Warzen zu verätzen. Daher ihr deutscher Name "Warzenbeißer". Als letztes Mittel der Verteidigung stehen den großen Arten beeindruckende Oberkiefer zur Verfügung, mit denen sie schmerzhaft zubeißen können. Die Große Sägeschrecke, die leider (noch nicht) zur deutschen Fauna zählt, gibt hier ein eindrucksvolles Beispiel (Bild P: Saga pedo mit großen, schwarzen Mandibeln).


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Welche Zukunft haben die Heuschrecken?
Wie gefährdet sind die Heuschrecken?


Bildcollage 12: Blick in die Zukunft der Heuschrecken

Auch wenn das Männchen der Sibirischen Keulenschrecke recht optimistisch in die Zukunft zu blicken scheint und dabei die "Hemdsärmel" hochkrempelt, geht es den Heuschrecken nicht viel besser als vielen anderen Insektengruppen in den aktuellen Zeiten. Die neue Rote Liste zeigt zwar einige Verbesserungen im Vergleich zur Vorgängerversion von 2003, aber viele dieser "Höherstufungen" sind methodisch bedingt und zeigen keine reale Steigerung! Klimabedingt versuchen einige Arten erfolgreich ihr Areal zu erweitern, was auch den Eindruck erweckt, es würde den Heuschrecken besser gehen. Letztlich und langfristig wird aber der aktuelle Verlust von Lebensräumen (Grünlandflächen, Brachen, Wegsäumen und Feldrainen) zu einem massiven Rückgang der Biodiversität führen. Man kann jetzt schon eine Reihe von "Lebensraumverlierern" konstatieren. Wenn sich unsere Art der Grünlandnutzung, die Landwirtschaft und der Einsatz von lebenszerstörenden Pestiziden nicht baldigst zum Positiven ändert, werden wir in absehbarer Zeit nur noch in unserer Erinnerung von einer Artenvielfalt träumen können. Die Grundlage vieler Ökosysteme wird zusammenbrechen und damit auch unsere eigene Lebensgrundlage.

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Heuschrecken, die Springkünstler

Bildcollage 13: Das Springen liegt ihnen im Blut

Mit dem letzten Bild möchte ich mit einem Augenzwinkern den Bogen zum Anfang von Teil 1 spannen und trotz düsterer Zukunftsaussichten auch ein klein wenig Zuversicht aufzeigen.
Die Heuschrecken werden ums Überleben kämpfen, weiterhin springen und sich fortpflanzen. Wie im Bild zu sehen, kombinieren sie beide Tätigkeiten auch sehr gerne!
Unterstützen wir sie in ihrem Versuch zu überleben!

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LG Jürgen
Zuletzt geändert von Werner Buschmann am 5. Apr 2018, 16:45, insgesamt 18-mal geändert.
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