Schärfentiefe, ein durch Linsen bedingter, "akzeptierter" Artefakt

Balgengeräte, Zwischenringe, Nahlinsen etc.
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Guppy
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Schärfentiefe, ein durch Linsen bedingter, "akzeptierter" Artefakt

Beitragvon Guppy » 8. Jun 2018, 20:40

Hallo Martin
Ich zitiere aus meiner Äusserung:
"Die klassische Fotografie erübrigt sich somit nicht, denn der gewohnte Umgang im Bild mit dem Schärfeverlauf, hat seine Berechtigung und Reiz.
Berechtigung auch deshalb, weil es dem Fotografen ermöglicht, den Bildbetrachter damit,
auf eine von ihm bestimmte Stelle im Bild zu leiten, aufmerksam zu machen, was der Betrachter bevorzugt beachten soll."

Ich habe absolut nichts, gegen die Unschärfe und deren Verlauf.
Ich versuchte zu beschreiben, nicht zu urteilen.

Kurt
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Schärfentiefe, ein durch Linsen bedingter, "akzeptierter" Artefakt

Beitragvon komet » 8. Jun 2018, 20:54

Hallo Kurt,

danke für Deine Erklärung. Mich hat interessiert, wieso Du die Schärfentiefe als Artefakt bezeichnest. Ich habe das bisher nur einmal relativ sportlich bei Heise gelesen.

Gruß, Martin
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Schärfentiefe, ein durch Linsen bedingter, "akzeptierter" Artefakt

Beitragvon Guppy » 8. Jun 2018, 21:01

Hallo Martin
z.B.
In der Reprofotografie ist Unschärfe, ein klarer Artefakt in der Reproduktion,
ein Abbildungsfehler, der nicht auftreten sollte.

Kurt
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Schärfentiefe, ein durch Linsen bedingter, "akzeptierter" Artefakt

Beitragvon Frank Ingermann » 9. Jun 2018, 01:41

Hallo zusammen,
insbes. Kurt und Martin,

den Begriff "Artefakt" muss man mMn im Kontext sehen. Er ist auch (mMn) an sich nicht negativ belegt.

(in der Software-Entwicklung werden die fertigen Programme oft als "Artefakte" bezeichnet, ohne die
wäre ich also schnell arbeitslos ;) - allgemein "von Menschen erzeugte Gegenstände" laut Wiki) *

Kurt's Aussagen kann ich gut nachvollziehen. Als Mensch ist man daran gewöhnt:
"Da, wo ich gerade hinsehe, ist's immer scharf" (weil das Auge dann dahin fokussiert, und schnell
und unmerklich auf die jew. Entfernung scharf stellt).

Ich komme ja aus der Landschaftsfotografie, da ist Unschärfe klassischerweise verpönt:
die ganze Szenerie von VG bis HG versucht man da möglichst scharf abzubilden, und
viele Landschaftsfotografen nutzen dazu schon lange "Mini-Stacks" aus 2/3/4 Aufnahmen,
wenn sich das mit einer einzelnen Aufnahme nicht bewerkstelligen lässt - wegen Linsen+Sensor-Kombi.

Darum reizt mich in der MF das Spiel mit dem Verlauf zwischen Schärfe und Unschärfe besonders:
Hier ist Unschärfe erlaubt. Manchmal sogar "gefordert", nennt sich dann "Freistellung". ;)

* Hängt euch also nicht an dem Begriff "Artefakt" auf, sonst gibt's demnächst keine neue
Software mehr :DD

lg, Frank

P.S.: als ich den ersten 3D-Film im Kino sah, wurde mir nach 5 Min. schlecht.
Mein Auge war daran gewöhnt, jeden Punkt in der Szene anzusehen und "scharfzustellen" -
geht aber technisch nicht. Die "SE" wird da vom Film/Regisseur/... vorgegeben.
Zuletzt geändert von Frank Ingermann am 9. Jun 2018, 02:41, insgesamt 2-mal geändert.
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Schärfentiefe, ein durch Linsen bedingter, "akzeptierter" Artefakt

Beitragvon ji-em » 9. Jun 2018, 06:46

Hallo Kurt, hallo zusammen,

Ich finde die trockene Erklärung von Kurt einfach GENIAL !

Wer sie noch ein bisschen vertieft, versteht plötzlich sehr viel, was die Fotografie angeht
und kommt auch auf ganz neue fotografische ideen !

Sich auf Kurt's Erklärungen ein zu lassen, braucht aber den Mut, etwas los zu lassen ...
Aber Menschen ... wie gut das tut !

Bin dafür, diese Erklärungen oben in die Liste Threads fest zu pinnen !

Wünsche Euch ein schönes Wochenende.


Jean
Vergleichen macht vieles klar ... ! :-)
Mein Kommentar wiederspiegelt nur meine momentane, bescheidene, persönliche Meinung.
Bitte, auf kein Fall, persönlich auffassen auch wenn ich mich irreführend mitgeteilt habe.
Ich lese lieber 2-3 aufrichtige, negative Kommentare ... als gar keine ! :-)
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Schärfentiefe, ein durch Linsen bedingter, "akzeptierter" Artefakt

Beitragvon segeiko » 9. Jun 2018, 09:31

Hallo Kurt,

vielen Dank für Deinen interessanten und aufschlussreichen Beitrag.

Dadurch erschliesst sich mir die Fotografie wieder ein Stückchen mehr.

Liebe Gruess
Beatrice
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Schärfentiefe, ein durch Linsen bedingter, "akzeptierter" Artefakt

Beitragvon komet » 9. Jun 2018, 11:40

Hallo Frank,

das Thema der Diskussion heißt, Schärfentiefe sei ein Artefakt, der sich durch Stacking beseitigen läßt.
Meine Frage war, worauf sich diese Theorie stützt, weil ich neugierig bin und mich alle fotografischen Dinge interessieren.
Wenn das einfach Sichtweisen von Kurt sind, ist das auch in Ordnung.

Gruß, Martin
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Schärfentiefe, ein durch Linsen bedingter, "akzeptierter" Artefakt

Beitragvon Guppy » 9. Jun 2018, 14:39

Hallo Martin

Die Bedeutung der Bezeichnung "Artefakt" ist in unterschiedlichen Fachbereichen unterschiedlich, aber ähnlich.
Z.B. Im Bereich der Kriminalistik, der Forensik ist ein Artefakt eine Spur die am Tatort hinterlassen wurde.
Es gibt noch ein halbes Dutzend mehr an Bedeutungen.
Uns interessiert hier die Bedeutung in der Fotografie:
"Details im Bild, die "unbeabsichtigt" einen Unterschied zum Original zeigen."
Selbst wenn man mit der Unschärfe beabsichtigt spielt, heisst das nicht, dass sie beabsichtigt ist, denn vermeiden lässt sie sich nicht.
(Focus Stacking löst dieses "Problem", jedoch nicht auf optischem Wege, sondern mit der digitalen Bearbeitung von
mehreren bestehenden Bildern, die eine Unschärfe beinhalten.)
In der Fotografie hat man sich an diesen Abbildungsfehler durch Linsen gewöhnt und macht aus der "Not eine Tugend".
Erst seit die Betrachtungsweise durch Linsen allgemein bekannt ist (ca 1850-1900), kennt die Kunstmalerei, die Unschärfe ebenfalls.

"Wenn das einfach Sichtweisen von Kurt sind, ist das auch in Ordnung."
Da mein Auge eine Linse besitzt, sehe ich auch die Unschärfe, so wie alle Lebewesen die eine Linse im Auge besitzen,
es ist also nicht nur eine Sichtweise von Kurt. :)

"Meine Frage war, worauf sich diese Theorie stützt"
Meine Aussage bezieht sich auf die Praxis.
Wenn sich ein Objekt in meinem Randsichtbereich befindet, oder näher, oder weiter entfernt wie der Fokus, dann ist es unscharf.
Gleichzeitig kann ein anderer Mensch dieses Objekt scharf sehen.
Ein Objekt kann aber im gleichen Moment nicht unscharf und scharf sein.
(Solches Verhalten gibt es vorerst nur in der Quantenphysik).
Ohne dass sich das Objekt verändert, ist es dann scharf, wenn ich es fokussiere.
Somit ist in der Praxis bewiesen, dass alle Objekte grundsätzlich scharf sind.
Ich schliesse somit nicht von einer Theorie zur Praxis, sondern so wie es mir sympathischer ist, von der Praxis auf "eine" Theorie.

Kurt
Zuletzt geändert von Guppy am 9. Jun 2018, 16:06, insgesamt 6-mal geändert.
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Schärfentiefe, ein durch Linsen bedingter, "akzeptierter" Artefakt

Beitragvon komet » 9. Jun 2018, 17:19

Hallo Kurt,

danke für deine Bemühungen, mir das zu erklären. Mit Sichtweisen meinte ich, daß das eine Behauptung von Dir ist, daß die Schärfentiefe ein Artefakt ist, nicht Deine Sehgewohnheiten. Das ist ziemlich mutig. Das lesen viele und übernehmen es. So entstehen manchmal auch die berühmten Forenmythen.
Bezeichnest Du die Unschärfekreise, den Ausdruck kennt jeder, von nun an als Artefakte, die Bezeichnung gab es bisher nicht?

Gruß, Martin
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Schärfentiefe, ein durch Linsen bedingter, "akzeptierter" Artefakt

Beitragvon Guppy » 9. Jun 2018, 17:34

Hallo Martin
Meine Äusserung interessiert nur wenige Fotografen.
Ich wollte damit nur aufzeigen, dass der Bildeffekt mit durchgehender Schärfe durch Focus Stacking,
nicht unnatürlich, sondern lediglich ungewohnt ist.
Die Schärfenebene in der dritten Dimension (Tiefe), ist nur eine Distanz, von unendlich vielen, die in einem zweidimensionalen Bild festgehalten werden kann.
Der Unschärfekreis ist ein Faktor für die Berechnung der Schärfentiefe.
Seine Grösse ist in den letzten Jahrzehnten geschrumpft, auch deshalb,
weil man nicht nur kleine Bildchen betrachtet, sondern auch grossformatig ausdruckt.
Seine Grösse ist abhängig von der Betrachtungsdistanz und dem Sehvermögen des Betrachters.
Die Schärfentiefenberechnungen beziehen sich auf grosse Distanzen und gelten oft nicht im Makrobereich
und in der vergrössernden Fotografie schon gar nicht.
Die nicht existente Schärfentiefe, dient lediglich zum Vergleich, wenn am Setup etwas verändert wird,
damit man weiss, in welche Richtung es geht.
Schärfentiefe Berechnungen sollte man nicht zu ernst nehmen, sondern nur als vager Hinweis, denn sie sind meisstens falsch!

Kurt
Zuletzt geändert von Guppy am 9. Jun 2018, 18:51, insgesamt 3-mal geändert.

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