Highspeedfotografie in freier Natur
Verfasst: 26. Apr 2019, 08:16
Hallo liebe Makro Freunde!
Nach der großen Resonanz auf meine Bilder fliegender oder sich sonst wie bewegender Insekten und der Fragen nach einem ToDo möchte ich dies in diesem Beitrag versuchen zu erläutern.
Es ist schwierig mit wenigen Worten diese spezielle Art der Makrofotografie zu beschreiben. Da ist zum einen der technische Aspekt. Hier möchte ich aber gar nicht zu viel dazu schreiben, sondern auf Literatur wie z.B. das Buch von Hans-Christian Steeg, auch User hier im Forum, verweisen, der dies dort ausführlich beschreibt.
Meine tragbare und knapp 3Kg schwere Anlage besteht aus Aluträgern, zwei Handgriffen, der Kamera, dem Verschluss (in einem gedruckten Kunststoffgehäuse) samt Elektronik, einer Lichtschranke am Ende der zwei Ausleger, zwei kleinen in Ihrer Position variabel einstellbaren Blitzgeräten und einem Akku der die Elektronik mit Strom versorgt.
Eine ältere aber gleichwohl bis heute funktionierende Variante arbeitet mit einem mechanischen Copal Verschluss, den man ab 100mm Brennweite sogar VOR einem Objektiv befestigen kann ohne größere Vignettierungen zu bekommen.
Manche Kommentare bemängeln die Angabe der Exif Daten bei meinen Bildern, auch wenn ich persönlich den Sinn diese zu kennen nicht ganz nachvollziehen kann, hier ein paar generelle technische Angaben zur Verdeutlichung.
Meine Bilder sind alle mit der Fuji X-E3, ältere auch mit vorherigen Kameramodellen (Fuji X-E2, Canon 300D, 400D, Samsung NX1000), erstellt.
Als Objektiv verwende ich aktuell ein altes Zeiss Jena Tessar 2,8/50mm. Die kurze Brennweite erlaubt es mir eine Bildbreite an der Lichtschranke zwischen ca. 5cm und 11cm zu wählen um auf unterschiedlich große Insekten reagieren zu können. Dies kann ich in ca. 2-3 Min. auch direkt vor Ort ändern.
Je nach Umgebungslicht variiere ich dabei den ISO Wert zwischen 100 bis 200. Die Teilleistung der Blitze ebenso zwischen 1/64 und 1/128. Das Objektiv ist fix auf Blende 22 eingestellt um eine möglichst große Tiefenschärfe zu bekommen. Gerade bei hellem Sonnenlicht ist die Gefahr von Doppelkonturen vorhanden. Trotz Blende 22 und der kürzesten Verschlusszeit von 1/1000 sec. des Zentralverschlusses lässt sich der Einfluss des Sonnenlichts nicht gänzlich ausschließen. So wichtig und reizvoll dieses bei normaler Fotografie ist, in der Highspeed Fotografie ist es eher hinderlich.
Es gibt ein paar wenige Fotografen, die schaffen es fliegende Insekten ohne Spezialausrüstung im Flug zu fotografieren. Dabei wird, neben wenigen Zufallstreffern, ebenso Hightech eingesetzte, nämlich meist die Serienbildfunktion moderner Kameras. Zudem werden oftmals Bilder gezeigt von Wespen oder Bienen am Nesteingang oder in der Luft verharrend vor Blüten. Mit ein wenig Übung und der erwähnten Serienbildmethode bekommt man so auch erstaunliche Ergebnisse zustande!
Aber der Ausschuss ist, auch wenn er heutzutage keine finanzielle Komponente mehr darstellt, trotzdem enorm hoch und die Motive auf wenige Situationen beschränkt.
Möchte man eine höhere Trefferquote, Insekten in allen möglichen Situationen und Positionen, kommt man um eine Ausrüstung mit extrem geringer Auslöseverzögerung nicht herum, die durch den externen Verschluss bei meiner Konstruktion auf 2ms reduziert ist.
Mit dieser tragbaren Anlage nähere ich mich vorsichtig den Objekten der Begierde. Diese zeigen unterschiedlichstes Fluchtverhalten. An manche, wie z.B. Sandlaufkäfern, kommt man fast gar nicht nahe genug heran. Immerhin nähert man sich den Tieren mit einer großen auffälligen Konstruktion. Auch unterschiedliche Bienenarten zeigen unterschiedliches Verhalten. Hummeln sind sehr störungsresistent. Pelzbienen und Holzbienen bleiben neugierig und abwartend in der Luft stehen und beobachten einen, abwägend ob man lieber fliehen oder weiter Nektar sammeln sollte. Meist fällt die Entscheidung zur Flucht… dann ist’s vorbei mit dem noch vor Sekunden so reizvoll erscheinenden Motiv.
Wie auch bei anderen Tieren hat es sich bewährt sich möglichst langsam und gleichmäßig zu bewegen. Immer geht das natürlich nicht. Eine Biene sitzt nur kurz an einer Blüte. Honigbienen und Hummel relativ lange, manche Wildbienenarten nur wenige Sekunden.
Anhand dieser Beschreibung erkennt man auch schon wie man es schafft diese Insekten überhaupt zu erwischen. Stellt man sich eine im Raum fliegende Stubenfliege vor, so sollte jedem klar sein, dass es schlicht unmöglich ist diese im freien Raum mit der Lichtschranke zu erwischen.
Also sucht man sich Ruheplätze, Nester oder Futterquellen um die Tiere beim An- oder Abflug zu erwischen. Nur wenige Insekten wie z.B. langsam fliegende Florfliegen, bekommt man durch aktives Hinterherjagen aufs Bild. Hier kommt ein weiterer nicht unwichtiger Aspekt dieser Aufnahmetechnik zum Tragen. Durch das Ausschalten des Umgebungslichtes und der stark begrenzten Reichweite des Blitzlichtes besteht die Gefahr einen völlig schwarzen Hintergrund zu bekommen. Das ist z.B. schon bei einer frei stehenden Blüte der Fall. Daher verwende ich in solchen Situationen mitunter künstliche Hintergründe. Bewusst unscharfe Fotos verschiedenster Motive werden in ca. 15cam Abstand hinter der Lichtschranke angebracht. Dadurch wird die Konstruktion aber noch unhandlicher und auffälliger. Eine Methode die nicht immer passt und die Gefahr immer gleich aussehender Hintergründe birgt. Andererseits ist mir das lieber als tagaktive Insekten in völliger Schwärze darzustellen, was allerdings mitunter auch passiert.
Gerade an heißen Tagen ist es eine schweißtreibende Angelegenheit den Insekten in prallem Sonnenlicht hinterherzujagen. Das ist mitunter regelrecht Sport und bringt mich körperlich an Grenzen.
Das ist eine ganz andere Art der Fotografie als am kühlen Morgen noch vor Kälte verharrende Insekten sitzend an Halmen zu fotografieren.
Ich liebe dieses in der Natur sein, eins mit den Tieren. Ihr Verhalten zu beobachten auch wenn oft gar kein Bild zustande kommt ist es unheimlich interessant deren Verhalten zu beobachten. Für mich Entspannung pur. Völlig die Alltagsgedanken abschalten. Wie Meditation…
Daher bin ich auch bestrebt möglichst an Orten zu fotografieren an denen es idealerweise kaum Menschen gibt, was allerdings nur selten der Fall ist. Durch die auffällige Konstruktion werde ich immer wieder angesprochen, mitunter wurde sogar schon vermutet ich würde irgendwelche Messungen durchführen.
Ich hoffe ich konnte die Unterschiede zur normalen Makrofotografie deutlich machen und erläutern wie meine Bilder entstehen.
Viele Grüße
Jürgen Schmidt
Nach der großen Resonanz auf meine Bilder fliegender oder sich sonst wie bewegender Insekten und der Fragen nach einem ToDo möchte ich dies in diesem Beitrag versuchen zu erläutern.
Es ist schwierig mit wenigen Worten diese spezielle Art der Makrofotografie zu beschreiben. Da ist zum einen der technische Aspekt. Hier möchte ich aber gar nicht zu viel dazu schreiben, sondern auf Literatur wie z.B. das Buch von Hans-Christian Steeg, auch User hier im Forum, verweisen, der dies dort ausführlich beschreibt.
Meine tragbare und knapp 3Kg schwere Anlage besteht aus Aluträgern, zwei Handgriffen, der Kamera, dem Verschluss (in einem gedruckten Kunststoffgehäuse) samt Elektronik, einer Lichtschranke am Ende der zwei Ausleger, zwei kleinen in Ihrer Position variabel einstellbaren Blitzgeräten und einem Akku der die Elektronik mit Strom versorgt.
Eine ältere aber gleichwohl bis heute funktionierende Variante arbeitet mit einem mechanischen Copal Verschluss, den man ab 100mm Brennweite sogar VOR einem Objektiv befestigen kann ohne größere Vignettierungen zu bekommen.
Manche Kommentare bemängeln die Angabe der Exif Daten bei meinen Bildern, auch wenn ich persönlich den Sinn diese zu kennen nicht ganz nachvollziehen kann, hier ein paar generelle technische Angaben zur Verdeutlichung.
Meine Bilder sind alle mit der Fuji X-E3, ältere auch mit vorherigen Kameramodellen (Fuji X-E2, Canon 300D, 400D, Samsung NX1000), erstellt.
Als Objektiv verwende ich aktuell ein altes Zeiss Jena Tessar 2,8/50mm. Die kurze Brennweite erlaubt es mir eine Bildbreite an der Lichtschranke zwischen ca. 5cm und 11cm zu wählen um auf unterschiedlich große Insekten reagieren zu können. Dies kann ich in ca. 2-3 Min. auch direkt vor Ort ändern.
Je nach Umgebungslicht variiere ich dabei den ISO Wert zwischen 100 bis 200. Die Teilleistung der Blitze ebenso zwischen 1/64 und 1/128. Das Objektiv ist fix auf Blende 22 eingestellt um eine möglichst große Tiefenschärfe zu bekommen. Gerade bei hellem Sonnenlicht ist die Gefahr von Doppelkonturen vorhanden. Trotz Blende 22 und der kürzesten Verschlusszeit von 1/1000 sec. des Zentralverschlusses lässt sich der Einfluss des Sonnenlichts nicht gänzlich ausschließen. So wichtig und reizvoll dieses bei normaler Fotografie ist, in der Highspeed Fotografie ist es eher hinderlich.
Es gibt ein paar wenige Fotografen, die schaffen es fliegende Insekten ohne Spezialausrüstung im Flug zu fotografieren. Dabei wird, neben wenigen Zufallstreffern, ebenso Hightech eingesetzte, nämlich meist die Serienbildfunktion moderner Kameras. Zudem werden oftmals Bilder gezeigt von Wespen oder Bienen am Nesteingang oder in der Luft verharrend vor Blüten. Mit ein wenig Übung und der erwähnten Serienbildmethode bekommt man so auch erstaunliche Ergebnisse zustande!
Aber der Ausschuss ist, auch wenn er heutzutage keine finanzielle Komponente mehr darstellt, trotzdem enorm hoch und die Motive auf wenige Situationen beschränkt.
Möchte man eine höhere Trefferquote, Insekten in allen möglichen Situationen und Positionen, kommt man um eine Ausrüstung mit extrem geringer Auslöseverzögerung nicht herum, die durch den externen Verschluss bei meiner Konstruktion auf 2ms reduziert ist.
Mit dieser tragbaren Anlage nähere ich mich vorsichtig den Objekten der Begierde. Diese zeigen unterschiedlichstes Fluchtverhalten. An manche, wie z.B. Sandlaufkäfern, kommt man fast gar nicht nahe genug heran. Immerhin nähert man sich den Tieren mit einer großen auffälligen Konstruktion. Auch unterschiedliche Bienenarten zeigen unterschiedliches Verhalten. Hummeln sind sehr störungsresistent. Pelzbienen und Holzbienen bleiben neugierig und abwartend in der Luft stehen und beobachten einen, abwägend ob man lieber fliehen oder weiter Nektar sammeln sollte. Meist fällt die Entscheidung zur Flucht… dann ist’s vorbei mit dem noch vor Sekunden so reizvoll erscheinenden Motiv.
Wie auch bei anderen Tieren hat es sich bewährt sich möglichst langsam und gleichmäßig zu bewegen. Immer geht das natürlich nicht. Eine Biene sitzt nur kurz an einer Blüte. Honigbienen und Hummel relativ lange, manche Wildbienenarten nur wenige Sekunden.
Anhand dieser Beschreibung erkennt man auch schon wie man es schafft diese Insekten überhaupt zu erwischen. Stellt man sich eine im Raum fliegende Stubenfliege vor, so sollte jedem klar sein, dass es schlicht unmöglich ist diese im freien Raum mit der Lichtschranke zu erwischen.
Also sucht man sich Ruheplätze, Nester oder Futterquellen um die Tiere beim An- oder Abflug zu erwischen. Nur wenige Insekten wie z.B. langsam fliegende Florfliegen, bekommt man durch aktives Hinterherjagen aufs Bild. Hier kommt ein weiterer nicht unwichtiger Aspekt dieser Aufnahmetechnik zum Tragen. Durch das Ausschalten des Umgebungslichtes und der stark begrenzten Reichweite des Blitzlichtes besteht die Gefahr einen völlig schwarzen Hintergrund zu bekommen. Das ist z.B. schon bei einer frei stehenden Blüte der Fall. Daher verwende ich in solchen Situationen mitunter künstliche Hintergründe. Bewusst unscharfe Fotos verschiedenster Motive werden in ca. 15cam Abstand hinter der Lichtschranke angebracht. Dadurch wird die Konstruktion aber noch unhandlicher und auffälliger. Eine Methode die nicht immer passt und die Gefahr immer gleich aussehender Hintergründe birgt. Andererseits ist mir das lieber als tagaktive Insekten in völliger Schwärze darzustellen, was allerdings mitunter auch passiert.
Gerade an heißen Tagen ist es eine schweißtreibende Angelegenheit den Insekten in prallem Sonnenlicht hinterherzujagen. Das ist mitunter regelrecht Sport und bringt mich körperlich an Grenzen.
Das ist eine ganz andere Art der Fotografie als am kühlen Morgen noch vor Kälte verharrende Insekten sitzend an Halmen zu fotografieren.
Ich liebe dieses in der Natur sein, eins mit den Tieren. Ihr Verhalten zu beobachten auch wenn oft gar kein Bild zustande kommt ist es unheimlich interessant deren Verhalten zu beobachten. Für mich Entspannung pur. Völlig die Alltagsgedanken abschalten. Wie Meditation…
Daher bin ich auch bestrebt möglichst an Orten zu fotografieren an denen es idealerweise kaum Menschen gibt, was allerdings nur selten der Fall ist. Durch die auffällige Konstruktion werde ich immer wieder angesprochen, mitunter wurde sogar schon vermutet ich würde irgendwelche Messungen durchführen.
Ich hoffe ich konnte die Unterschiede zur normalen Makrofotografie deutlich machen und erläutern wie meine Bilder entstehen.
Viele Grüße
Jürgen Schmidt