Wie heißt die gelbe Schrecke?

Hier könnt Ihr euch zur Bestimmung austauschen und Bestimmungsanfragen einstellen.
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Jürgen Fischer
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Wie heißt die gelbe Schrecke?

Beitragvon Jürgen Fischer » 11. Dez 2011, 20:49

Hi liebe User!

Die Bestimmung der Arthropoden (Gliederfüßler), z.B. die vieler Insektengruppen oder die der Webspinnen
ist meist sehr mühsam, schwierig und nicht immer von Erfolg gekrönt!
Im Verhältnis zu der immensen Artenvielfalt und Artenzahl, ist der Anteil derjenigen Arten, die ein Laie anhand
eines Fotos exakt bestimmen kann, verschwindend gering! (Argiope bruennichi - die Wespenspinne wäre so
ein Beispiel (aber nur in Mitteleuropa und nur adult und nur als Weibchen!!!))
Es macht auch nicht viel Sinn, im Netz zu googeln, Bilder anzuschauen und bei der 34. Baldachinspinne entzückt zu glauben,
die gesuchte Art gefunden zu haben. Auch wenn sich die beiden zum Verwechseln ähnlich sehen, heißt das ja noch lange nicht,
dass es da nicht noch 25 weitere täuschend ähnliche Arten gibt!
Ein seriöser Bestimmer wird dann immer ein cf in den Namen einfügen, was soviel heißt, wie "schaut so aus"!

Nein, wer exakte Artansprachen machen will, muss andere Wege gehen.

Nicht umsonst haben Artenkenner immer eine Einschlaglupe dabei, oft auch ein Tötungsglas um die gefangenen Tiere zu Hause
unter dem Binokular determinieren zu können, ja nicht selten sind obendrein Genitalpräparate und deren Untersuchung unter dem Mikroskop nötig!

Nun, bitte nicht denken, ich möchte hier irgendjemanden dazu animieren solche Methoden anzuwenden!! Bewahre!!

Nein, wir sind Fotografen und unser "Bestimmungsmaterial" sind unsere geliebten Motive, denen wir auch keinen Schaden zufügen wollen.

Deswegen wird z. B. die Bestimmung von Schlupfwespen hier im Forum niemals auch nur die geringste Chance haben,
auch andere Gruppen wie manche Käfergruppen, Zikaden ....... sind fast nie exakt mittels Foto zu bestimmen.

Deutsche Heuschreckenarten dagegen sind, wie ich im Thread der Gelben bereits sagte, eine durchaus erfolgversprechende Gruppe!

Aber auch hier wird man nicht darum herum kommen, sich mit einigen Grundbegriffen und Merkmalen vertraut zu machen.
Der Gebrauch eines vernünftigen Bestimmungsschlüssels ist für den Einsteiger sicherlich dringend zu empfehlen.

Ok, genug theoretisiert! wen ich jetzt noch nicht abgeschreckt habe, der ist willkommen hier weiterzulesen!

Wem die Sache hier reicht, der kann ja auch mal reinschauen, um seine Aversionen bestätigt zu finden! Wenn er dann die
Bestimmungsversuche sein lässt, hat er mein vollstes Verständnis!

Also, los geht`s!
Zuletzt geändert von Jürgen Fischer am 11. Dez 2011, 21:27, insgesamt 2-mal geändert.
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Bestimmung mittels Ag - bis zur Unterfamilie Grashüpfer

Beitragvon Jürgen Fischer » 11. Dez 2011, 20:54

es geht um diesen Thread: http://www.makro-forum.de/ftopic68128.html

Um welche Art handelt es sich? (Die meisten, die sich beteiligt haben, haben die Art erkannt! Kompliment!)

Wie geht man vor um die Art zu identifizieren? (Eingrenzung: gilt nur für deutsche Arten!)

Gehen wir nach unserer AG vor:

1. Entscheidung (Startseite der Heuschrecken): Langfühler oder Kurzfühlerschrecke?

Ich denke jeder sieht, dass es eine Kurzfühlerschrecke ist (siehe Rote Nummer 1- oder Großaufnahme der Gelben)

Nun sind wir bei den Kurzfühlerschrecken! Man muss nun Folgendes wissen:

Von den hier aufgeführten Gruppen, sind nur drei in Deutschland vertreten:

- Dornschrecken (sehr, sehr kleine meist braune Heuschrecken) ---> kann man also ausschließen
- Knarrschrecken (besitzen als hartes Merkmal einen Zapfen zwischen den Vorderhüften! Das nützt aber wenig,
wenn man ihn auf dem Bild nicht sieht!!!
Es bleibt also nichts anderes übrig, als die 3 deutschen Arten der Knarrschrecken anzuschauen!
das sind: Gewöhnliche Gebirgsschrecke, die Alpine Gebirgsschrecke und die Italienische Schönschrecke
alle drei schauen bei einigermaßen genauer Betrachtung ganz anders aus als unser gelber
Delinquent!
hier ist also ein bisschen Habitussehen nötig, hat man das drauf, gibt es keine Probleme mehr bei der Gruppe!
also bleiben nur noch die

- Feldheuschrecken

Bei denen gibt es die Ödlandschrecken und die Grashüpfer.

Die Ödlandschrecken sind mit rund 10 Arten in Deutschland vertreten, fast alle sind große Brummer und haben lange Flügel. Wer sich die Bilder (der Ödlandschrecken)in der AG anschaut, wird nix finden, was zu unserer Schrecke passt.

Also bleiben die Grashüpfer (Gomphocerinae)!

Hier kann ich es mir leicht machen, wer sich alle mal durchschaut wird das Weibchen der Nominatform der Kleinen Goldschrecke schnell entdecken. (siehe Bild 1)
Die Merkmale (rote Nummern) sind:

4: kleine, rötliche Flügel, die sehr weit voneinander getrennt sind.
5: heller braune Knie an den Hinterbeinen
8: keine rötlichen Schienen an den Hinterbeinen
Dateianhänge
Bild 1 Kleine Goldschrecke Weibchen Normalform.jpg (461.54 KiB) 1760 mal betrachtet
Bild 1 Kleine Goldschrecke Weibchen Normalform.jpg
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Goldschrecken - bei ihnen fehlt das "Scheitelgrübchen&q

Beitragvon Jürgen Fischer » 11. Dez 2011, 20:58

Was aber nun bei unserer Gelben, die doch ein wenig anders ausschaut als die grüne Nominatform? Man erkennt sie vielleicht doch nicht auf Anhieb!

Hier muss man ins Detail gehen:

Die beiden Goldschreckenarten, die es unter den Grashüpfern gibt unterscheiden sich von allen anderen Grashüpferarten durch das Fehlen der sogenannten Scheitelgrübchen!!

Die folgenden Bilder mögen dies verdeutlichen!
Dateianhänge
Bild 2 Kleine Goldschrecke Farbvariante.jpg (371.33 KiB) 1759 mal betrachtet
Bild 2 Kleine Goldschrecke Farbvariante.jpg
Alle anderen Vertreter der Grashüpfer haben dieses ominöse Scheitelgrübchen!
Bild 3 Feldheuschrecke mit Scheitelgrübchen 006.jpg (358.92 KiB) 1756 mal betrachtet
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Unterscheidung der Weibchen der beiden Goldschreckenarten

Beitragvon Jürgen Fischer » 11. Dez 2011, 21:01

Wie können wir nun die beiden Goldschreckenarten unterscheiden?

Beide Arten neigen gern dazu sowohl Flügel- als auch Farbvarianten auszubilden, man muss also vorsichtig sein mit der Aussage: kein Problem, kann man leicht erkennen!

Wir beschränken uns jetzt erst auf die Weibchen. Im nächsten Bild sieht man unter Punkt 3 Rot, an den Legeröhrenklappen, dass es sich um ein Weibchen handelt.

Nun die Unterschiede, bei den ersten beiden handelt es sich um relativ harte, also sichere Merkmale:

Kleine Goldschrecke: Flügel klein, fast immer rötlich und sehr weit auseinanderstehend (Rot 4)
Große Goldschrecke: Flügel klein, nur selten rötlich und sehr eng zusammenstehen (Blau 4)

Kleine Goldschrecke: Hinterschienen nie rot (Rot 8 ) siehe Bild 1
Große Goldschrecke: Hinterschienen rötlich (Blau 8)

es folgt noch ein etwas "weicheres Merkmal, das bei den Männchen sicher ist, aber auch bei den Weibchen oft zutrifft:

Kleine Goldschrecke: "Knie" der Hinterbeine heller braun (Rot 5)
Große Goldschrecke: " Knie" der Hinterbeine dunkler braun bis schwarz (Blau 5)


Viel Spaß beim Anschauen!

LG Jürgen
Dateianhänge
Bild 4 Kleine Goldschrecke Weibchen Farbvariante total.jpg (296.63 KiB) 1758 mal betrachtet
Bild 4 Kleine Goldschrecke Weibchen Farbvariante total.jpg
Bild 5 Große Goldschrecke.jpg (362.61 KiB) 1760 mal betrachtet
Bild 5 Große Goldschrecke.jpg
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Beitragvon Jürgen Fischer » 11. Dez 2011, 21:05

So, mir ist klar, dass das nicht so leicht war! ich kann auch hier keinen "einfachen" Bestimmungsschlüssel in einem Medium wie dem Forum anbieten!

Deshalb steh ich natürlich jedem, der weiterreichende Fragen hat gerne über PM oder auch hier zur Verfügung!


LG Jürgen
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Beitragvon Werner Buschmann » 11. Dez 2011, 21:11

Hallo Jürgen,

ausgezeichnete Arbeit.
Jeder kann nachvollziehen,
wie man in diesem konkreten Fall
zu einer korrekten Bestimmung kommt.

Auch Deine Einleitung finde ich sehr gelungen.

Werner
________________
Liebe Grüße, passt auf Euch auf und vergesst das Lächeln nicht!
Werner
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Meine Sternebewertung beziehen meine Bewertung immer auf die Gesamtheit der
im Forum gezeigten Bilder.
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Beitragvon Monika B. » 11. Dez 2011, 21:19

Hallo Jürgen,
danke für Deine ausführliche Beschreibung und die Zeit die Du Dir genommen hast um einem den sinnvollsten Weg der Bestimmung vor Augen zu führen. Manchmal sucht man ja doch reichlich chaotisch rum. Da ist solch ein Fahrplan wirklich dienlich. Ich hatte Dein Ausgangsbild leider mangels Zeit aus den Augen verloren. :blush2:
Lg Moni
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Beitragvon Merlincat » 11. Dez 2011, 21:20

Hi Jürgen,
jetzt weiß ich auch endlich was ein Scheitelgrübchen ist ;-)
Danke für Deine Mühe.
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Beitragvon daseff » 11. Dez 2011, 21:22

Hi Jürgen,

vielen lieben Dank für die ausführliche Bestimmungsanleitung :-)

Erstklassige Arbeit und sehr verständlich erklärt.

Wie schon im ursprünglichen Thread angedeutet: Auf die wäre ich nicht gekommen ;-)
Da fehlt mir einfach noch zuviel Wissen.
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Beitragvon Jürgen Fischer » 11. Dez 2011, 21:24

Hi Selda,

ja, das haben manche hier im Forum in ähnlicher Form in den Wangen!

Das sind dann ja wohl auch Goldschrecken, oder?

LG Jürgen
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