alles Meckern und Motzen hilft ja doch nicht, also ist es besser, sich mit den Umständen zu arrangieren und raus in den Schnee spielem zu gehen. Das habe ich am Mittwoch getan, und schaut mal, wer sich da zum Spielen zu mir und den Springschwänzen gesellte. Ich denke, dieses Tier wurde hier im Forum scheinbar erst einmal gezeigt, so dass eine kleine Doku dazu sicher ganz interessant ist.
Der Winterhaft, auch Gletscher- oder Schneefloh genannt, ist mit 3-4mm ziemlich klein. So erkannte ich erst auf dem Kameradisplay, was ich da eigentlich vor der Linse hatte. Eine entfernte Verwandtschaft zu den hier im Forum doch recht beliebten Skorpionsfliegen lässt sich kaum leugnen. Und so gehören sie zusammen mit diesen in die Ordnung der Schnabelfliegen, bilden innerhalb dieser aber eine eigene Familie. In Mitteleuropa kommen zwei Arten vor, weltweit sind 12 Arten bekannt.
Auffällig ist wie bei den Skorpionsfliegen die schnabelartig ausgezogene Kopfregion. Winterhafte besitzen keine Flügel. Bei den Weibchen sind sie komplett reduziert, die Männchen hingegen haben sichelförmige Haken zurückbehalten, die eine wichtige Rolle bei der Paarung spielen. Mit diesen abgewandelten Flügelstummeln hält das Männchen sein Weibchen an den Vorderbeinen fest. Interessanterweise ist es bei dieser Art daher so, dass im Gegensatz zu vielen anderen Insekten das Männchen das Weibchen auf dem Rücken trägt. (das wurde in dem anderen Beitrag hier im Forum gezeigt: Schneefloh-Paarung)
Die Eier werden dann einzeln in den Boden gelegt. Im Frühjahr schlüpfen die Larven und benötigen bei Boreus westwoodi zwei Jahre, bis aus ihnen das Vollinsekt entsteht. Die Larven können Spinnseide herstellen, die sie zur Konstruktion einer Puppenkammer im Boden nutzen.
Der Name Schnee- oder Gletscherfloh beschreibt nicht nur die Vorliebe für die kalte Jahrezeit, in der sie auch auf Eis und Schnee gefunden werden, sondern auch die Fähigkeit, sich mit den langen Hinterbeinen bis zu 30cm wegzukatapultieren, wenn Gefahr droht. Anschließend stellen sie sich tot, um ihren Feinden zu entkommen.
Winterhafte treten etwa von Oktober bis Ende März als erwachsene Tiere in Erscheinung. Sie leben gerne in Moosen, suchen aber auch auf der Schneedecke nach Nahrung wie toten Insekten oder Pflanzenmaterial. Die Verdauung erfolgt wie bei Spinnen extraintestinal, also außerhalb des Körpers. Dafür speicheln sie die Beute ein und saugen sie dann im gelösten Zustand über den Schnabel auf.
Angeblich ist der Gletscherfloh europaweit in Gärten, Parks, Mischwäldern und auch auf Wiesen regelmäßig anzutreffen. Allerdings entgeht er durch seine winterliche, verstecke Lebensweise und geringe Größe wohl häufig der allgemeinen Aufmerksamkeit.
liebe Grüße
Aj
PS: Über die Bildqualität müssen wir freilich nicht diskutieren. Zu den im meinem Wintermückenbild angesprochenen Belichtungsschwierigkeiten kam noch die Agilität und Kleinheit des Motivs, die mein Objektiv an die Maximalgrenze führte und trotzdem noch einen großzügigen Beschnitt erforderte.
EDIT: Dank Thorsten wissen wir nun, dass die Weibchen der beiden hier lebenden Winterhaftarten nicht ohne weiteres zu unterscheiden sind. Hier wird also Boreus spec. gezeigt
