Null Blau in den Tonwerten

Hier seid ihr richtig, wenn ihr mehr aus euren digitalen Bildern machen möchtet.
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ULiULi
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Null Blau in den Tonwerten

Beitragvon ULiULi » 10. Mai 2014, 17:07

Hallo zusammen,

es geht hier um die Auswirkungen, die ein starker Anschlag der Werte
am linken Rand des Tonwertspektrums im Blau-Kanal hat, also um
"Türmchen" mit dem Wert Null im Blau, so wie im Bild 1 welches aus einem
"Anfängerbild" des Portals stammt.
Satte 42 % aller Pixel des Bildes haben kein Blau. Was bedeutet das für
die Farben? Was bleibt überhaupt übrig, wenn die Farben nur noch aus
Rot und Grün gemischt werden können?

Diese Frage beantwortet die kleine technische Analyse in Bild 2.
Wir sehen, nur 1/3 des Farbenkreises kann überhaupt noch erreicht werden,
nämlich die Farben von sattem Grün über Gelb und Orange bis zu sattem Rot.
Außerdem können sich die verbleibenden Farben nur zwischen reinem Schwarz
und den vollen Farbsättigungen bewegen. Hellere Farben als die auf dem Drittel-
kreis zu sehenden sind mit null Blau technisch ausgeschlossen!

Wie sich dieser Bearbeitungsfehler typischerweise im Bild auswirkt, zeigt der
Vergleich zwischen Bild 3 und Bild 4. Grüne Farben verschieben sich hier in
Richtung Oliv, rote Farben in Richtung Orange. Betroffen sind mithin nicht nur
die Pixel die einen blauen Farbwert von null haben, vielmehr werden annähernd
alle Farben des Bildes in eine vom Motiv abweichende Richtung verschoben.
Außerdem reduziert so ein Türmchen die Anzahl der Farben im Bild, da sich das
Türmchen richtigerweise auf eine ganze Reihe unterschiedlicher Tonwerte ver-
teilen müsste. Gute Gründe also, solche Bearbeitungsfehler zu vermeiden.

Aus diesen Beobachtungen darf allerdings nicht der Schluss gezogen werden,
dass keine Pixel den Farbwert Null im Blau haben dürften. Dürfen sie natürlich,
wie in Rot und Grün auch, wenn das Motiv diese Farben her gibt.
Ein "Türmchen", das ähnlich wie in Bild 1 aus der Tonwertkurve heraus schießt,
ist allerdings in aller Regel ein gutes Indiz dafür, dass die Farben im Bild noch
nicht stimmen.


Vielleicht hilft dieser Thread dem Einen oder Anderen bei der Bearbeitung.

LG / ULi
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Beitragvon Gabriele » 10. Mai 2014, 17:14

Hallo Uli,

vielen Dank für diese Erklärung. Darüber habe ich noch nie
nachgedacht, ich bearbeite meine Bilder immer nach Gefühl.
Sobald die Farben für mich im Monitor gut aussehen ist für
mich alles ok. Auf das Histogramm schaue nur wenn die Farben
sehr falsch aussehen. Bei der nächsten BEA werde ich da mal
drauf achten :)

LG Gabriele
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Beitragvon Guppy » 10. Mai 2014, 17:51

Hallo ULi

Beim Bearbeiten ist selten eine wirkliche Linearität erwünscht.
Diese Situation ist nicht nur beim Auge,
sondern auch beim Ohr anzutreffen.
Einst, als es beim Tonverstärker noch einen Bass und Höhenregler hatte,
konnte man sehen, dass diese nicht auf "0", also linear standen,
sondern beide voll aufgereht waren.
In den Tiefen musste es böllern und in den Höhen kitzeln.
In der klassischen Musik ein NO GO und verpönt,
in der POP Musik, so richtig geil!
Deshalb verwende ich bei der Beurteilung von Bildern,
auch die Bezeichnung "popig".

Oft ist uns etwas, so wie es natürlich aus sieht, zu wenig spektakulär,
ich bin da keine Ausnahme.
Mit der heutigen Möglichkeit der Bildbearbeitung, ist man aber oft
der Versucht unterlegen, etwas mehr aus der Realität zu holen.

Ob dies nun tauglich ist, ist eine Frage des Geschmackes oder,
wo will man seine Bilder einreihen?
In Richtung, knackig, natürlich, realistischer wissenschaftstauglicher Fotografie,
oder soll das Bild angenehm und freundlich, somit künstlerischen Aspekten entsprechen.
Wobei klar zu erwähnen ist, dass auch aus künstlerischer Sicht, es einen Platz
gibt, für sehr stark beschnittene (Farbbereich) Bilder.
POP Art lässt sich sehr gut verkaufen.

Kurt

P.S.
Schön, dass du zeigst, wie einfach Bilder vermurkst werden können.
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Beitragvon fossilhunter » 11. Mai 2014, 19:28

Hallo Uli !

Sehr interessant deine Ausführungen ! Diese Balken, welche über die Darstellungsgrenze (in vertikaler Richtung) des Histogramms hinausgehen haben mich schon immer fasziniert :wink: Nämlich danhingehend, was sagen sie aus ?
Du zeigst hier ein eindrückliches Beispiel am linken Rand beim Blaukanal ! Die Angabe in Prozent ist natürlich hier natürlich mehr als hilfreich ! Rein aus dem abgebildeten Histogramm kann man das nicht ablesen. Daher die Frage mit welchem Programm du diese Info (Angabe Prozent) bekommen hast. Bei meinem Programm (LR4) konnte ich diese Info noch nicht finden - liegt aber vielleicht an mir ....

lg

Karl
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Ich erteile dem Makro-Forum die Generalerlaubnis, meine im Forum geposteten Bilder - mit Info an mich und Vetorecht meinerseits - zu duplizieren und in der AG einzubauen.

Mehr Infos zu Naturschutz und Makrofotografie in der Steiermark siehe : naturschutz.kaphi.at
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Beitragvon ULiULi » 11. Mai 2014, 21:09

Hallo Karl,

das ist das Histogramm aus Corel PaintShop Pro X6, unten mal komplett.
Es lässt sich beliebig skalieren.

Das Histogramm in LR ist vergleichsweise weniger hilfreich. Zu klein für meinen Geschmack
und es kann den sRGB-Farbraum nur über den Softproof-Umweg anzeigen. Die farbigen
Dreiecke zeigen Randüberschreitungen aber ganz gut an. Ebenso die ggf. farbigen Flächen
auf den Bildern, wenn man Softproof anklickt.

LG / ULi

@ Kurt: Danke für den Ausflug ins Philosophische :)
Vielleicht ist es ja die größere Kunst wenn man weiß, dass man gerade eine Grenze überschreitet
und dies nicht nur unbewusst oder gar aus Versehen tut ;) Muss man aber auch nicht so sehen.
Jeder kann daraus mitnehmen, was ihn glücklich macht. Ich mache nur Angebote. Dogmen über-
lasse ich aus tiefer Überzeugung Anderen.
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Beitragvon StephanFingerknoten » 11. Mai 2014, 21:14

ULiULi hat geschrieben:Dogmen über-
lasse ich aus tiefer Überzeugung Anderen.


Hallo ULi,

das unterschreibe ich uneingeschränkt ;-) Und ich meine damit bestimmt nicht die Fotografie, aber auch.

Ansonsten danke ich für´s Zeigen. Hilfreich bleibt es auf jeden Fall.

LG
Stephan
Ich bin der mit dem -PH

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