
Die veränderliche Krabbenspinne (Misumena vatia) wird immer wieder als Ansitzjägerin „par exellance“ geschildert. Nun, ganz so passiv, wie dieser Ausdruck vermuten lässt ist diese kleine Spinne aber nicht. In diesem Sommer konnte ich mindestens drei unterschiedliche Fangverhalten beobachten, die hier kurz vorgestellt werden.
Interessant war, wie sich Misumena immer mit einem Spinnfaden absicherte. Sehr oft wurde ein solcher Faden von einem der hinteren Spinnenbeine „geführt“, was den Eindruck vermittelte, dass sich die Spinne dadurch auch im Raum (zusätzlich) orientierte. Dies ist auf den folgenden Abbildungen 3, 4 und 5 gut ersichtlich. Solche „Sicherungsfäden“ wurden manchmal über grössere Distanzen, um Blüten und Blätter herum gespannt, vermutlich auch im Rahmen einer „Rückzugs-Fallstrategie“, wenn unmittelbare Gefahr droht, zB. durch einen Makrofotografen, der ein störendes Blatt vor seiner Linse etwas zu unsorgfältig entfernte. Dazu nebenbei noch bemerkt, die Spinne war dann „sofort“ nicht mehr auffindbar und erst am nächsten Tag in der Höhe auf ihrem zuvor ausgewählten Platz in einer Rose wieder zu sehen (Abb.5). Ob der Sicherungsfaden dabei auch als Leitplanke auf ihrem Weg zurück in ihr Revier gedient hatte? Wer weiss, könnte ja sein?
1. Die Ansitzjägerin (Abb. 1)
Krabbenspinne auf Blüten, mit oder ohne Beute, sind die wohl die am häufigsten gezeigten und typischen Bilder. Wie Misumena ihre Blüten auswählt ist mir nicht klar und würde mich wirklich interessieren. Auf einem frischen und fein duftenden Hortensienblütenstand entdeckte ich an einem sonnigen Julitag zum ersten mal gleich zwei Damen (Abb.1). Was sie wohl zusammengebracht hatte?, Haben Spinnen einen Geruchssinn? Weshalb waren gerade diese Hortensienblüten unwiderstehlich und nicht die benachbahrten? Wie funktioniert bei ihrer Revierwahl der Gesichtssinn? Die linke grüne Dame verzog sich nach drei Tagen, die rechte orange blieb. Flogen Bienen umher, „fuchtelte“ Misumena mit ihren Vorderbeinen in die Luft und brachte sich in Fang/Zuschlagposition. Misumena war sehr ortstreu und ergatterte dann einige Bienen, mit Unterbrüchen eine pro Tag. Nach etwa 14 Tagen verwelkten die Blüten und Misumena hatte sich wieder verabschiedet. Ob es sich dann um diesselbe Dame handelt, die ich einige Tage später in luftiger Höhe auf einer 2 - 3m entfernten Stockrose antraf, kann ich nicht sagen (siehe Makroportal).
2. Die Hinterhaltsjägerin (Abb. 2, 3, 4)
Oft konnte ein sehr aktives, ja manchmal wirklich turbulentes Jagdverhalten beobachtet werden. Da war kein „klassisches“ Abwarteverhalten mehr zu sehen. Solche Fangaktivitäten waren vor allem dann ausgeprägt, wenn ein starker Insektenverkehr aufkam. So pirschte sich Misumena zB. auf einem Lavendelstock sehr behende und geschickt an eine Beute heran, und zwar auf der von der Beute abgewandten Blütenstandseite (Abb.2). Immer war sie dabei an einem Faden gesichert, bereit sich sofort fallen zu lassen, wenn sich ein Beutetier zu heftig wehren sollte (Abb. 3, 4). Die schöne Misumena hatte zwar oft kein Glück, konnte so aber dennoch viele Bienen überraschen und erwischen, etwa eine pro Tag (Abb. 4). Misumena, die gefährliche Dame, war wirklich sehr agil und dabei nicht nur auf ihren gerade besetzten Blütenstand fixiert. Sie wechselte häufig auf andere Aeste der Pflanze, je nach Sonnenstand und Flugverkehr. Einmal seilte sie sich gar in den unter ihr gelegenen Blätterwald ab und packte dann eine Biene von unten her, zog sie herab und erschien, als sich die Biene nicht mehr bewegte, mit ihrer Beute erst nach etwa einer halben Stunde wieder auf ihrem vorher besetzten Lavendelblütenstand.
3. Die Dessertjägerin (Abb.5)
Vielleicht müsste man hier eher von einer Delikatessen- oder besser noch Schnäppchenjägerin sprechen, geht es doch um kleine, nicht wirklich aktiv erbeutete Leckerbissen. Manchmal „scharwänzelten“ kleine Fliegen um Misumena herum, „krabbelten“ sogar auf ihr Gesicht ohne dass sich die Spinnendame bewegte oder sonstwie beeindruckt zeigte. Erst als einmal eine kleine Fliege genau zwischen die Chelizeren geriet, schnappten diese Greifer zu; eine so feine Delikatesse konnte nun doch nicht verschmäht werden, schon gar nicht, wenn man sich sowohl für den Fang als auch den Verzehr überhaupt nicht bewegen musste und in den Rosenblättern so schön eingebettet war (Abb.5). Der Verzehr dauerte denn auch nur etwa 5 Minuten; ganz schön dekadent, ein solches Verhalten

Ich hoffe, Euch nicht gelangweilt zu haben und wünsche auf Euren weiteren Fotostreifzügen viel Erfolg. Wenn Euch dieser Bericht dazu animieren kann, einmal einer Krabbenspinne auch während längerer Zeit Gesellschaft zu leisten, dann, ja dann…;-) Bewaffnet Euch mit einem Feldsessel, einem guten Buch und einem Apero, natürlich, nachdem die Kamera vorher in Position gebracht worden war. Geniesst die Umgebung und beobachtet einfach was um die Spinne herum alles abläuft. Sie wird den Rest für eine gelungene Fotosession sicher beitragen.
LG Felix