Das Sechsfleck-Widderchen (Zygaena filipendulae)

Interessante Beobachtungen aus dem Leben unserer Makromotive oder unserer Naturmotive mit dokumentarischem Charakter
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Frederik f56
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Das Sechsfleck-Widderchen (Zygaena filipendulae)

Beitragvon Frederik f56 » 24. Aug 2009, 12:25

I. Allgemeines
Das Sechsfleck-Widderchen Zygaena filipendulae ist ein Vertreter der Familie der Widderchen, welche mit 1.000 Arten weltweit vorkommen. Davon kommen bei uns in Mitteleuropa 31 Arten vor.
Gerade beim Sechsfleck-Widderchen ist jedoch zu beachten, dass eine hohe Anzahl von Unterarten existiert, bisher sind 25 Unterarten erfasst .
Wegen der Zeichnung der Flügel mit den mehr oder weniger großen sechs blutroten Flecken auf schwarzem Grund wird die Art auch als „Blutströpfchen“ bezeichnet.

II. Merkmale
Die Tiere erreichen eine Flügelspannweite von 32-38 Millimetern. Der Körper ist durchgehend schwarz gefärbt, wobei jedoch metallisch wirkende Reflexionen, meist blau oder grün, auftreten. Dies gilt auch für die schwarzen Flächen der Flügel. Die Flügel tragen mehr oder weniger deutlich abgegrenzt jeweils sechs rote Punkte, wobei jedoch auch verschmelzungen der Punkte auftreten.
Die grün-gelbe Raupe wird bis zu 24 mm groß und hat einen stämmig wirkenden, gedrungenen Körperbau. Sie trägt auf der Oberseite eine Doppelreihe schwarzer Punkte und ist leicht weißlich kurz behaart. Sehr selten kommen auch vollkommen schwarze Raupen vor.
Namensgebend für die Widderchen waren wohl die Fühler, welche etwa ein Drittel so lang sind wie der Körper und relativ dick sind. Sie laufen in deiner langgezogenen, leicht gebogenen Keule aus.
Sehr selten kommt eine Farbvariante vor, bei der alle Flecken statt rot gelb sind.

III. Verbreitung und Lebensraum
Das Sechsfleck-Widderchen ist die allgemein häufigste Art der Widderchen, es ist in allen Bereichen mit gemäßigtem Klima in Europa anzutreffen. Die Verbreitung reicht von der iberischen Halbinsel bis ins westliche Sibirien. Selbst in Höhenlagen von bis zu 3.000 Metern kann es angetroffen werden.
Die Art bevorzugt leicht feuchte Wiesenbereiche, Wegränder, Waldränder oder auch Flussniederungen. Hierbei kommt es auch darauf an, dass die Futterpflanzen der Raupen vorhanden sind (siehe IV.).

IV. Lebensweise
Die Art gehört zu den Nachtfaltern, ist jedoch fast ausschließlich tagaktiv. Da es sich um relativ schwerfällige Flieger handelt, sieht man die Imagines insbesondere bei warmen Wetter von Blüte zu Blüte fliegen, wobei die Blüten von Klee- ,Skabiosen- und Flockenblumenarten bevorzugt werden.
Die Raupen sind auf verschiedenen Futterpflanzen anzutreffen, hierzu zählen beispielsweise Gewöhnlicher Hornklee Lotus corniculatus, Gold-Klee Trifolium aureum, Gefleckter Hornklee Lotus maculatus, Wiesen-Klee Trifolium pratense, Luzerne Medicago sativa, Vogel-Wicke Vicia cracca und Heide-Wicke Vicia orobus.
Die blassgelben länglichen Kokons sind zumeist an Grashalmen oder am Klee festgemacht. Insbesondere im Gras sind diese sehr schwer zu erkennen.

V. Fortpflanzung
Die Paarung findet im Juli/ August statt. Das Weibchen legt daraufhin Eier an den Futterpflanzen ab. Die Raupe häutet sich ein oder zwei Mal und überwintert dann. Nach der Verpuppung im Frühsommer schlüpfen die Falter im Juli. Bei großer Nahrungsknappheit kann die Raupe ein zweites Mal überwintern.

VI. Giftigkeit
Sowohl die Imago wie die Raupe ist giftig. Mit ihrer auffälligen Warnfarbe zeigen sowohl die Raupen als auch die Widderchen an, dass sie ungenießbar sind. Bemerkenswert ist, dass die Tiere das Gift nicht bzw. nur zu einem sehr geringen Teil beim Fressen aufnehmen und akkumulieren, sondern es biosynthetisch herstellen. Bei dem Gift handelt es sich um cyanidhaltige Verbinden ( Blausäureverbindungen).

VII. Schutz
Das Sechsfleck-Widderchen steht, auch wenn es nicht selten ist, unter Schutz. Alle Widderchen sind durch das Bundesnaturschutzgesetz in Verbindung mit den Landesnaturschutzgesetzen durch die Bundesartenschutzverordnung, § 1, besonders geschützt.

Artengalerielink:
http://www.makro-forum.de/artengalerie/ ... ?album=108
Dateianhänge
Die Paarung findet im Juli-August statt, mehr oder weniger direkt nach dem Schlupf aus dem Kokon.
SechsflWid_GV_0702009_3773mf2.jpg (184.74 KiB) 1425 mal betrachtet
SechsflWid_GV_0702009_3773mf2.jpg
Die Kokons sind im Gras gut getarnt. Oben erkennt man den noch geschlossenen Kokon, wie er seitlich an einen Grashalm gesponnen ist. Beim bereits verlassenen Kokon unten erkennt man die Reste der Puppenhülle.
Kokons_Sechsf_GV_3784.jpg (323.78 KiB) 1421 mal betrachtet
Kokons_Sechsf_GV_3784.jpg
Beim Jungtier sind nach dem Schlupf aus dem Kokon die Flügel noch nicht voll entfaltet. Der Hinterleib hält noch einen großen Vorrat an Hämolyphe bereit, welcher in die Flügeladern gepumpt wird, um diese zu "spannen". Beim Detailfoto erkennt man den längszweigeteilten Rüssel, dieser wird erst nach dem Schlupf aus zwei Mundwerkzeugen seitlich via "Reißverschluss" gebildet und bleibt dann für immer so.
Jungtier_Sechsf_GV_3297.jpg (469.78 KiB) 1423 mal betrachtet
Jungtier_Sechsf_GV_3297.jpg
Bis auf das Bild des erwachsenen Tieres sind die Bilder in diesem Habitat entstanden. Rechts des Weges waren auf ca. 8qm Wegrand 18 Kokons zu finden, wobei wahrscheinlich auch noch einige übersehen wurden.
Habitat_Sechsfl_3819.jpg (448.23 KiB) 1421 mal betrachtet
Habitat_Sechsfl_3819.jpg
Die Imago lässt deutlich die namens gebenden sechs Flecke erkennen. Diese haben eine blutrote Farbe, woher der auch gebräuchliche Name Blutströpfchen herrührt.
Der Falter sitzt auf einer Flockenblume, die Blüten bzw. deren Nektar dieser Pflanzen sind eine wichtige, teils ausschließliche Nahrungsgrundlage für die Falter.
Sechsfleck-GV_3471.jpg (291.75 KiB) 1427 mal betrachtet
Sechsfleck-GV_3471.jpg
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Beitragvon StefH » 24. Aug 2009, 13:25

Danke für diese interessante Doku :sm2: Das mit dem Rüssel ist ja interessant :shock: Bei dem Pfauenauge habe ich auch gedacht, sieht ja aus als hätte es 2 Rüssel und plötzlich war's nur noch einer. Daß die 2 Hälften über eine Art Reißverschluß verbunden werden, wußte ich noch nicht.
Viele Grüße von Stefanie
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Beitragvon Dedder » 24. Aug 2009, 13:33

Danke Frederik,

sehr interessant was du hier schreibst und mit Bildern belegst. Wieder einmal was gelernt!

Gruß Detlef
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Beitragvon EricJ » 24. Aug 2009, 15:43

Hallo,

danke für diese schöne Doku mit tollen Bildern sowie Informationen.
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Beitragvon HCS » 24. Aug 2009, 20:00

Ausgezeichnete Doku und sehr gelungene Bilder. Nach meiner Erfahrung ist das Widderchen ziemlich "fotografierunfreundlich" wegen der reflexanfälligen Flügel und den feinen Härchen. Hast Du aber prima hingekriegt, besser geht's nicht. Alle Achtung!
Grüße
Christian


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Beitragvon Frederik f56 » 26. Aug 2009, 16:03

Danke für euer positives Feedback! :thank_you2:

Liebe Grüße Fred
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Beitragvon Jürgen Fischer » 26. Aug 2009, 17:51

Hi Fred, umfassend und informativ dokumentiert! Und mit aussagekräftigen Bildmaterial belegt!

Was will man mehr????

Gefällt mir ausgezeichnet und es waren auch einige für mich neue Passagen dabei!

Danke für deine prächtige Arbeit!

LG Jürgen
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Beitragvon Gabi Buschmann » 29. Aug 2009, 11:09

Hallo, Frederik,

eine sehr informative, klasse gemachte und
toll bebilderte Doku, vielen Dank dafür.
Die Sache mit dem Rüssel war mir auch neu,
sehr interessant.

Gabi
Liebe Grüße Gabi
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Beitragvon Tobias Günnemann » 12. Sep 2009, 12:10

Hallo Frederik,


Gefällt mir sehr gut, Deine Doku - auch der jeweilige Text zu den Bilder. So etwas macht viel Arbeit - Dank Dir dafür!
Liebe Grüße,
Tobias
Canon 70d, Tokina 100mm, 2,8
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Beitragvon Frank Divossen » 18. Sep 2009, 15:12

Hallo, Frederik,

also ich muss sagen, da bin ich auch sehr beeindruckt und von der Tatsache mit dem Rüssel überrascht. Tolle Arbeit und natürlich klasse Doku Bilder. Sehr gelungen und inhaltlich informativ :-)
Ich schlafe nur einmal im Jahr

Liebe Grüße

Frank

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