Schlafplätz von Libellen

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Schlafplätz von Libellen

Beitragvon rayden5 » 22. Mai 2011, 10:37

Hallo Zusammen,

ich habe Gestern ein neues Makro Revier gefunden an welchem ich u.a. Pechlibelle, Hufeisenazurjungfern, Vierfleck und evtl. Königslibelle bzw. Mosaikjungfer (kann ich nicht genau sagen) gesehen habe. Leider war später Nachmittag, hartes licht, windig und die Teire waren im Dauerflug. Also keine Fotos :)

Dannach bin ich heute morgen in aller Frühe wieder ins das Biotop und konnte keine enzige (!) Libelle finden. Zw. 6h und 8.30 wirklich GAR nix los, kurz nach 8.30 dann die ersten unspektakulären Pechlibellen.
In den 2.5 Std. bin ich das ganze Biotop abgelaufen ohne den/die Schlafplätze zu finden. Nichtmal die kleinen Pechlibellen und Jungfern konnte ich entdecken.

Das Biotop:
Bei dem Biotop handelt es sich um eine alte Kiesgrube, die aus 2 Etagen besteht. ganz unten die Wasserfläche mit ein wenig Schilf bewachsen sonst eher frei. Dann ca. 5 Meter höher eine große weite Fläche sicher 30m breit und 100m lang, ebenfalls spärlich bewachsen aber schon einige Büsche. Auf der gleiche Ebene, an andere Stelle dann dichtbewachsen mit Büschen und kleinen Bäumen. Das ganze ist von steilhängen umgeben an welchen ebenfalls kleine Büsche und Bäume wachsen.

Alles also eigentlich perfekt , schön versteckt, ruhig und windstill. Nur dachte ich eben daß ich IRGENDWO hier doch die Libellen finden muß. Aber offensichtlich schlafen die ganz weoanders, oder sie sind nur in den Baumkronen wo ich sie natürlich nicht finden kann :(

Vielleicht kann mit Jemand sagen wo ich evtl. suchen soll, es scheint ja etliche Arten zu geben welche bodennah nächtigen, zumindest gibt es viele Bilder mit Tau-Besetzten Libellen auf Schilf oder einem Blütenstand.


Vielen Dank & Gruß
Heiko
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Beitragvon der_kex » 22. Mai 2011, 11:06

Tja, Heiko,
das ist ein echtes Problem bei den Morgenbildern, die man hier sieht.
Sie vermitteln den von dir geschilderten Eindruck, dass Libellen bodennah im
Schilf übernachten.

In Ausnahmefällen tun sie dies auch. Aber sie sind, wenn schon, idR ganz unten drin
im dichten Gras/Schilf/... . Schließlich sind sie ja nicht so dumm un präsentieren sich ihren
Fressfeinden auf dem Präsentierteller.

Kleinlibellen übernachten z. T. schon gewässernah (je nach Art im Bereich von 100-300m
Radius). Aber die lassen sich u. U. bei einer wahrgenommenen Bewegung in ihrer Nähe
vom Halm fallen, um nicht gefunden zu werden. Reiner Selbstschutz. Du hast vermutlich
bei deiner Suche etliche Kleinlibellen zum Fallenlassen gebracht, nehme ich an.
Großlibellen (außer einigen Segellibellenarten) nächtigen am liebsten in Baumkronen, in die
sie sich bei schlechtem Wetter (regen/Kälte) oder abends zurückziehen.
Blaupfeile, Heidelibellen, Feuerlibellen und andere kann man in Habitaten mit wenig Baum-
bestand oft auch bodennah finden. In ganz großen Ausnahmen auch Edellibellen, wenn sie
von Kälte oder Regen überrascht wurden oder die Kraft nicht mehr reichte.
Ein anderer Aspekt ist das Wetter (wie eben geschildert). Bei Tau sind Schnecken unterwegs,
da suchen sich die Tiere Stellen, die von Schnecken möglichst nicht penetriert werden.
Oft sind die Schlafplätze (bei am Vorabend sonnigem Wetter) im letzten Sonnenlicht des
Abends.

Übernachtungsplätze von Libellen sind nach wie vor ein relativ gut gehütetes Geheimnis
der Tiere selbst, denn: Wer klettert denn schon auf Bäume oder verwendet eine Hebebühne,
um Libellen zu fotografieren?

Schließlich gibt es auch die wenigen Glücksfälle, dass es ein Habitat gibt, wo sie in
Ermangelung anderer Übernachtungsplätze bodennah übernachten ... das ist aber bei
Großlibellen mit den genannten Ausnahmen extrem selten und bei Kleinlibellen ganz tief
unten im hohen Gras/Schilf. Und das ist für den Fotografen auch gelinde gesagt suboptimal.
Höchstens:
Er behilft sich, indem er ein Tier unten drin findet und es auf einen günstigen Ansitz umsetzt.
Das ist aber nach dem Naturschutzgesetz streng verboten und gefährdet die Libelle.

Wo nun die vielen Morgenaufnahmen hier herkommen, wird eine Mischung aus Glück,
Umsetzung und Ausnutzung der letzten Phase (Trocknungsphase in der Sonne) sein,
in welcher die Tiere nach oben klettern und in der Sonne trocknen.

Mir geht es jedenfalls sehr oft wie dir: Gehe ich morgens los, ist nichts zu finden, kommt
die Sonne raus (blödes Licht), wuselt es an allen Ecken und Enden. Das ist ganz normal.
Auch ein Grund dafür, dass ich die lebensnahe Tageslichtfotografie in blühendem Leben
bevorzuge.

LG Christian
Liebe Grüße,
Christian
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Beitragvon rayden5 » 22. Mai 2011, 11:43

Halo Christian,

vielen Dank für die ausführliche Erklärung, dann kann ich mir das Frühaufstehen in Zukunft wohl sparen :D

Tagsüber finde ich das fotografieren immer schwerer, normal windet es hier bei uns stärker als früh morgens und mit dem Harten Licht gibt es schnell unschöne Reflexe.

Gruß
Heiko
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Beitragvon bnormal » 22. Mai 2011, 12:08

Moin, moin,

auch von mir vielen Dank an Christian für die tolle Erklärung. Darf ich eine Zusatzfrage stellen? Mir ist, da ich Langschläfer bin, hier neulich empfohlen worden, doch abends zu fotografieren, wenn das Licht nicht mehr so hart ist. Hab ich versucht, mit dem gleichen Ergebnis wie Heiko: Keine Libellen mehr, wo tagsüber viele waren. Und die Sonne war noch nicht untergegangen. Suchen die schon früh ihre Schlafplätze auf?

Gruß
Bernd
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Beitragvon rayden5 » 22. Mai 2011, 12:25

Hi Bernd,

ja das kenne ich :D Ich habe hier Zwei Bücher "Die Libellen Baden-Württembergs" dort gibt es pro Libelle einen Abscnhitt "Tagesaktivität" und es ist tatsächlich so, daß viele schon gegen 16-17h wieder das Gewässer verlassen, kommt laut dem Buch auf viele Faktoren an, z.B. ob noch andere Männchen/Weibchen da sind, ob die Eiablage beendet ist usw.

In wie weit diese Zeiten tatsächlich stimmen und ob sich die Tieer wirklich so verhalten, kann ich nicht sagen, da ich hier in direkter Umgebung bisher leider nur 2-3 Kleinlibellenarten gefunden habe, zB. gr. Pechlibelle und Hufeisen-Azurjungfer. aber da stimmt die Flugzeit: Vor 8-9h morgens tauchen die Jungs nicht am Weiher auf, die Mädels eher noch später :D

Gruß Heiko


Gruß Heiko
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Beitragvon der_kex » 22. Mai 2011, 13:51

@Bernd,
die Empfehlungen können eigentlich nur gemeint haben, dass du im späten Nachmittagslicht fotografieren könntest. Je näher wir da dem längsten Tag im Jahr kommen, umso später ist
das natürlich und verlagert sich in den frühen Abend. Du kannst aber einfach mal um 17.00 Uhr kommen und ein Tier lange beobachten. Das würde dich dann vielleicht an die Über-nachtungsplätze führen. Dann kannst du, wenn die Libelle sich zum Schlafen gesetzt hat,
abends fotografieren und weißt auch, wo sie am nächsten Morgen zu finden ist.

Solche Beobachtungen zeigen dir dann auch andere Verhaltensweisen der Libelle ... das
ist hochinteressant und kann auch reizvolle Motive im Dokubereich ergeben (bei diesem Licht
vielleicht sogar in Galeriequalität.
Es würde natürlich voraussetzen, dass du bereit wärst, dich an diesem Tag selbst zu
beschränken - eben auf dieses eine Tier ... ;-) ... aber es würde vielleicht ein erkenntnis-
reicher Abend werden.

LG Christian


@Heiko: Na, wenn du die beidn Bücher hast, wundert mich aber deine Verwunderung über die leergefegten
morgendlichen Gewässerufer. ;-)
Liebe Grüße,
Christian
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Beitragvon rayden5 » 22. Mai 2011, 18:51

Ich wusste ja, daß ich direkt a Teich nix finden würde, aber habe halt gehofft daß die Libellen im Biotop in Bodennähe schlafen und nicht in 10m Höhe an den Bäumen :D

gruß Heiko
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Beitragvon kjh » 22. Mai 2011, 19:10

Hallo Heiko,
man kann das nicht verallgemeinern. Ich habe gestern in unmittelbarer Bodennähe auf einer Distanz von ca. 10 Metern bestimmt mehr als 30 Blaue Federlibellen gezählt (und fotografiert), direkt in Ufernähe. So unscheinbar, dass man schon wirklich sehr genau hinschauen muss. Es hängt also stark von der Art ab, wo man sie findet. „Meine“ vielen Großlibellen an meinem Gartenteich hingegen sind ab ca. 16:30 spurlos verschwunden. Christian hat da schon wertvolle Hinweise gegeben, wo die Suche hingehen sollte.
LG, Klaus
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Beitragvon der_kex » 22. Mai 2011, 19:33

Ja, stimmt, Klaus,
u. A. Feder- und Pechlibellen findet man noch am meisten in Gewässer- und Bodennähe.
Liebe Grüße,
Christian
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Beitragvon Helmchen » 22. Mai 2011, 20:07

Also ich hätte noch eine Anmerkung, bei uns ist rings um den See ein Wald,
aber die Pechlibellen / Federlibellen und Hufeisen-Azurjungfern sitzen direkt
am Wiesenstreifen am Weg und zwar fast ganz oben an den Halmen ^^

Selbst nach starkem Regen sitzen sie da noch, was mich sehr überrascht!
Gruß Thomas :-)

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