Paarung der Blindschleiche

Interessante Beobachtungen aus dem Leben unserer Makromotive oder unserer Naturmotive mit dokumentarischem Charakter
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Indy
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Paarung der Blindschleiche

Beitragvon Indy » 22. Aug 2010, 13:42

Die Blindschleiche heißt wissenschaftlich (Anguis fragilis) das fragilis steht für fragil, zerbrechlich und Carl von Linne wird sich sicher etwas dabei gedacht haben das er das Wort zerbrechlich beim Artennahmen nutzte. Bei Anguis ( Schlange) meinte er sicherlich die Schlangenähnlichkeit und nicht das sie eine Schlange wäre, für die sie aber oft gehalten wird.

Wenn man sich mit der Art beschäftigt, so fällt sehr schnell auf das viele von Ihnen einen nachgewachsenen Schwanz haben, er ist grau und endet etwas stumpfer als der natürliche Schwanz der Tiere.
Wenn die Tiere von einem Beutegreifer, Prädator, ergriffen werden, trennt sich ein Teil des Schwanzes ab und bewegt sich heftig. Dies soll den Prädator von seiner Beute ablenken und der Schleiche die Flucht ermöglichen.
Von daher wird der wissenschaftliche Name hier seinen Ursprung haben.

Wenn man sich aber das Bild der Paarung der Blindschleichen unten ansieht, so sieht es mehr nach Vergewaltigung, als nach Paarung aus und Schwanzverluste könnten sich auch hier ereignet haben.
Es handelt sich um ein älteres Männchen, erkennbar an der grauen Gesamtfärbung und den leicht blauen Punkten auf dem Rücken und um ein junges Weibchen, das mit der ganzen Sache nicht einverstanden war und sich auch erfolgreich zur Wehr setzte und dann entfernte. Ob das Blut an der Bissstelle ist kann ich nicht genau sagen, es sah jedenfalls so aus und ich dachte auch beim Fotografieren, eine Schlingnatter beim Beutefang zu beobachten. Das es beides Blindschleichen waren habe ich erst gesehen, als sie einmal still lagen.

Bei gleichstarken Tieren sieht das gesamte nicht so nach Vergewaltigung aus, es wird da etwas lieber festgehalten und um die beste Position gerungen, man kennt das ja.
siehe Bild III

Zur Frage, wie oft reproduzieren sich Blindschleichen eigentlich.
Die Männchen können sich eigentlich jedes Jahr reproduzieren, der Energieaufwand für die Rivalenkämpfe der (potenten) Männchen ist nicht so hoch wie der, der Weibchen für die Gelegeanlage und das anschließende ausbrüten des Geleges im eigenen Körper.
Also findet bei den Männchen eine Selektion statt und es werden sich nur die stärkeren Blindschleichenmännchen fortpflanzen.
Bei den Blindschleichenweibchen ist es sehr fraglich, ob sie sich jedes Jahr fortpflanzen können, denn durch die Schwangerschaft ist das Beutespektrum sehr klein geworden. Die Beweglichkeit hat nachgelassen und da schon ein großer Teil des Bauches gefüllt ist, passen auch nur kleine Beutetiere hinein. Das Blindschleichenweibchen, braucht also vermutlich einen Sommer zur Austragung des Geleges und einen zweiten zur Rekonvaleszenz.


Wenn man Blindschleichen finden und fotografieren will, sollte man sich einmal Gedanken darüber machen, wann sie sich wo Aufhalten.
Sie brauchen einen ihrem Wärmebedarf, entsprechenden Lebensraum. Dieser muss nicht das ganze Jahr voll Sonnenbeschienen sein, sondern die mögliche Sonnenscheindauer im Durchschnitt eines Tages muss stimmen.
Dann können sie, je nach Sonnenangebot immer noch wählen, ob sie Jagen, ruhen oder verdauen wollen.
Wenn die Tiere erst einmal gut temperiert sind muss man sich wesentlich langsamer bewegen und Erdbodenerschütterungen vermeiden, da die Tiere diese durch den Langgestreckten Körper bei direktem Kontakt zum Boden Schritte sehr gut wahrnehmen können.
Blindschleichen findet man meistens wenn sie eine vom Menschen geschaffene Freifläche überqueren wollen.
Dies sind meist Wanderwege oder auch Radwege, bei uns im Garten die geteerte Garageneinfahrt und die mit Steinplatten verlegten Wege. Man kann die einzelnen Schleichen durch Portraitfotos identifizieren, da sich bei Reptilien die helleren oder dunkleren Farbpigmente auf den Schuppen ein Leben lang erhalten und damit zur Identifikation geeignet sind.
Wir schätzen den Blindschleichenbestand in unserem Garten, auf etwa 40 Exemplare aller Altersstufen. Eine Paarung habe ich hier noch nie gesehen.
Wenn man Anfang Mai, zur Paarungszeit der meisten Reptilien, loszieht, und auf kleine Bewegungen oder ein Rascheln im Laub achtet, kann man glück haben, aber sehr wahrscheinlich ist es nicht. Ich habe bisher, da ich bei Reptilienkartierungen mithelfe, fünfmal glück gehabt und die Blindschleichen paarend vorgefunden.

Bernhard
Dateianhänge
Kamera:EOS 30D
Objektiv:EF50mm f/2,5 Compact Macro
Belichtungszeit:1/250
Blende:10
ISO:100
Beleuchtung:Blitz, da im Straßengraben
Bildausschnitt ca.: 60 %
Stativ: nein
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Aufnahmedatum:09.05.09
Region/Ort:Nettersheim
Lebensraum:Hecken und Wiesengelände am Straßenrand
Artenname: Blindschleiche (Anguis fragilis)
kNB nein
Blindschleichenpaarung Nettersheim_004081.jpg (434.96 KiB) 1664 mal betrachtet
Blindschleichenpaarung Nettersheim_004081.jpg
Kamera:
Objektiv:
Belichtungszeit:
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ISO:
Beleuchtung:
Bildausschnitt ca.:
Stativ:
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Aufnahmedatum:
Region/Ort:
Lebensraum:
Artenname:
kNB
sonstiges:
Blindschleichenpaarung_2_004088.jpg (445.46 KiB) 1654 mal betrachtet
Blindschleichenpaarung_2_004088.jpg
Kamera:
Objektiv:
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Stativ:
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Aufnahmedatum:
Region/Ort:
Lebensraum:
Artenname:
kNB
sonstiges:
Blindschleichen_Paarung4_004076a.jpg (427.23 KiB) 1656 mal betrachtet
Blindschleichen_Paarung4_004076a.jpg
Zuletzt geändert von Indy am 29. Aug 2010, 18:46, insgesamt 5-mal geändert.
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Beitragvon Thorsten » 23. Aug 2010, 07:26

Hallo Bernhard,

sehr interessante Doku eines "heimlichen" Geschehens am Straßenrand, das kaum einer von uns jemals mit eigenen Augen gesehen haben wird! Klasse!

Wenn Du einen links zum ersten Bild ins Artenportal stellen würdest, würe ich es beizeiten gerne in die AG übernehmen wollen.

Grüße, Thorsten

PS: Beim 2. Bild habe ich den Eindruck der Ausschnitt sei nächträglich vergrößert worden?
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Beitragvon joerg,w » 23. Aug 2010, 07:57

Hi Bernhard,
schade das solche Situationen immer fast sichtgeschützt stattfinden ,aber wenn es nicht so wär würden sie nicht Überleben. Ich kenne das von Ringelnattern die trieben es auch immer im Gewühl. Schöne interessante Doku.
Gruß Jörg
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Beitragvon dlapinsky » 23. Aug 2010, 09:26

Hallo Bernhard,
eine tolle Szene sehr schön dokumentiert.
Gefällt mir sehr gut!
Liebe Grüße
Reinhard

Die Menschen stolpern nicht über Berge, sondern über Maulwurfshügel. - Konfuzius
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Felix Speiser
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Beitragvon Felix Speiser » 23. Aug 2010, 10:51

Interessant, kannst Du noch etwas mehr Erklärendes zu den drei Bildern sagen?
Meine Motivation zum fotografieren (nicht nur in der Makrofotografie):
"Wer fotografiert lernt sehen und wer sehen lernt, lernt die "Welt" ein klein wenig besser zu verstehen"
http://www.felixspeiser.ch
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Beitragvon Jürgen Fischer » 23. Aug 2010, 11:59

Ein wunderbares Getümmel und Gewimmel, Bernhard!

Gefällt mir super, hab ich live auch noch nicht miterleben dürfen!

Danke fürs Zeigen und vielleicht auch für das verlinken ins AP für die AG oder DG!

LG Jürgen
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