Gestatten, mein Name ist Mistbiene

Interessante Beobachtungen aus dem Leben unserer Makromotive oder unserer Naturmotive mit dokumentarischem Charakter
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Gestatten, mein Name ist Mistbiene

Beitragvon Ute Hahn » 16. Jul 2010, 10:03

diese häufige Schwebfliege möchte ich euch in einem Artenportrait vorstellen. Viel Spaß beim Lesen.

Die Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege – Eristalis tenax

Erscheinungsbild:
Sie ist eine große, 14-18mm lange, am ganzen Körper glänzende, bienenähnliche Schwebfliege.
Der Hinterleib ist dunkelbraun und hat am zweiten Segment keilförmige
gelbe, ockerfarbene oder rötlich-gelbe Flecken. Diese sind sehr variabel.
Das Mesonotum (Brust) ist dunkel, das Schildchen dunkel bis gelblich.
Die schwarzen Facettenaugen sind oben und unten durch Haarbinden verbunden.
Die Fühlerborste ist nicht gefiedert, was ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu anderen Eristalis-Arten ist.

Vorkommen:
Sie ist weltweit verbreitet, vor allem in ländlichen Gebieten recht häufig, da es dort gute
Entwicklungsmöglichkeiten für die Larven gibt. Wegen ihres oft massenhaften Auftretens
in der Nähe von Misthaufen hat sie ihren populären Namen „Mistbiene“ bekommen.
Flugzeit ist von März bis Oktober, an warmen Wintertagen fliegen die Weibchen auch bei uns.
Im Spätsommer wandert sie über die Alpen nach Süden. Sie vermehrt sich dort
und die nächste Generation wandert im Frühjahr zurück. Dabei erreicht sie
Geschwindigkeiten von bis zu 25 Stundenkilometern. Als Nahrung dienen
den erwachsenen Insekten besonders gerne die Blütenpollen und der
Nektar von Korb- und Doldenblütlern.

Entwicklung:
Die Eier werden in jauchigen Pfützen, Sickergruben oder in verrottendem Schlamm abgelegt.
Die nach dem Schlupf nur 2mm großen Larven sind sehr weich. Sie filtern Bakterien
und faulende Pflanzenteile aus dem Wasser und tragen so zur Klärung desselben bei.
Innerhalb von zwei bis drei Wochen können sie bis zu 2cm groß werden,
dazu kommt die Atemröhre mit mehreren cm Länge. Mit der Atemröhre nehmen sie
Luft an der Oberfläche auf. Diese hat ihnen auch zu ihrem Namen verholfen – Rattenschwanzlarven.
Entdecken kann man die Larven durch den Schnorchel mit seinen gefiederten Haare
und einer Eindellung der Wasseroberfläche. Die Anzahl der Haare am Schnorchel
ist gattungsspezifisch bei den Eristalis-Arten verschieden. Sie verschließen den
Schnorchel mit einem Luftbläschen, wenn die Larve diesen einzieht. Die Larven werden
bei massenhaftem Auftreten bekämpft, da sie zur Verpuppung das Wasser verlassen und
auf der Suche nach einer geeigneten Stelle auch in Wohnungen eindringen. Sie stellen
zwar keine Bedrohung für Mensch oder Tier dar, können aber durch ihr
ekelerregendes Aussehen und das invasionsartige Auftreten in 2 Wellen (meist im Juni und August)
zur Plage werden. Die adulten Tiere schlüpfen nach ca 2 Wochen. Es fliegen 2-3 Generationen im Jahr.

Besonderheiten:
Sie hat einen schwach ausgeprägten Fluchtreflex und läßt sich mit der Hand fangen.
Wohl aufgrund ihrer Tarntracht?
Der lateinische Begriff „tenax“ bedeutet „zäh“ – und kommt von der Überlebensfähigkeit
der Larven im verschmutzten Wasser.

Geschichtliches:
In der Antike glaubte man das Bienen aus verwesenden Kadavern gezüchtet werden können,
wenn man ein Rind auf dem Feld verwesen läßt. Diese Erzählungen hielten sich bis ins Mittelalter.
Schwärme von Mistbienen, die an den Kadavern ihre Eier ablegten und sich dort entwickelten,
ließen diesen Aberglauben entstehen.
Dateianhänge
Kamera:eos550
Objektiv:100mm
Belichtungszeit:1/200
Blende:3,5
ISO:100
Beleuchtung: tageslicht
Bildausschnitt ca.:100
Stativ: nö
---------
Aufnahmedatum:04.07.2010
Region/Ort:Ba-Wü
Lebensraum:Garten
Artenname:Eristalis tenax
kNB, weil Garten
sonstiges: -
Eristalis-tenax.jpg (250.22 KiB) 1090 mal betrachtet
Eristalis-tenax.jpg
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Beitragvon StefH » 16. Jul 2010, 10:42

Danke für diese informative Doku! Das Geschichtliche war auch neu für mich :shock:
Viele Grüße von Stefanie
Olympus OMD und Panasonic G6 mit m.zuiko 60/2.8 und Olympus Stylus1 mit Raynox DCR-150/250 und MSN-202

http://stefanie-hamm.de/
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Beitragvon Monika E. » 16. Jul 2010, 11:08

Hallo Ute

danke für deine wertvolle Arbeit, es ist schon immer wieder interessant etwas über ein einzelnes Insekt zu erfahren.
Ihre Tarnung ist erstaunlich echt, eine hübsche Aufnahme
Liebe Grüsse

Monika

Es ist nicht genug zu wissen,
man muss es auch anwenden.
Es ist nicht genug zu wollen,
man muss es auch tun.
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Beitragvon Goldauge » 16. Jul 2010, 11:55

StefH hat geschrieben:Danke für diese informative Doku! Das Geschichtliche war auch neu für mich :shock:

für mich auch, Danke....
aber da gab es ja vieler solcher abenteuerlich klingenden Vorstellungen...

und wer welche im Garten haben möchte, möge ein bißchen Brennesseljauche ansetzen :lol:
(Bio-Gärtner wissen, wofür die sonst gut ist...)

da kann man dann die Larven wachsen sehen - siehe meinen Beitrag dazu :wink:

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