Lebensraum Waldbach - Libellen?

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Helmchen
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Lebensraum Waldbach - Libellen?

Beitragvon Helmchen » 9. Jan 2010, 14:10

Servus,

hoffe dieser Bereich ist richtig, dachte das es im "Makro Talk" nicht ganz so passt.

Und zwar hab ich einen Waldbach gefunden. Große Teile entlang des Baches hat es Bäume
und Schatten, aber auch sonnige Stellen. In der Nähe hat es einen kleinen See (100-200m lang)
und neben dem Bach hat es eine große Wiese und Wald.

Meine Frage sind nun ...

... findet man dort Libellen? Also an dem Bach.
... welche Arten?
... kann es dort Quelljungfern haben? (Ist keine Quellbach, aber langt vielleicht der Sauerstoffgehalt?)
... in welchen Abschnitten such ich dann?
... Nur in den sonnigen Bachabschnitten suchen?

Bin gespannt auf eure (zwei ;-) ) Antworten
Gruß Thomas :-)
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Andreas Th. Hein
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Beitragvon Andreas Th. Hein » 9. Jan 2010, 14:43

Hallo Thomas,

ach das wäre ja einfach, wenn Libellen in ihrem Vorkommen so berechenbar wären :laugh3: Um die Arten eventuell etwas besser eingrenzen zu können, sind noch ein paar Infos von Bedeutung.
Wie breit, wie tief, welche Pflanzen,welcher Grund,in welcher Höhenlage, wie hoch ist die Fließgeschwindigkeit, wenn kein Quellbach,wovon wird der Bach dann gespeist?
Typische Arten der Fließgewässer sind die Prachtlibellen, Flußjungfern, Quelljungfern. An sonnigen Plätzen mit geringer Fließgeschwindigkeit und üppiger Vegetation, kannst du eigentlich fast alles finden. Ergo schaue dir entsprechend unterschiedliche Bereiche an. Quelljungfern fliegen auch im Schatten,speziell in der Mittagszeit, stetig ihr Revier ,auf und ab. Nach meinen Beobachtungen patroullieren meist 2 Männchen auf einem Abschnitt von ca. 100 m, häufig in Abschnitten die mit Berle bewachsen sind, sie setzen sich auch gern mal ab. Also eine verdächtige Stelle ruhig länger beobachten. Ich denke jedoch , du kannst dich getrost direkt zum See begeben und wirst dort eigentlich alles finden,was der Bach hergibt. Viel Erfolg wünsche ich dir in der Saison 2010. Drei Arten fehlen uns ja noch,würde mich freuen,sie von dir zu bekommen.

LG Andreas
Viele Grüße Andreas
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Helmchen
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Beitragvon Helmchen » 9. Jan 2010, 17:44

An dem See war ich schon sehr oft, hatte gehofft an dem Bach neue Arten zu finden :-)

Am See hat es Große Königslibelle, Glänzende Smaragdlibelle, Blutrote Heidelibelle, Vierfleck und selten Kleine
Zangenlibellen.

Die Infos über Breite und Tiefe kann ich erst später liefern, bei uns ist grad etwas viel Schnee ^^
Gruß Thomas :-)
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Andreas Th. Hein
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Beitragvon Andreas Th. Hein » 10. Jan 2010, 09:12

Hallo Thomas,

auch sollte es dort eigentlich Blaue Federlibellen geben und einige Arten aus der Familie Coenagrionidae - Schlanklibellen, zu denen Pechlibellen ,Azurjungfern, Adonislibelle und die Becherjungfer zählen. Später im Jahr auch durchaus Binsenjungfern. Wichtig ist jeweils die Vegetation im und am Wasser,in der die Larven sich verstecken können,bzw. die Weibchen ihre Eier stechen können. Dann sind zu berücksichtigen, das Futterangebot der Larven, Fressfeinde der Larven und ganz wichtig ist die Wasserqualität. Je sauberer und nährstoffhaltiger, desto grösser die Chance auf eine seltenere Art. Cordulegaster boltonii fliegen bei uns an geeigneten Habitaten stets den Bach entlang bis zum See, wo sie eine Runde drehen, ehe sie zurückfliegen. Flußjungfern verhalten sich ähnlich und treten häufige auch an Seen auf.
Ich konnte im letzten Jahr sogar eine Zweigestreifte Quelljungfer schlüpfend an einem Waldsee finden, durch den allerdings ein Quellbach fließt.

LG Andreas
Viele Grüße Andreas
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Beitragvon Helmchen » 10. Jan 2010, 11:05

Ups, die Kleinlibellen hab ich ganz vergessen zu erwähnen ^^
Ich dachte in dem Bach finde ich vielleicht Arten die im See nicht sind,
weil sie die Strömung brauchen.

Ich hab ne Stelle wo ich Quelljungfern finde, aber da hats im Sommer so abartig viele Bremsen.
Ich bin da letztes Jahr auf die Wiese gelaufen (50m zum Bach sind es) und alleine auf meiner
Hose sahsen 30 Bremsen!


Naja, muss ich wohl doch Christian besuchen und mit im auf Tour gehen :P (wohnt ja nur 1 1/4h weg :-) )
Gruß Thomas :-)
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Andreas Th. Hein
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Beitragvon Andreas Th. Hein » 10. Jan 2010, 11:41

Hallo Thomas,

sicher bietet der Bach für einige Arten den optimalen Lebensraum zur Entwicklung, die sie an einem gewöhnlichen See nicht vorfinden. Die fertige Libelle allerdings,wird sich aber in der gesamten Umgebung ihres Entwicklungsgewässers beobachten lassen können. Die kennt ihre Grenze nicht, wenn es allerdings um Paarung und Eiablage geht, wird diese wahrscheinlich wieder, an dem für die Entwicklung ihrer Larven,passenden Gewässer auftauchen. Ich drücke dir die Daumen,dass du mit Christian einmal zusammen kommst, da hast einen sehr kompetenten Begleiter an deiner Seite, nicht nur was Libellen angeht ;-)

LG Andreas
Viele Grüße Andreas
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Beitragvon der_kex » 10. Jan 2010, 15:47

Hallo Thomas,
das mit der gemeinsamen Cordulegaster-Tour plane ich gerne mal ein, hoffentlich passt das mit unseren Terminen zusammen - wäre schön! Ich kenne aber auch nur meine Biotope, zu allgemeinen Ferndiagnosen bin ich leider auch nicht in der Lage, da ich zu wenig Ahnung habe. Die von Andreas erfragten Faktoren sind sicher elementar wichtig für das Libellen-Vorkommen in deinem Biotop. Ich werde dieses Jahr auch mal mit einem erfahreneren Libellen-Spezialisten als ich es bin, bidentata suchen gehen ... er hat wohl einige Biotope zwischen Göppingen und Geislingen/Steige gefunden, wo diese Art beheimatet ist.

Wir haben hier im Schurwald einige sandgründige, langsam fließende Waldbäche, die ebenso teils beschattet, teils besonnt sind ... und ich habe zuerst immer in den schattigen Bereichen gesucht ... wo ich selten mal ein einzelnes Exemplar von boltonii für wenige Sekunden zu Gesicht bekam - und zwar sowohl mal ein eiablegendes Weibchen, das aber extrem unruhig war und beim Annähern sofort fluchtartig reißaus nahm, als auch einzelne Männchen, die entlang des Bachs Patrouille flogen. Das war sehr frustig - ich hatte immer den Eindruck, die Libellen hocken auf den Bäumen und lachen sich kaputt, und dass sie, sobald ich den Wald verlasse, den Bach wieder in Besitz nehmen würden.
Wirklich Erfolg hatte ich dann erst an einem besonnten Abschnitt weiter bachaufwärts, welcher mehrere stehende Teile hatte - dieses Gebiet ist ein Ausfluss eines ehemaligen Sandabbauplatzes. Dort waren dann manchmal gleichzeitig 3 Männchen von boltonii zu sehen, allerdings nie besonders lang am Stück.
Von bidentata weiß ich, dass sie eher im bewaldeteren quellnäheren Bereich zu finden sein sollen (max. 500m vom Quellaustritt weg. Daher werde ich ab Juni/Anfang Juli am gleichen Bach an weiter oben liegenden Abschnitten nach dieser Art Ausschau halten.
In einem zweiten Biotop habe ich auch boltonii gefunden - dieses ist auch eher ein Bereich, in welchem das Wasser sehr langsam fließt und sich kleine Wasserwannen im Sandgrund gebildet haben ... es ist ein sehr flacher halbbesonnter Bachaustritt mit starkem Bewuchs. Mit Pflanzen kenne ich mich aber leider zu wenig aus, als dass ich zum konkreten Bewuchs etwas Vernünftiges sagen könnte.
Du siehst: Sooo erfahren bin ich jetzt auch noch nicht, eher sehr gespannt auf die neue Saison, in der noch wahnsinnig viel zu erforschen ist, was ich ja auch sehr spannend finde - im Winter ist nur diese Spannung leider sehr schwer zu ertragen.
In der ernüchternden Gewissheit dir nicht weitergeholfen zu haben ...
liebe Grüße, Christian
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Beitragvon Helmchen » 10. Jan 2010, 23:12

Abend,

also Christian wenn du mir sagst wann, nehm ich mir sehr gerne auch Urlaub.
Wollte dieses Jahr 2 Wochen mit meiner Freundin wegfahren und 2 Wochen
zum Fotografieren frei nehmen. Richte mich da also gerne nach dir :-)

Das letzte mal war zu spontan bzw. war da schwer Zeit zu finden :-)

Können ja auch Andreas besuchen oder fahren nach Bayern, da soll es ja
auch sehr viele geben.

Wegen dem Bach, wenn der Schnee geschmolzen ist schau ich mal nach den Daten.
Gib mal in google Poppeltal ein ... dort hat es 2 Quellen und natürlich auch Quellbäche.
Von mir sind es 40km. Hotel kostet dort 27 euro die Nacht ;-)
Gruß Thomas :-)
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Beitragvon Andreas Th. Hein » 16. Mär 2010, 07:50

Bernd C hat geschrieben:Hallo Thomas, hallo Christian,
um das Vorkommen von Cordulegaster-Arten festzustellen, ist es am Besten nach Larven zu keschern. Dafür braucht es Watstiefel um in den Bach zu steigen und ein stabiles Küchensieb. Bellmann schrieb mal, 100 Versuche = ein Treffer; aber unsere Quote ist wesentlich besser. Das meiste Futter findet sich in kleinen Vertiefungen in der Flutrinne; also vergraben sich dort auch die Larven. So bekommt man schnell Sicherheit ob die erwünschte Art überhaupt vorkommt.

Wenn man dann etwas tiefer in die Ebene geht und der Bach sich zum kleinen Tieflandfluss wandelt, kann man auf diese Weise auch gut nach Gomphiden keschern. Hier sucht man am Besten nach Sandbänken.

Gruß
Bernd C




"Dafür braucht es Watstiefel um in den Bach zu steigen und ein stabiles Küchensieb" und eine Ausnahmegenehmigung nach §43 Absatz 8 Bundesnaturschutz-Gesetz (BNatSchG) und zur Betretung von Schutzgebieten abseits der Wege ist zusätzlich eine Befreiung von den Ge- und Verboten einer Unterschutzstellung nach § 72 BbgNatSchG (in allen anderen Bundesländern so ziemlich gleich) nötig. Nur zum fotografieren werden diese jedoch nicht erteilt :wink:
Hier die Fassung von 2006 für B-W.

LG Andreas
Viele Grüße Andreas
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Beitragvon Danijel » 16. Mär 2010, 08:18

Hi Andreas,

hab den Brocken mal überflogen. Sinnvoll wäre es, wenn dieses Gesetz auf der Startseite oder zumindest einen eigenen Link bekäme.

Interessant ist §42, verbot von Filmen und Fotografieren.

Das ist ja dann eigentlich fast in jedem ausgewiesenem Gebiet so...
:read:
Grüsse Danijel

Inoffizieller Nikonsponsor...

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