Libellenschicksale beim Schlüpfen

Interessante Beobachtungen aus dem Leben unserer Makromotive oder unserer Naturmotive mit dokumentarischem Charakter
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Magdalena Schaaf
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Libellenschicksale beim Schlüpfen

Beitragvon Magdalena Schaaf » 17. Mai 2009, 17:51

Hallo,

heute möchte ich eine neue Doku beginnen, Libellenschicksale beim Schlüpfen bzw. bei der letzten Häutung.
Obwohl ich dieses Jahr noch kaum Gelegenheit hatte, draußen zu sein und mich mit den Libellen zu beschäftigen, habe ich nun schon alleine 4mal deformierte Libellen gefunden bzw. Libellen, bei denen bei der letzten Häutung („dem Schlüpfen“) etwas schief ging.
Hier im Forum wird meist die makellose, perfekte, in unseren Augen „schöne“ Natur dargestellt. Die von uns als „grausam“ betitelte Seite wird viel vernachlässigt. Doch auch Tod, rressen und gefressen werden, Mutationen, Pilze oder Krankheiten gehören dazu.
Ich bitte Euch User darum, diese Doku weiter zu ergänzen.

Nun zu meinen Bildern.
Die Bilder der frühen Adonislibelle, Pyrrhosoma nymphula, zeigen ein Exemplar, welches beim Schlüpfen nicht vollkommen aus der Exuvie mit dem letzten Flügel kam.
Bild 1: Gesamtansicht,
Bild 2: versucht das Problem zu zeigen, war aber recht schwierig zum fotografieren.
Den gleichen Fall konnte ich heute wieder beobachten, sonst allerdings noch keine Vorkommnisse bei den Kleinlibellen.

Die folgenden Bilder sind vielleicht nicht unbedingt für jeden geeignet....
Heute Morgen am Teich entdeckt. Wie lange diese Szene schon dauert, weiß ich nicht, war heute das 1. Mal seit einer Woche dort. Nach dem Zustand schätze ich aber mindestens schon seit gestern, eher länger. Und was wie nacheinander ablief, weiß ich auch nicht, kann es nur rekonstruieren.
Zu sehen ist ein Exemplar der Gattung Libellula. Ob es sich um ein Plattbauch-Weibchen (L. depressa) oder einen Vierfleck (L. quadrimaculata) handelt, kann man nicht erkennen. Ich persönlich vermute (eher unwissenschaftlich), dass es eine Plattbäuchin ist, da ich dieses Jahr noch keinen Vierfleck sah.
Nun meine Rekonstruktion:
Das Tier ist offenbar mitten im Schlupf angefallen worden. Da eine Streckerspinne ihren Ansitzhalm direkt neben dem Schlupfhalm hat und die Libelle auch voller Spinnfäden ist, halte ich die Spinne als Ersttäterin für wahrscheinlich.
Mittlerweile haben sich weitere Interessenten gemeldet in Form von Ameisen die fleißig tun, was sie am besten können: Totes Tier verwerten.
Ab und an kam die Spinne mal und es gab auch einmal kurz Gerangel zwischen Spinne und Ameise, im Großen und Ganzen verlief der „gemeinsame Mittagstisch“ aber friedlich.
Die Libelle ist schon ziemlich ausgehölt.
Die Bilder waren nicht leicht zu machen, das Tier hängt natürlich mitten im Schilf und ich kann nur von einer Seite fotografieren (andere Seite = Wasser).
Jedenfalls wurde „ganze Arbeit“ geleistet: Das Abdomen ist schon fast weg, v.a. die Verbindung in die Exuvie ist wackelig. Auch der Kopf wurde nicht verschmäht. Man sieht hinter den Augen schon ein Loch durch die Libelle. Eine Ameise turnte auch auf den Facetten umher, hat aber wohl doch nichts damit anfangen können.

Bild 1: Gesamtansicht, damit ihr in etwa ein Bild von der Situation habt. War nicht ganz leicht, das „Chaos“ zu fotografieren und die Schärfe zu verteilen / ausrichten. Alles scharf ging nicht, dafür war das Objekt zu groß / „in alle Richtungen verteilt“, außerdem überall Schilf und Wind...
Bild 2: Die Spinne holt sich ihren Teil
Bild 3: Die Ameisen bei ihrer Arbeit im Abdomen.
Bild 4: Das schon angesprochene Loch im Kopf.


Leider nicht fotografiert habe ich ein Plattbauch-Weibchen mit einem deformierten Hinterflügel (nach unten geklappt) und einem fast um 90° zur Seite geknickten Abdomen. Am nächsten Tag war es nicht mehr da, vermutlich als leichte Beute gefressen.
Dort vermute ich als Ursache starken Wind beim Schlüpfen??


Ich will nicht sagen, dass ich mich über Beiträge mit Bild und Beschreibung freue, denn Freude kommt bei deformierten / beim Schlupf gefressenen Libellen sicher nicht auf. Aber dennoch denke ich, ist es ein zeigenswerter und wichtiger Aspekt der Natur. Viele User haben gigantische Libellenbildsammlungen und fotografieren regelmäßig schlüpfende Libellen, vielleicht achtet Ihr dann auch mal mehr auch auf solche Ereignisse und haltet sie in einem Bild fest, ohne lieber „nach einer schönen/schöneren“ zu suchen (was ich gut verstehen kann). Ich denke, dass eine mögliche Sammlung solcher Bilder wichtig und interessant ist.

liebe Grüße,
Magdalena


@Jürgen / Andreas: vielleicht könnt Ihr ja etwas von den Bildern in die DG bzw. AG einbauen? :)
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Artenname: Pyrrhosoma nymphula
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Beitragvon Magdalena Schaaf » 17. Mai 2009, 17:52

das "Loch" fehlte noch.
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Beitragvon Gabi Buschmann » 17. Mai 2009, 18:12

Hallo, Magdalena,

interessante Doku, da werden bestimmt noch
etliche Bilder von anderen Usern folgen.
Danke.

Gabi
Liebe Grüße Gabi
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Beitragvon Frederik f56 » 17. Mai 2009, 18:45

Hallo,

letztens schon mal gezeigt, hier nochmal der Plattbauch, der wohl beim Schlüpfen (nehm den Begriff jetzt so...wissen ja alle, dass es eigentlich was anderes ist) nicht genug Platz hatte oder vom frischen Wind verweht wurde.

Es ist halt wirklich ein sehr kritischer Zeitpunkt, in welchem aus dem Wassertier ein Luft-Boden-Bewohner wird.

Gruß
Fred
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läuft?..................LÄUFT!!! Immer gutes Licht Euch allen!
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Beitragvon joerg,w » 17. Mai 2009, 18:46

Hallo Magdalena
Sehr viel Mühe hast du dir mit deiner Doku gemacht. Die Natur hat aber für jedes Malheur die passende Lösung parat.
So wird jedes Tier was nicht Überlebensfähig ist leichte Beute für andere die überleben müssen. Da Libellen mit Schönheit in Verbindung gebracht werden tut es uns besonders leid. So hatte ich speziell mit dem Vierfleck bei dem sich die Larve wahrscheinlich gelöst hatte auch etwas mehr Mitleid. Die Adonis war auch nur bedingt flugfähig.
Danke Gruß Jörg
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Beitragvon Danijel » 17. Mai 2009, 18:47

Hallol Magdalena,

tolle Doku. Habe das auch öfters gesehen. Mal sind die Flügel schlecht entfaltet, oder ein Räuber wartet schon. Aber dass die Exhuvie hängenbleibt habe ich noch nicht gesehen...
Grüsse Danijel

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Beitragvon StefH » 17. Mai 2009, 18:55

Sehr interessante Dokufotos! Was alles schief gehen kann :shock:
Viele Grüße von Stefanie
Olympus OMD und Panasonic G6 mit m.zuiko 60/2.8 und Olympus Stylus1 mit Raynox DCR-150/250 und MSN-202

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Beitragvon Thorsten » 17. Mai 2009, 19:14

Hallo Magdalena,

super Doku, mit sehr ... ich sage jetzt mal besser: sehenswerten (!) Fotos! ... "Schön" ist natürlich was anderes...
Libellen mit deformierten Flügeln (sogenannte "Schlüpfkrüppel") sind gar nicht mal selten, gelegentlich können sie auch mit der Behinderung durchaus noch fliegen. Auch tote Tiere, die den Schlupf nicht geschafft haben sieht man immer wieder mal in unterschiedlichen Stadien gestorben...

Ich hab hier nochmal ein altes Bild rausgesucht (leider in wirklich und tatsächlicher DOKU-Qualität... :-), ich hoffe es geht mit den sehr starken Überstahlungen noch...).

Ameisen sind wohl nicht selten Feinde schlüpfender Libellen, so diese am Ufer und für Ameisen zugänglich schlüpfen und die Ameisen diese auch im "ungünstigen" Moment finden...

Diese Moosjungfer (Leucorrhinia spec.) versuchte am 1. Mai 2005 zu schlüpfen. Die Ameisen waren schon da, vielleicht haben sie auch den "Schlupfvorgänger", an dessen Exuvie sich diese Libelle drangehängt hatte, schon "fertig gemacht"... zumindest wird hier an der wehrlosen Libelle am Flügel gezogen und ein Bein wird gerade abgebissen. Sie hatte keine Chance... aber die Ameisen darf man deswegen nicht als "böse" hinstellen - sie folgen auch nur ihrem Programm und müssen überleben. Eine wehrlose Libelle ist eine fette Beute, die den Staat, in kleine Portionen zerlegt, sicherlich gut ernährt... :-)

Nochmal: Sorry für die Quali..., hoffe es passt aber dennoch ganz gut in diesen interessanten Thread! :-)

Grüße, Thorsten
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Artenname: Moosjungfer (Leucorrhinia spec.)
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Beitragvon Andreas Th. Hein » 18. Mai 2009, 10:23

Hallo Magdalena !

Wirklich eine gute Idee von dir ,diesen thread ins Leben zu rufen. Saubere Bilder !! Ich fotografiere diese Unfälle schon kaum noch,da ich sie auf meinen Touren kaum zählen kann. Wie Thorsten erwähnte,ist es keine Seltenheit. Häufigster verursacher ist wohl der Wind. Wer schon einmal Exuvien gesichtet hat,wird wissen wie locker sie am Halm hängen und wer sie schon einmal abgesammelt hat,bemerkt auch sofort,wie die Beine sich verhaken. Das eine Exuvie sich in den Flügeln verhakt ist mitunter meine häufigste Unfall Beobachtung. LG Andreas
Viele Grüße Andreas
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Beitragvon nurWolfgang » 18. Mai 2009, 23:31

Hallo Magdalena

eine interessante Doku, wenn auch nix für zart besaitete, wenn man bedenkt das das Innenleben der Larve mehr oder weniger erst zu Brei wird bevor eine Libelle daraus wird ist es eher verwunderlich das das überhaupt funktioniert.

Gruß

Wolfgang
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